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Allergien
Hyposensibilisierung mit Wespengift

Eine Allergie kann zu einer echten Einschränkung der Lebensqualität führen. Im Extremfall kann die Allergie sogar lebensbedrohlich werden. Helfen kann eine Hyposensibilisierung: bei einer Allergie gegen Wespenstiche eine mit Wespengift.

Von Martin Winkelheide | 04.08.2015
    "Mein Name ist Ernst Müller, ich bin seit einem Jahr in Pension, geh sehr viel spazieren und bin von daher den Wespenattacken ständig ausgesetzt."
    "Mein Name ist Dr. Hanan Adib-Tezer. Ich bin Hautärztin und Allergologin und bin als Oberärztin tätig in den Dr. Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden. Der Patient, Herr Müller, ist bei uns seit Montag stationär und bekommt eine Hyposensibilisierungsbehandlung mit Wespengift."
    "Die Hand so auf den Tisch gelegt, und da lag die Wespe, die stach zu, und ich hab gemerkt, wie der Puls hochgeht. Also ich bin Sportler gewesen, ich weiß, was ein 180er-Puls heißt, und er war drüber. Ich hab gemerkt, wie der Blutdruck hochgeht, ja, und dann bin ich bewusstlos geworden. Zum Glück war eine Zahnärztin am Stammtisch gewesen, die hat mir irgendwie geholfen, ich weiß nicht wie, zumindest bin ich hier in den HSK gelandet, und es ist alles gut gegangen. Es war schon heftig."
    Sie hatten ein Notfall-Set mit. Aber es war schon abgelaufen. Und da haben Sie gesagt: Lieber hyposensibilisieren lassen, damit so etwas nicht noch einmal passiert.
    "Wenn Sie wissen, dass Sie allergisch sind, dann leidet meines Erachtens, wenn Sie sich nicht hyposensibilisieren lassen, die Lebensqualität. Ich hab an mir selbst gemerkt, dass ich mich, wenn eine Wespe in meine Nähe war, aus dem Gespräch ausgeklinkt habe, meine Konzentration hat sich verlagert auf die Wespe. Man ist ständig angespannt, verspannt. Die Lebensqualität leidet enorm darunter, und die Chance dazu will ich nutzen, dass ich wieder ungestört am Grillen teilnehmen kann, ungestört in die Straußenwirtschaft gehen kann. Ohne Ängste in meinen Weinbergen, in meinen Wäldern rumbaldowern kann."
    Sie haben schon mit der Behandlung angefangen, wie viele Spritzen haben Sie schon bekommen? "Drei, sechs, neun, elf. Das ist jetzt die zwölfte heute." Was war denn in der Spritze drin? "Das ist Wespengift."
    "Die ersten drei Tage habe ich gar nichts gemerkt. Eine kleine Rötung, kein Juckreiz."
    "Herr Müller hat heute die Erhaltungsdosis erreicht, und das ist auch die Dosis, mit der wir dann weiter behandeln. Er ist jetzt geschützt, das heißt aber natürlich nicht, dass er ohne Notfall-Set jetzt durchs Leben gehen soll. Die Notfallmedikamente muss er weiterhin kontinuierlich mit sich führen und auch aktuell halten."
    Zum Notfall-Set gehört auch ein Stift mit Adrenalin. Ein Adrenalin-Pen. Ist ungefähr so groß wie ein dicker Kugelschreiber, ein bisschen größer. "Er hat eine Kappe, und unten auf der Gegenseite der Kappe ist dann die Nadel, die man aber nicht sehen kann."
    "Wichtig ist halt, dass man diese Kappe wirklich nur dann abmacht, wenn man auch spritzen will. Einfach abmachen, dann hier ansetzen, dann auslösen, zehn Sekunden halten, dann noch schön verteilen. Das war es dann im Prinzip. Also ist wirklich harmlos."
    "Die nächste Spritze in drei Wochen, danach in vier Wochen, und dann haben wir den Rhythmus erreicht. Und wenn es gut verträglich ist - ich also sicher bin, dass es gut funktioniert - dann übergebe ich ihn in die Hände des niedergelassenen Allergologen, der das weiterführt. Ich möchte aber Herrn Müller gerne spätestens in einem Jahr wiedersehen, weil wir dann gerne einen Provokationsstich machen würden. Mit einer lebenden Wespe, Herr Müller."
    "Das gehört mit zum Spiel. Aber dann hat man auch Sicherheit. Wenn an einen Wespenstich sicher im geschützten Labor heil überstanden hat, dann weiß man auch definitiv: Jawohl, man ist geschützt. Und auf diesen Versuch sollte man nicht verzichten. "