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Alleingelassen vom früheren Wirtschaftspartner

Zypern hat einen neuen Präsidenten. Nun will die EU die Gespräche über ein Rettungspaket für den Inselstaat wieder aufnehmen. Weniger engagiert gibt sich hingegen Russland - obwohl viele reiche Russen ihre Millionen auf Zypern angelegt haben.

Von Ludger Kazmierczak | 26.02.2013
    21 Grad und blauer Himmel. Die Sonne scheint über den Hügeln an der Küste von Limassol. Von den Villen oberhalb der Hafenstadt hat man einen prächtigen Blick aufs Mittelmeer. Viele der luxuriösen Anwesen gehören ausländischen Millionären. Allein 20.000 Russen sollen auf Zypern gemeldet sein. Wer auf der Insel mindestens 300.000 Euro investiert, erhält problemlos eine Aufenthaltsgenehmigung. Ab zehn Millionen Euro gibt es die zypriotische Staatsbürgerschaft gleich dazu. Die Bande zwischen Russland und Zypern seien eng, sagt der Wirtschaftsexperte Jakow Mirkin. Schon im Kampf gegen die britischen Kolonialherren, habe die damalige Sowjetunion die Inselrepublik unterstützt.

    "Zypern unterhält sehr enge wirtschaftliche und finanzielle Verbindungen zu Russland. Das ist historisch gewachsen. In erster Linie ist die Insel eine Zentrale, die ausländische Investitionen nach Russland weiterleitet. Insofern haben meine zypriotischen Kollegen allen Grund anzunehmen, dass Russland an der finanziellen Stabilität Zyperns sehr interessiert ist."

    Russische Großkonzerne wie Gazprom, Lukoil oder Severstal haben auf der Insel ihre Niederlassungen – aber auch viele unbekannte GmbHs und Briefkastenfirmen. Zypern gilt seit Jahren als "Waschmaschine für schmutziges Geld aus Russland" – was Politiker beider Länder seit ebenso vielen Jahren bestreiten. Dabei sei das System bekannt, erklärt der Ökonom Eduard Sawuljak

    "Das Geld, das als russisch bezeichnet wird, liegt auf den Transitkonten irgendwelcher zyprischer Firmen, hinter denen sich Russen verstecken. Es ist kein Geheimnis, dass die Mehrheit der russischen Banken die Steuervorteile und die besonderen Strukturen des Finanzmarktes dort nutzen. Würde ihr Geld länger auf Zypern lagern, könnten unsere großen Banken tatsächlich in Schwierigkeiten geraten. Aber seit mindestens einem Jahr bereitet man sich auf alles vor."

    Soll heißen: das Geld fließt längst zurück nach Russland. Dementsprechend unaufgeregt verfolgen russische Politiker, Geschäftsleute und Banker die Diskussion in der EU um Milliardenkredite, Schuldenschnitte oder andere Hilfsprogramme für Zypern. Russlands Premier Medwedew sieht sein Land nicht in der Pflicht. Schließlich habe Moskau Zypern bereits 2011 mit einem günstigen Kredit unter die Arme gegriffen.

    "Wir haben damals 2,5 Milliarden Euro bereitgestellt, obwohl die Lage auch bei uns nicht einfach war. Wir lehnen keinen Antrag ab, aber wir müssen eine klare Vorstellung davon haben, wie es der Wirtschaft eines Landes geht, wie die Pläne zur Krisenbewältigung aussehen und wie sich unsere europäischen Partner daran beteiligen?"

    Medwedew hält sich zurück. Erst mal sollen die anderen machen: die Europäische Union, die Zentralbank und der Internationale Währungsfonds. Zypern benötigt etwa 17 Milliarden Euro, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Etwa neun Milliarden davon würden an die Banken gehen – also jene Finanzhasardeure, die das Chaos mit verursacht haben. Die Geberlaune bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält sich daher im Rahmen.

    "Sie müssen schon noch ein bisschen mehr tun, um die internationale Community davon zu überzeugen, dass sie die Regeln zur Bekämpfung von Geldwäsche nicht nur gesetzlich umgesetzt haben, sondern auch implementiert haben."

    Nach der Wahl von Nikos Anastasiadis zeigt sich Schäuble jedoch zuversichtlich, dass Zypern das Reformtempo beschleunigen wird. Gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Moscovici regte er an, die Gespräche über ein Rettungspaket rasch wieder aufzunehmen. Der neue Präsident genießt Vertrauen im Westen – ein Vertrauen, das er sich in Russland noch erarbeiten muss. Dabei wird er es vermutlich nicht so leicht haben wie sein Vorgänger. Dimitris Christofias hat in Moskau studiert und spricht fließend Russisch.