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Alternative zu Mais
Silphie als neue Energiepflanze

Für die Produktion von Biogas wird in Deutschland bislang Mais angebaut. Doch je nach Standort kann der Anbau der Durchwachsenen Silphie sinnvoller sein, da sie deutlich weniger Dünger oder Pflanzenschutzmittel braucht und vielen Insekten Nahrung bietet.

Von Gerd Stuhlfauth | 17.08.2017
    Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum) ist eine Pflanzenart die zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) gehört. Sie wird als Energiepflanze angebaut.
    Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum) ist eine Pflanzenart die zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) gehört. Sie wird als Energiepflanze angebaut. (dpa / picture alliance / Klaus Nowottnick)
    Bei Windrädern sprechen Kritiker oft von "Verspargelung" der Landschaft. Wenn es um riesige, schier endlos erscheinende Maisfelder geht, dann ist von "Vermaisung" die Rede. Mais ist die Lieblingspflanze vieler Landwirte, die sich der Biogaserzeugung verschrieben haben. Auf etwa 1,4 Millionen Hektar wird hierzulande Mais als Energiepflanze angebaut. Drei von vier Energiepflanzen sind Maispflanzen.
    Mais hat einige Vorteile, unter anderem ist der Biogasertrag recht hoch. Er hat aber auch Nachteile: Mais braucht einiges an Dünger und Pflanzenschutzmittel, er führt zu Bodenerosion und lockt Wildschweine an. Andererseits finden Insekten in Maisfeldern kaum Pollen und Nektar.
    Zur alternativen Energiepflanze mausert sich inzwischen die sogenannte "Durchwachsene Silphie”, ein aus Nordamerika stammender Korbblütler. Sie erscheint wie eine kleine Sonnenblume. Besonders in Süddeutschland haben einige Landwirte die Silphie erfolgreich als Alternative zum Mais entdeckt. Aber auch in anderen Regionen ist Silphie schon im Einsatz oder Gegenstand von Feldversuchen. Insgesamt aber bisher auf nur wenig mehr als 2000 Hektar.
    In der Eifel steht die Silphie-Ernte jetzt kurz bevor. Das Frühjahr war ungewöhnlich trocken. Trotzdem: die Durchwachsene Silphie steht mehr als mannshoch und kräftig auf dem Acker von Landwirt Erwin Theobald. In den kleinen Bechern sammelt sich Tauwasser. Die Blattpaare sind am Stängel verwachsen und bilden einen kleinen Behälter. Daher kommt auch der Name Becherpflanze.
    Theobald hat 2014 erstmals die Durchwachsene Silphie auf einem Acker bei Alflen im Kreis Cochem-Zell ausgesät. Unterstützt vom Kreis im Rahmen eines Klimaschutzprojektes. Die erste Ernte war dann 2015.
    Standort der Pflanze verantwortlich für die Erträge
    Theobald betreibt zusammen mit drei Kollegen eine große Biogasanlage. Er hat inzwischen seine Erfahrungen mit der neuen Energiepflanze:
    "Die wird einsiliert und dann nachher an die Biogasanlage verfüttert. Was da an Gasertrag rauskommt, an Biogas, ist ungefähr auf die Tonne gerechnet 60 Prozent von dem, was der Mais hatte.”
    Wenn man nur auf den Gasertrag blickt, scheint die Silphie klar im Nachteil zu sein. Doch es kommt auf den Standort an. Forschungsarbeiten am Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius-Kühn-Instituts in Braunschweig haben ergeben, dass die Durchwachsene Silphie offenbar viel Wasser braucht, um optimal zu wachsen. In regenreichen Mittelgebirgsregionen kann es sich dann durchaus rechnen Silphie statt Mais anzubauen, sagt Dr.Siegfried Schittenhelm, der das Forschungsprojekt leitet:
    "In diesen Regionen bringt die Silphie auch sehr gute Erträge. Aufgrund der guten Wasserversorgung dort kommt sie an die Erträge vom Mais und durchaus auch an die Methanerträge heran. Die Methanausbeuten der Silphie sind etwas niedriger, aber wenn sie das mit einem etwas höheren Ertrag gegenüber Mais kompensieren kann, haben sie vergleichbare Methanerträge.”
    Pflanze braucht kaum Dünger
    In den Hanglagen der Mittelgebirgsregionen hat Silphie einen weiteren Vorteil gegenüber Mais, weiß Agrarbiologe Schittenhelm. Sie zeigt nämlich so gut wie keine Bodenerosion. Die Silphie ist eine Dauerkultur. Sie wird einmal angelegt, danach findet auf Jahre hinaus keine Bodenbearbeitung mehr statt.
    Sie lockt keine Wildschweine an, was Schäden vermeidet. Und braucht außerdem viel weniger Dünger und Pflanzenschutzmittel als Mais, bestätigt Landwirt Theobald. Nur im ersten Jahr nämlich können Unkräuter hochkommen, danach unterdrückt die Silphie alles durch ihren dichten Bewuchs.
    "Ab dem zweiten Jahr kommt sie vollkommen ohne Unkrautvernichtungsmittel, ohne jegliche Pestizide oder andere Arbeiten aus. Es ist eine Pflanze, die kann bis zu 20 Jahre auf dem Feld stehenbleiben. Wenn ich jetzt mal an Flächen denke, kleinere Parzellen oder Flächen, die weit vom Hof entfernt sind. Das sind Flächen, wo die Pflanze hingehört.”
    Mais kann in bestimmten Gebieten ersetzt werden
    Bienen, Hummeln und andere Insekten finden in der Agrarlandschaft immer weniger Nahrungspflanzen, beklagen zum Beispiel Naturschützer. Auch für die Insekten ist die Silphie eine Bereicherung, hat Agrarbiologe Schittenhelm beobachtet.
    "Die Silphie blüht bis in den Spätherbst hinein und wird auch reichlich besucht von allen möglichen Insekten. Also von Honigbienen, Solitärbienen, Hummeln, Schmetterlingen, Schwebfliegen”
    Eine Wunderpflanze sei die Durchwachsene Silphie nicht, sagt Schittenhelm. Sie werde den Mais nicht komplett verdrängen können. Das sei auch nicht das Ziel. Aber:
    "Ich sehe ihre Aufgabe darin, dass sie in bestimmten Gebieten, wo sie hinpasst - wir hatten über die Hanglagen der Mittelgebirge gesprochen - den Mais zu einem Teil ersetzt und eine gewisse regionale Bedeutung erlangt. Aber mit einem im Endeffekt begrenzten Anbauumfang. Doch dort eben eine Erhöhung der Biodiversität in der Landwirtschaft bewirken kann.”