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Alexis Tsipras
Hoffnungsträger der Griechen, Rebell in der EU

Alexis Tsipras ist seit etwa einem halben Jahr griechischer Ministerpräsident. Das Referendum über die Sparauflagen der Geldgeber am Sonntag könnte auch das Aus für den politischen Newcomer an der Regierungsspitze bedeuten. Vom Troika-Rauswurf bis hierhin - was bisher zwischen Athen und Brüssel geschah.

03.07.2015
    - 25. Januar 2015: Die Linkspartei Syriza unter Alexis Tsipras gewinnt die Parlamentswahl. Seine Popularität verdankt er der Ablehnung des vereinbarten Sparkurses. Am darauffolgenden Tag beginnt die Debatte über Zugeständnisse an Athen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte im Deutschlandfunk, Tsipras sei ein Pragmatiker und wisse, dass er Kompromisse machen müsse.
    - 27. Januar 2015: Tsipras ist gerade ein Tag im Amt, schon setzt er ein Zeichen in Brüssel. Der 40-jährige Newcomer beschwert sich über den Sanktionskurs gegenüber Russland. Es ist der Beginn einer Annäherung zwischen Athen und Moskau. "Tsipras möchte Stärke zeigen", meinen Beobachter. Die CSU schwingt sich zum neuen Syriza-Gegner auf. "Tsipras spielt mit dem Feuer", sagt der CSU-Europapolitiker Manfred Weber im DLF.
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Gianis Varoufakis
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras (r.) und Finanzminister Gianis Varoufakis gehen mit der EU auf Konfrontationskurs. (imago stock&people)
    - 30. Januar 2015: Nächste Eskalationsstufe: Athen beendet die Zusammenarbeit mit der Troika - den Kontrolleuren der internationalen Geldgeber EU, IWF und EZB. Vom Rauswurf der Troika ist die Rede. Die Begründung für den ungewöhnlichen Schritt: Man lehne die Sparauflagen ab. Heute kooperiert Athen wieder mit den Geldgebern. Sie nennen sich jetzt die drei Institutionen.
    - Februar 2015: Die Euro-Finanzminister verlängern das - bereits einmal verlängerte - Hilfsprogramm von Ende Februar bis Ende Juni 2015.
    - März 2015: Athen legt eine Liste mit Reformen vor, die pro Jahr drei Milliarden Euro einbringen sollen. Es geht vor allem um den Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die internationalen Geldgeber halten die Liste für unzureichend und verlangen Nachbesserungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schließt einen ungeplanten Austritt Griechenlands aus der Eurozone nicht mehr aus.
    - März 2015: Die griechische Regierung bringt das Thema Reparationszahlungen aus Deutschland wieder auf die Tagesordnung. Athen stellt Forderungen in Höhe von 278 Milliarden Euro. Justizminister Nikos Paraskevopoulos droht damit, notfalls deutsches Eigentum in Griechenland zu beschlagnahmen. Bei den Linken findet die Forderung Zustimmung. Man müsse der historischen Verantwortung gerecht werden, sagte die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen im DLF. Die Debatte endet - wie so oft - mit der Gründung einer Arbeitsgruppe.
    - Mitte März 2015: Politisch eine Randnotiz, in seiner Wirkung ein Großereignis vor allem in Deutschland: Dem Moderator Jan Böhmermann gelingt mit einem vermeintlich manipulierten Video ein Coup. Der Film zeigt den griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis, wie er einen Stinkefinger zeigt - symbolisch in Richtung Deutschland. Der ARD-Talker Günther Jauch strahlte das Video aus, woraufhin Varoufakis von einer Fälschung sprach. Genau eine solche Manipulation wollte Böhmermann beweisen - und führte am Ende alle an der Nase herum. In den sozialen Medien macht die Aktion unter #varoufake Karriere.
    Moderator Jan Böhmermann beim Corsogespräch im Deutschlandfunk
    Moderator Jan Böhmermann sorgte mit seinem Fake-Video für Schlagzeilen. (Adalbert Siniawski)
    - Mai 2015: Das Tauziehen um Reformen geht weiter. Die Finanznot in Athen wird immer größer. Die Regierung sucht nach Geld, um Kreditschulden beim Internationalen Währungsfonds bezahlen zu können.
    - Juni 2015: Der IWF erlaubt Griechenland, insgesamt vier im Juni fällige Kredite erst Ende des Monats zurückzuzahlen. Athen legt neue Reformvorschläge vor, Krisentreffen auf Spitzenebene bleiben aber ergebnislos. Tsipras schlägt überraschend vor, das griechische Volk über die Sparvorschläge der Geldgeber abstimmen zu lassen und wirbt für ein negatives Votum. Die Eurogruppe erklärt die Verhandlungen für gescheitert, das Hilfsprogramm wird nicht verlängert.
    (fwa/bor)