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Alte und neue Oscar-Preisträger auf der Leinwand

Soeben ist Meryl Streep für ihre Rolle als Margaret Thatcher mit einem Oscar ausgezeichnet worden. Jetzt kommt die Filmbiografie in die deutschen Kinos - genauso wie die Actionkomödie "Das gibt Ärger" mit Oscar-Preisträgerin Reese Witherspoon und eine Doku über Drehbuchoscar-Inhaber John Irving.

Von Jörg Albrecht | 29.02.2012
    Eine alte Frau mit Kopftuch und beigefarbenem Mantel kauft Milch in einem kleinen Supermarkt am Londoner Chester Square. Wenig später sitzt sie gemeinsam mit ihrem Mann am Frühstückstisch. Die Frau ist Margaret Thatcher, britische Premierministerin von 1979 bis 1990, der Mann ihr Ehemann Denis.

    "Die Milch ist teurer geworden. 49 Pence. Der halbe Liter. Meine Güte! Wir müssen anfangen zu sparen. Notfalls verkaufen wir eben den Wagen."

    2008 spielt diese Szene. Zu diesem Zeitpunkt ist Denis bereits fünf Jahre tot. Für die über 80-jährige Margaret Thatcher aber, die an Demenz leidet, ist er weiterhin anwesend. Dennoch beschließt sie an diesem Tag, die Sachen ihres verstorbenen Mannes auszusortieren. Für Drehbuchautorin Abi Morgan und Regisseurin Phyllida Lloyd Ausgangspunkt für eine Reise in die Vergangenheit, die - brav chronologisch - abgearbeitet wird und die ihren Anfang nimmt, als Margaret Mitte 20 ist und zum ersten Mal an den Wahlen zum Unterhaus teilnehmen will.

    "Ich war schon immer lieber in Gesellschaft von Männern."

    Hören wir die alte Margaret Thatcher sagen. Dann wird ihre Aussage mit Szenen von früher belegt. Und in diesem Stil geht es - wenig munter - weiter:

    "Ich mag keine Koalitionen. Ich mochte sie noch nie."
    "Ich meine Putzen, Kochen und die Kinder - das ist ja ganz schön. Aber das Leben muss mehr bedeuten als das."
    "Ich habe mich entschieden. Ich werde kandidieren. Und zwar für den Parteivorsitz."
    "Premierminister? Oh nein! In Großbritannien wird keine Frau Premierminister."
    "Ich werde auf keinen Fall mit Kriminellen oder Schurken verhandeln. Die Falkland-Inseln gehören zu Großbritannien."

    Schlagworte. Nichts als Schlagworte. Das eine ist gerade verhallt, da ist auch schon das nächste im Anmarsch. Die Bekenntnisse und unerschütterlichen Ansichten der Eisernen Lady werden hier in Phrasen gegossen, statt sie mit Leben zu erfüllen. Das allerdings ist ausschließlich Drehbuch und Regie anzulasten, nicht aber der Hauptdarstellerin.

    Meryl Streep liefert einmal mehr famose Schauspielkunst und ist somit auch der Grund, weshalb die uninspirierte, oberflächliche und altbackene Filmbiografie kein totales Desaster geworden ist.

    "Die Eiserne Lady" von Phyllida Lloyd: Enttäuschend!

    "Was hast denn du da auf dem Computer? Pornos?"
    "Nein, ein Foto von meiner Süßen."
    "Alter, ich habe auch eins von meiner. Willst du meine auch sehen?"
    "Ja."
    "Bei Drei umdrehen: Eins, zwei, drei!"

    Überraschung! Die beiden, gerade von ihrer Chefin zum Innendienst verdonnerten CIA-Agenten und besten Kumpel Tuck und Franklin haben sich in dieselbe Frau verliebt. Davon ahnt Lauren, die ihrem Singledasein ein Ende bereiten will, natürlich nicht das Geringste. Auch nicht davon, dass die beiden eine Art Hahnenkampf um sie austragen. Dabei versuchen sie sich nicht nur gegenseitig auszutricksen und die Dates des Anderen zu sabotieren. Sie bedienen sich auch der einen oder anderen Methode, die sie aus ihrem Job beim Geheimdienst kennen.

    "Ich brauche Informationen über eine gewisse Lauren Scott. Ich will wissen, was sie zum Lachen bringt, was zum Weinen ... Alles ist wichtig."

    Drei sind bekanntlich einer zu viel und in der Geschichte des Kinos schon immer der perfekte Stoff gewesen: Entweder für herzzerreißende Dramen oder aber überdrehte Komödien. Letzteres will auch "Das gibt Ärger" sein. Doch hat der Regisseur trotz des Tempos, in dem er seine Darsteller durch den Film hetzt, eine wichtige Zutat vergessen: Charme.

    Das Trio, das gespielt wird von Reese Witherspoon, Tom Hardy und Chris Pine, hat nicht die geringste Ausstrahlung. So etwas passiert eben, wenn man Komödienklassiker wie "Die Nacht vor der Hochzeit" offensichtlich nicht kennt.

    "Das gibt Ärger" von Joseph McGinty Nichol - besser bekannt unter seinem Kürzel McG: Ärgerlich!

    "Langsam und Schritt für Schritt arbeitete er sich rückwärts durch die Handlung nach vorn. Bis zu der Stelle, wo das Buch seiner Ansicht nach beginnen sollte."

    Ein Ausschnitt aus John Irvings jüngstem Roman "Letzte Nacht" in "Twisted River". Nicht zufällig ist die Arbeitsweise des Protagonisten im Buch mit der von John Irving identisch. Autobiografisches gibt es in jedem seiner Romane zu entdecken. Wenngleich Irving diese Feststellung als unzulässige Vereinfachung von Journalisten bezeichnen würde. Möge der Autor also sich selbst, seine Ideen und seine Arbeitsweise erklären.

    Folgerichtig kann diese Dokumentation, die André Schäfer über den amerikanischen Schriftsteller gedreht hat, nur einen Titel tragen: "John Irving und wie er die Welt sieht".

    "Der Prozess des Schreibens ist mit dem Training beim Sport vergleichbar. Niemand schaut einem zu, niemand klatscht Beifall. Es geht nicht um Sieg oder Niederlage. Es ist nur Wiederholung, eine Art Drill. Und damit verbringt man die meiste Zeit seines Lebens."

    Eine Lektion, die John Irving schon gelernt hat, als er anfing zu ringen. John Irving - der Handwerker, der Geschichtenerzähler. André Schäfer gelingt ein intimer Blick in die Welt des Schriftstellers, der kein Intellektueller sein will. Beinahe erweckt sein Film den Eindruck von einem Selbstporträt Irvings. Immer wieder schiebt der Filmemacher kurze Auszüge aus den Romanen ein und besucht Schauplätze, die Irving inspiriert haben und an denen er seine Recherchen betrieben hat.

    "John Irving und wie er die Welt sieht" von André Schäfer: Empfehlenswert!