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Alleinerziehende
Schäuble will Freibetrag nicht anheben

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht in der Familienpolitik auf Konfrontation mit der SPD. Ein Gesetzentwurf aus seinem Haus enthält nicht die von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) geforderte Anhebung des Freibetrags für Alleinerziehende. Die ist allerdings im Koalitionsvertrag vereinbart worden.

09.03.2015
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht auf dem Frankfurt European Banking Congress.
    Schäubles Entwurf stößt bei den Sozialdemokraten auf Kritik. (imago)
    Schwesig protestierte umgehend. Der Entwurf sei mit ihr nicht abgestimmt, sagte die Ministerin. "Es kann nicht sein, dass die Alleinerziehenden leer ausgehen, obwohl Herr Schäuble Steuermehreinnahmen hat." Auch die SPD-Fraktionsvize Carola Reimann sagte dem Deutschlandfunk: "Wir erwarten, dass der Koalitionsvertrag umgesetzt wird und im Koalitionsvertrag verabredet hatten wir zum Beispiel auch, den Alleinerziehenden-Freibetrag anzuheben."
    Nach den Plänen von Schäuble soll der Kinderfreibetrag bei der Einkommenssteuer um 240 Euro pro Jahr steigen, das Kindergeld um insgesamt sechs Euro. Für die ersten beiden Kinder liegt es dann bei 190 Euro, für das Dritte bei 196 und für jedes weitere Kind bei 221 Euro. Die Anhebung des Freibetrags für Alleinerziehende ist nicht in dem Papier enthalten. Dieser liegt seit 2004 bei 1.308 Euro. Nach Angaben des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) und der katholischen Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehende (AGIA) haben Alleinerziehende am Jahresende dadurch 350 Euro mehr im Familienbudget, seien aber gegenüber Ehepaaren mit Splittingeffekt benachteiligt - dieser mache bis zu 15.000 Euro im Jahr aus.
    "Geringschätzung von Müttern und Vätern ohne Partner"
    Der Referentenentwurf sieht außerdem vor, dass der Kindergeldzuschlag für Geringverdiener ab dem 1. Juli 2016 um 20 Euro steigt - auf 160 Euro. SPD-Politikerin Reimann sagte dazu: "Wir wollen, dass die Schere zwischen armen und reichen Familien nicht weiter auseinandergeht." Das passiere allerdings, wenn man einen Freibetrag, der bei 240 Euro im Jahr liege, mit sechs Euro Kindergeld mehr pro Monat kompensieren wolle. "Die CDU hat im Wahlkampf 30 Euro versprochen, da finde ich, muss man jetzt nicht knausrig sein."
    Ein Mann und zwei Kindern stehen Hand in Hand und bei bewölktem Himmel am 11.10.2009 in München auf einem mit Graffitis besprühten Mauerstück auf der Nordheide (Panzerwiese).
    Etwa 2,7 Millionen Menschen sind in Deutschland alleinerziehend. (picture-alliance / dpa / Tobias Hase)
    Auch aus Sicht der Grünen geht der Entwurf nicht weit genug. "Millionen von Alleinerziehenden gehen weitgehend leer aus, wenn Finanzminister Schäuble seinen Referentenentwurf so durchs Parlament bringt", sagte Lisa Paus, Sprecherin für Steuerpolitik. Ein höherer Freibetrag für Alleinerziehende sei zwingend nötig, wenn es keine Familien zweiter Klasse geben solle. Schäuble falle es offenbar schwer, die neue Vielfalt der Familienformen anzuerkennen. "Das ist eine Geringschätzung für die Leistung von Müttern und Vätern ohne Partner."
    (hba/swe)