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Allianz weist Vorwürfe zu massiven Nahrungsmittelspekulationen zurück

Während Allianz-Vorstandschef Michael Diekmann auf der Hauptversammlung eine deutliche Gewinnsteigerung verkündete, wurde vor den Toren des Konzerns demonstriert: Die Hilfsorganisation Oxfam hat in einer neuen Studie die Allianz als Nummer Eins in Deutschland in Sachen Nahrungsmittelspekulation ausgemacht.

Von Michael Watzke | 09.05.2012
    Wenn der Finanzchef der Allianz-Gruppe, Oliver Bäte, über den US-Anlagenverwalter PIMCO spricht, bekommt er glänzende Augen:

    "Wieder eine Ertragsperle! Anhaltend organisches Wachstum von 9,2 Prozent bei den verwalteten Anlagen, die mittlerweile bei 1,7 Billionen Euro liegen."

    Unter diesen 1,7 Billionen Euro scheint auch manch zweifelhafte Anlage zu sein. Die Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam behauptet, die Allianz spekuliere an Warenterminbörsen so exzessiv mit Nahrungsmitteln wie kein anderes deutsches Unternehmen. Nicht mal die Deutsche Bank treibe die Nahrungsmittelpreise derart in die Höhe wie die Allianz und besonders PIMCO, die zur Allianz gehörende Kapital-Anlage-Gesellschaft. Oxfam-Sprecherin Svenja Koch wirft dem Münchner Versicherungskonzern vor:

    " ... dass die Allianz in Investmentfonds investiert, die mit Agrar-Rohstoffen spekulieren. Agrar-Rohstoffe, das kann sein Weizen, Mais oder Sojabohnen. Und dieses Investitionsgehabe führt dazu, dass sich die Weltmarktpreise verändern. Und das kann den weltweiten Hunger verschärfen, weil Menschen in armen Ländern 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen."

    Die Allianz weist die Vorwürfe am Rande ihrer Hauptversammlung in München zurück. Stefan Lutz, Sprecher der Sparte Allianz Global Investors AGI, sieht keinen Einfluss zwischen Termingeschäften und Hungerkatastrophen. Der wahre Grund für die exorbitant gestiegenen Lebensmittelpreise sei:

    " ... das rasante Bevölkerungswachstum, Klimawandel, die Nutzung von Nahrungsmitteln für Biosprit und politische Krisen, zum Beispiel in Afrika. Nicht die Investitionen in den Nahrungsmittelsektor."

    Denn die Allianz wette nicht auf den Preis physischer Nahrungsmittel wie etwa Weizen, sondern investiere lediglich in Produktionsmittel wie Dünger oder Landmaschinen.

    Oxfam-Sprecherin Svenja Koch bestreitet das. Für die Studie "Mit Essen spielt man nicht" hat Oxfam das Anlagenportfolio der Allianz untersucht. Ergebnis: In fünf Fonds setzte die Allianz im vergangenen Jahr angeblich auf steigende Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Gesamtvolumen: 6,2 Milliarden Euro. Oxfam-Sprecherin Svenja Koch:

    "Wir denken, dass das exzessiv geworden ist, dieses Geschäft. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen von der Chicagoer Weizenbörse: Dort wird mit Weizenfutures gehandelt. Das sind Termingeschäfte auf die Weizenernte. Und das Investitions-Volumen dieser Weizen-Futures ist das Sechsfache der weltweiten Weizenernte."

    Also eine riesige Spekulationsblase, die die Lebensmittel-Preise nach oben treibt und die Bewohner armer Staaten in den Ruin? Die Deutsche Bank will vorerst keine weiteren Nahrungsmittel-basierten Fonds auflegen, sondern erst mal prüfen. Die Deka-Bank hat das schon gemacht und ist ausgestiegen. Anders die Allianz. Sprecher Stefan Lutz:

    "Wir arbeiten nach hohen ethischen Grundsätzen. Und die Investitionen in den Nahrungsmittelbereich sind weniger als 1 Prozent des Gesamtvolumens."

    Das klingt nach wenig. Aber allein PIMCO, wir erinnern uns, verwaltet Anlagen ...

    " ... die mittlerweile bei 1,7 Billionen Euro liegen."

    1 Prozent von 1,7 Billionen sind immerhin 17 Milliarden Euro. Eine gewaltige Summe. Wenn das die 19 Millionen Kunden der Allianz erfahren, könnte dem Münchner Versicherungskonzern ein Imageproblem drohen.