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Also doch Post-Privacy
Wissenschaftler plädieren für einen neuen Datenschutz

In jeder Hinsicht die volle Kontrolle über seine digitalen Daten zu behalten, ist wohl für die meisten Verbraucher heute ein Ding der Unmöglichkeit. Die klassische informationelle Selbstbestimmung betrachten manche IT-Wissenschaftler und auch Wirtschaftsvertreter immer öfter als Auslaufmodell - und fordern einen neuen Umgang mit Daten.

Von Jan Rähm | 09.07.2016
    Eine junge Frau fasst sich verzweifelt an den Kopf, während sie vor ihrem Laptop sitzt
    Was beim Nutzer bleibt, ist oftmals ein hilfloses Gefühl, seine Daten schützen zu wollen, es angesichts der Spielregeln bei den meisten Internetdiensten aber nicht richtig zu können. (imago / McPHOTO)
    Datenschutz erscheint heute wie ein lästiges Hindernis, wie ein Relikt aus anderen Zeiten. Per Klick stimmt man den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu, sie abzulehnen ist nicht möglich, denn die App oder das Gerät lässt sich ohne nicht nutzen. Das ist problematisch. Denn eigentlich soll jeder selbst bestimmen können, wer was sammelt und auswertet. So will es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, erklärt Rainer Kuhlen. Er war Professor für Informationswissenschaft an der Universität Konstanz. Doch das Recht läuft oftmals ins Leere.
    "Das hat viele Gründe. Einmal, dass man gar nicht weiß, was überhaupt erhoben wird oder dass man auch das Recht den Herstellern der Geräte gibt, indem man einfach einen Vertrag unterzeichnet und dann können sie machen, was sie wollen. Ist aber auch viel Gleichgültigkeit dabei, dass man sagt also die Vorteile der Nutzung überwiegen die Risiken und ich habe nichts zu verbergen, wen interessiert das. Das ist natürlich eine große Illusion, denn es interessiert natürlich sehr viele."
    Und so haben Verbraucher eigentlich kaum mehr eine Chance, etwas gegen Sammlung und Auswertung der Daten zu unternehmen. Deshalb plädiert Rainer Kuhlen für einen neuen Umgang mit Daten. Informationelle Selbstbestimmung sieht er als Auslaufmodell.
    "Dieser defensive Begriff, dass jeder Einzelne sozusagen die Kontrolle über seine Daten hat, diesen Begriff muss man, so schwer sich das vielleicht auch anhört, aufgeben. Es ist nicht mehr möglich im Sinne der informationellen Selbstbestimmung in jeder Hinsicht die Kontrolle über seine Daten zu behalten."
    Was beim Nutzer bleibt, ist oftmals ein hilfloses Gefühl, seine Daten schützen zu wollen, es angesichts der Spielregeln bei den meisten Internetdiensten aber nicht richtig zu können. Der Konzern Apple hat das Thema als Geschäftsmodell erkannt. So erklärte Craig Federighi, der Chef der Softwareentwicklung des US-amerikanischen Unternehmens im Juni auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz:
    "Wir glauben, User sollten großartige Features bekommen, aber auch einen großartigen Schutz ihrer Privatsphäre. Das wollen wir liefern."
    Dafür setzt das Unternehmen künftig auf ein spezielles Verfahren. Denn Nutzerdaten auswerten will auch Apple, nur eben ohne Rückschlüsse auf einzelne Nutzer ziehen zu können, verspricht der Computerkonzern.
    "Natürlich wollen auch wir Software intelligenter machen. Man versucht Muster zu erkennen, wie Nutzer ihre Geräte verwenden. Da kommt Differential Privacy ins Spiel. Es nutzt Methoden der Statistik und der Datenanalyse um Bigdata-basiertes Lernen zu ermöglichen und schützt dennoch die Privatsphäre des individuellen Nutzers."