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Alternative Antriebe
Elektromobilität versus Wasserstoff

In Sachen alternative Antriebe für Autos hängt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher. Besonders die Brennstoffzellentechnologie auf Wasserstoffbasis führt bei den Herstellern ein stiefmütterliches Dasein. Dass die Konzerne der Elektromobiltät den Vorzug geben, hat zwei Gründe.

Von Mischa Ehrhardt | 20.03.2019
Eine Zapfsäule mit der Aufschrift "H2.Live" an der ersten Wasserstofftankstelle in Niedersachsen
Um die Brennstoffzellentechnologie ist es auffallend still geworden (dpa / Hauke-Christian Dittrich)
Elektrifizierung, E-Mobilität – das sind aktuell die Schlagworte. Und das hat seinen Grund, denn die deutsche Autoindustrie hat einen Rückstand in Bezug auf alternative Antriebe aufzuholen.
"In der traditionellen Technik hatte sie ja einen Vorsprung und war ganz an der Spitze. Davon hat sie lange Jahre auch erfolgreich gezählt, zumindest dieser Vorsprung ist nicht festzustellen. Alleine der Punkt, dass man der Vorsprung den man hatte beim Verbrennungsmotor, dass der weg ist, das ist schon eine Belastung für die 20er-Jahre", sagt Autoanalyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler.
Fokus auf batteriebetriebene Elektromobilität verwundert
Bei der Aufholjagd in Sachen alternativen Antrieben ist es dabei auffallend still geworden um die Brennstoffzellentechnologie. Die basiert nicht auf Batterien wie bei der nun propagierten Elektromobilität, sondern Wasserstoff. Seit über 20 Jahren forschen und entwickeln auch deutsche Hersteller daran. Ein Vorteil: Das Tanken von Wasserstoff geht bis jetzt wesentlich schneller als das Laden einer Batterie. Da verwundert der fast ausschließliche Fokus auf batteriebetriebene Elektromobilität.
"Das ist eine alternative Antriebsform, die jetzt verfügbar ist, und wo der Hochlauf schnell gelingen kann", sagt Stefan Bratzel. Er ist Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule für Wirtschaft in Bergisch-Gladbach.
"Allerdings gibt es Alternativen, wie etwa die Brennstoffzelle auf Wasserstoffbasis, eine solche alternative Antriebsform hätte den Vorteil, gerade bei schweren Fahrzeugen und der Langstrecke Alternativen anzubieten".
Denn da ist die Reichweite der Batterien begrenzt, vor allem durch die tonnenschwere Last, die Lkw transportieren. Doch Brennstoffzellen führen ein stiefmütterliches Dasein: Nach jüngsten Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes waren im vergangenen Jahr 329 wasserstoffbetriebene Pkw zugelassen, 16 Busse und zwei Lastwagen. Toyota in Japan forciert die Brennstoffzellentechnologie, der koreanische Autobauer Hyundai ist ebenfalls vorne mit dabei.
Elektromobilität am schnellsten umsetzbar
Daimler hat einen Hybrid mit Batterie und Brennstoffzelle in der Modellpalette, ansonsten sind Wasserstoffautos eher Zukunftsthema in Deutschland, wenn überhaupt. Dass die deutschen Autohersteller bis auf weiteres quasi alles auf die Karte der Elektromobilität setzen, hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen müssen die die geforderten CO2-Grenzwerte ihrer Flotten schnell in den Griff bekommen. Zum anderen ist dazu die batteriebasierte Elektromobilität die im Moment vielversprechendste und am schnellsten in großem Maßstab umsetzbare Technologie. Und: Auch der Wasserstoffantrieb setzt Energie voraus:
"Der Punkt und die Herausforderung bei dem Thema Brennstoffzelle Wasserstoff ist, dass der Wasserstoff durch Elektrolyse erst einmal erzeugt werden muss, das ist hoch energieintensiv und ist eigentlich nur sinnvoll mit regenerativen Energien. Von denen haben wir wenig. Und die Problematik ist schon die, dass die Verluste beim Thema Wasserstoff-Brennstoffzelle sehr viel höher sind als etwa bei der batterieelektrischen Mobilität", sagt Stefan Bratzel.
Allerdings steht ist der eingeengte Fokus auf CO2 und Effizienz zumindest einseitig. Denn auch die Batterien für Elektromobilität müssen erst produziert werden – und da ist es zumindest fraglich, ob der Batteriebetriebene Antrieb unter dem Strich unter Sozial- und Umweltaspekten wirklich die sauberste Lösung ist, meint Stefan Bratzel:
"Da ist leider die Forschung noch eher am Anfang, wenn man die gesamten Lebenszyklen der jeweiligen Antriebs-Alternativen anschaut, dann ergibt das noch Forschungsbedarf. Es sieht so aus, als hätte zumindest aus CO2-Sicht das Thema der Elektromobilität noch Vorteile, die sind aber gar nicht so groß, wie man denkt. Und natürlich muss man, wenn man den gesamten Lebenszyklus anschaut, auch andere Faktoren mit in den Blick nehmen. Soziale Faktoren etwa: Wie werden die Rohstoffe abgebaut, aber auch andere Umweltfaktoren – wie viel Wasser wird in Gegenden eingesetzt, um das Lithium zu heben, wo eben Wasser relativ knapp ist und ähnliche Themen. Also es ist etwas komplizierter, als es manchmal dargestellt wird".