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Algen und ihre Bedeutung für das Öko-System

Wer an Algen denkt, hat meist Bilder von verschmutzten Seen vor Augen. Doch Algen leben auch in gesunden Flüssen und Teichen. Dort haben sie wichtige Funktionen: zum einen produzieren sie Sauerstoff und zum anderen binden sie Stickstoff, Phosphor, das Treibhausgas Co2 und sogar Schwermetalle. Jeder 2. Atemzug enthält Sauerstoff aus Algen. Ohne Algen wäre ein Leben auf der Erde kaum möglich. Algen sind ungeheuer vielfältig: Als Bindemittel Carragen werden sie gegessen in Pudding und Sahne. Auch Wursthäute sind aus Algen. Es gibt fast eine halbe Millionen Algenarten weltweit, nur ein Bruchteil davon ist entdeckt und erforscht. Welches Potential in den Algen steckt als Ressource und nachwachsender Rohstoff – darum geht es diese Woche auf der Internationalen Algenforscher Tagung in Göttingen.

Von Elke Drewes | 04.09.2002
    Die Wissenschaftler beschäftigen während der internationalen Tagung in Göttingen vor allem die kleinen Algen, die Mikroalgen aus Meer und Süßwasser. Zwei Mikro-Algenarten werden hierzulande als Nahrungsergänzungsmittel verwendet: Spirulina in Tabletten enthält Proteine, Vitamine und essentielle Fettsäuren. Chlorella ist ebenso gehaltvoll und wird von einer Brotfabrik im brandenburgischen Klötze zu grünen Brötchen verbacken. Doch für den Algenexperten Michael Melkonian von der Uni Köln sind das nur kleine Anwendungsgebiete.

    Das ist natürlich eine Spielerei. In unseren Breiten bringt es den Menschen nichts, uns fehlt es weder an Vitaminen noch an Proteinen. Viel wichtiger scheint mir zu sein: ihr biotechnisches Potential als pharmazeutische Produkte überhaupt noch nicht richtig genutzt ist. Da liegt sicher ein größeres Anwendungspotential. Zum Beispiel antivirale Substanzen, Antikrebsmittel. Die Algen müssen sich ja auch gegenüber Pathogenen wie Viren, Bakterien und Pilzen schützen, dazu haben sie Verteidigungsmechanismen entwickelt und solche könnten auch als Produkte in Medikamenten auftauchen.

    Wie Algen in der Pharmaindustrie einsetzbar sind, daran forschen zur Zeit Firmen in Japan Israel und den USA. Die Grundlage für diese Forschung, also die Algenstämme, liefern Algensammlungen wie die in Göttingen. Blaualgen, Grün, Gelb- und Rotalgen - mehr als 2000 Algenstämme wachsen in Reagenzgläschen in Spezialkühlschränken am Albrecht von Haller Institut der Universität Göttingen. Maike Lorenz ist Curatorin einer der weltweit größten Algensammlungen.

    Wir haben hier Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt, die Blaualgen sind die ersten Organismen gewesen, die Photosynthese betrieben haben. Denen verdanken wir, dass wir überhaupt Sauerstoff in der Atmosphäre haben.

    Tatjana Snycenkua aus der Republik Moldavien arbeitet an einem ganz anderen Projekt: sie erforscht, wie mithilfe großer Braunalgen verschmutzte Gewässer gereinigt werden können.

    Wir haben große Probleme mit der Reinigung von verschmutztem Gewässer aus Industrie und Landwirtschaft. Das verschmutzte Wasser fließt dirket in die Flüsse, besonders in unserem größten Fluss, die M... Er enthält 2 Gramm Salz pro Liter, das ist gefährlich für Fische und Menschen. Wir wollen das Problem lösen. Uns fehlt aber noch die finanzielle Unterstützung unserer Regierung und wir hoffen, dass wir Geld bekommen, um das Trinkwasserproblem zu lösen.

    Schon jetzt sind Algen in Klärwerken kostenlose Mitarbeiter, die ganz von selbst über die Luft ins Klärbecken gelangen. Dort binden sie Phosphor, Stickstoff und Nitrate, also die Abfallprodukte aus Landwirtschaft und Autoabgasen binden. Doch in den 70er und 80 er Jahren haben Wissenschaftler in der Sowjetunion sogar Verfahren entwickelt, nach Reaktorunfällen radioaktive Schwermetalle aus Gewässern zu entfernen, erklärt Algenexperte Michael Melkonian.

    Algen können große Mengen an Schwermetallen aufnehmen durch ihre Oberflächen. Die Oberflächen enthalten negative Zellwandbestandteile und die positiv geladenen Schwermetallionen werden gebunden. Das nutzen Algen, um aus Gewässern wichtige Spurenelemente aufzunehmen Und das kann man nutzen, um Schadstoffe wie Cadmium und Zink aus Gewässern entfernen zu lassen.

    Ob im Gewässerschutz oder in der Nahrungsmittel-, Kosmetik und Pharmaindustrie - Ein großes Hindernis ist noch zu überwinden, um Algen im großen Stil zu kultivieren. Sie brauchen viel Licht und Platz. Denn im Unterschied zu Laubblättern sind sie nicht lichtdurchlässig, können also nicht in dicken Schichten übereinander wachsen. So ist auch ein Versuch im Rheinland gescheitert: Algen für ein Biomassekraftwerk anzubauen.

    Das hat uns fasziniert und geärgert. Wir haben Abgase aus einem Braunkohlekraftwerk im Rheinland in Algenkulturen geleitet und die haben CO 2 gefressen und sind schön gewachsen und dann hieß es: was machen wir mit de r Biomasse. Wenn wir ein Kraftwerk für Algen bauen, dann braucht man 50 Quadratkilometer Fläche um Algen im Sonnenlicht anzubauen. Es scheitert daran: dass man den Durchbruch in der Algentechnologie, nämlich: wie kann man das Licht zu den Algen bringen ohne dass es viel kostet, noch nicht gelöst hat.

    Doch zur Zeit arbeitet Professor Mekonian mit einem Forscherteam daran, Algen auf begrenztem Raum zu kultivieren.

    Wir arbeiten an einer Technologie: wie man die 500 Millionenjahre Evolution für die zum Laubblatt der höhere n Pflanze geführt hat auf die Algen anwenden, also ein Algenblatt schaffen.