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Alternativer Wohngipfel
Bezahlbarer Wohnraum für alle gefordert

Morgen will die Bundesregierung auf dem sogenannten Wohngipfel über die drängende Frage beraten, wie mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen kann. Mieterinitiativen, Gewerkschaften und Sozialverbände glauben aber: Das wird nichts - und veranstalteten daher ihren eigenen Gipfel.

Von Panajotis Gavrilis | 20.09.2018
    Ein mit Gerüsten umstellter Wohnkompex. Auf den Gerüsten stehen zum Teil Arbeiter.
    Werden die Interessen von Wohnungs- und Bauwirtschaft stärker berücksichtigt, als die von Mietern? Das befürchten die Organisatoren des alternativen Wohngipfels (dpa/Lothar Ferstl)
    "Also wir hatten in den letzten Jahren immer ganz viele Querelen mit unserem Vermieter, beziehungsweise unserer Wohnungsverwaltung. Wir hatten Mängel-Beseitigungs-Forderungen, die nicht erfüllt worden sind: Wir hatten Schimmelzimmer, die fast ein Jahr nicht beseitig worden sind. Und uns ist klar: Die Vermieter wollen uns raus haben", sagt Klara Domröse, eine der knapp 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des sogenannten "Alternativen Wohngipfels".
    "Es würde eine Gemeinschaft zerfallen"
    Sie ist hier, um sich mit Mieter-Initiativen zu vernetzen - vor allem aber, um auf ihre angespannte Lage aufmerksam zu machen. "Ich verdiene super wenig, ich bin selbstständig. Und auch meine Mitbewohnerinnen - also wir verdienen unterschiedlich viel, aber manche verdienen auch nicht viel und für die ist das wirklich eine echte Bedrohung, dass vielleicht dieser Mietraum wegfallen würde und dann ja auch eine Gemeinschaft zerfallen würde, die man jetzt gerade cool findet."
    Werden Wohnungs- und Bauwirtschaft sich durchsetzen?
    Die Veranstalter des Alternativen Wohngipfels - ein breites Bündnis bestehend unter anderem aus dem Deutschen Mieterbund, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, dem Sozialverband VdK oder auch dem Mieterbündnis "Mietenwahnsinn" - wollen ein Zeichen setzen, ein Tag vor dem Wohngipfel im Kanzleramt. Ein Zeichen für eine andere Wohnungspolitik, sagt einer der Organisatoren - Rainer Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. "Wir organisieren einen alternativen Wohngipfel, weil wir der Auffassung sind, dass der Wohngipfel der Bundesregierung, der am morgigen Freitag stattfindet, wahrscheinlich keine Lösungen für die Mieterinnen und Mieter und die Wohnungssuchenden in diesem Land bringen wird. Wir befürchten, dass sich vor allen Dingen die Wohnungswirtschaft und die Bauwirtschaft bei der Bundesregierung durchsetzen werden mit ihren Vorstellungen. Wir sehen aber nicht, dass sich dadurch die Lage der Mieterinnen und Mieter in diesem Lande verbessern wird."

    In Workshops und Diskussionen ging es unter anderem darum, wie man Mietrecht neu denken kann, wie Immobilienspekulationen beendet werden können, aber auch wie Wohnungen barrierefrei, altersgerecht werden können. Vor allem aber ging es um die Frage, wie bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann und hier hat der "Alternative Wohngipfel" konkrete Forderungen erarbeitet, sagt Wild. "Es gibt verschiedene Forderungen. Die richten sich zum einen natürlich auf das Mietrecht: Dabei steht im Vordergrund, dass wir eine wirkliche Verschärfung der Mietpreisbremse brauchen. Aber wir wollen auch für Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen eine Lösung haben. Denn auch dort ist die Kappungsgrenze viel zu hoch. Wir erwarten, dass hier eine Nachbesserung stattfindet und tatsächlich auch eine Reduktion der Mieterhöhung auf zwei Prozent pro Jahr maximal für Mieter geregelt wird."
    Forderungen richten sich an Regierung
    Zudem fordern die Gipfel-Organisatoren, die Modernisierungsumlage stärker als von der Regierung beschlossen zu beschränken, staatliche Fördermittel für mindestens 100.000 leistbare Wohnungen sollen bereit gestellt werden, gemeinwohlorientierte Eigentümer und Vermieterinnen sollen gestärkt werden und Zwangsräumungen verhindert werden. Forderungen, die sich laut der Organisatoren an die Bundesregierung richten. Der Alternative Gipfel sei aus ihrer Sicht dabei der erste Schritt gewesen, um stärker auf die Interessen der Mieterinnen und Mieter aufmerksam zu machen.