Donnerstag, 28. März 2024

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Altes Spiel in neuem Licht

Auf dem Jahrestreffen des CCC lassen die Hacker auch ein altes Handyspiel wieder aufleben: Snake. Allerdings in groß und in Form einer schrill-bunten Lichtinstallation. Welche Technik für das überdimensionale Game notwendig war und wo die Faszination am Licht liegt, erläutern Christian Platz und Severin Haas vom Chaos Computer Club Mannheim.

29.12.2012
    Manfred Kloiber: Ich stehe hier vor großen Herausforderungen: Und zwar muss ich einen Lichtpunkt, der über eine riesengroße Lichtinstallation wandert, fressen – mit einem anderen Lichtpunkt. Einen roten Punkt muss ich mit einem grünen Punkt fressen und steuere das Ganze hier mit einem Telefon. Das Spiel nennt sich Snake, ist einer der Klassiker der Games und das hat man hier eben auf eine Lichtinstallation übertragen, die circa drei mal fünf Meter groß ist, und zwar aus ganz vielen transparenten Transportkisten besteht, die innen beleuchtet sind. Über 100 Stück sind es. Und das Ganze stellt hier der Chaos Computer Club in Mannheim vor. Wir stehen vor ziemlich vielen Tischen, die hier zusammengestellt sind. Hier wird jetzt experimentiert, gebastelt, gearbeitet an dieser Installation. Christian Platz, dieses Spiel Snake, das ist ja eine Möglichkeit, diese Lichtinstallation zu steuern. Was steckt dahinter an Technik?

    Christian Platz: Hintendran stehen verschiedene Rechner, die das auswerten. Einer, der das Telefonat entgegennimmt und dann ein Rechner, der die Zahlen auswertet, die man eintippt. Weil man spielt das Spiel eben über die Tastatur des Telefons. Und ein weiterer Rechner, der dann der Wand sozusagen sagt, welche Farbe sie wo anzeigen soll und damit eben die Schlange anzeigt.

    Kloiber: Snake ist nur eine Möglichkeit, diese Lichtinstallation zu bespielen. Es gibt auch automatische Muster oder man könnte zum Beispiel auch Stimmen nutzen, um das auszuwerten. Neben mir ist Severin Haas: Ihr habt diese ganze Elektronik selbst entwickelt, was steckt da genau drin in jeder Kiste?

    Severin Haas: Also wir haben erstmal einen kleinen Videocontroller da drin, der das Ganze steuert. Jede Box ist adressierbar. Also wir haben ein Licht-Protokoll, DMX nennt sich das, das auch in der professionellen Lichttechnik eingesetzt wird. Und dieser Videocontroller wertet das Protokoll aus und weiß dann zum Beispiel ab einer bestimmten Adresse, hey, das bin ich, und wertet dann die nächsten Adressen aus und gibt dann diese Signale an kleine LED-Dimmer und steuert damit dann drei LEDs an. Wir haben RGB-LEDs, also rote, grüne und blaue LEDs dort drin verbaut mit jeweils drei Watt. Also wir haben insgesamt neun Watt Lichtleistung, die die Boxen erhellen.

    Kloiber: Und Kernstück – das hast Du ja schon beschrieben – ist eben halt eine Platine, die sieht sehr professionell aus. Man könnte fast sagen, Made in China, müsste aber eigentlich Made in Mannheim draufstehen.

    Haas Genau. Eigentlich müsste da Made in Mannheim draufstehen. Denn wir haben innerhalb von drei Monaten mit fast zehn Leuten und teils auch viel mehr diese Elektronik entwickelt und auch fertigen lassen. Und die fertigen Platinen kamen dann zu uns und wir haben Sie dann bestückt. Also wir haben dann mit zehn Leuten ein Wochenende lang dort gesessen, damit wird dieses ... machen können.

    Kloiber: Christian Platz, ist das typisch für das Clubleben des Chaos Computer Clubs in Mannheim?

    Platz: Ja, auf jeden Fall. Es ist wieder ein Projekt, was alleine nicht realisierbar gewesen wäre, sondern nur ging, weil verschiedene Leute auch aus verschiedenen Disziplinen zusammengearbeitet haben. Leute, die die Software geschrieben haben, Leute, die die Hardware gemacht haben, Leute, die das alles organisiert haben. So hat jeder seinen Beitrag leisten können dazu und hat eigentlich in dem Gebiet, in dem er sich heimisch fühlt, wo er Spaß hat, arbeiten können, so dass wir zusammen so eine große Installation haben stemmen können.

    Kloiber: Was fasziniert so an Licht?

    Haas: Ähm, gute Frage. Also ich denke mal, Licht fasziniert irgendwie jeden Menschen von uns. Und gerade Hacker! Wir versuchen natürlich irgendwie die Technik und Kunst vielleicht auch ein bisschen miteinander zu kombinieren, was ja auch im Club Tradition hat. Und ich denke mal, das ist einer der Gründe, warum wir so viel mit Licht spielen.

    Kloiber: Über die Technik hinaus: Seid Ihr auch aktiv mit nem Projekt zum Beispiel in der Schule?

    Platz: Ja, wir haben das Projekt Chaos macht Schule, wo wir an Schulen gehen und Vorträge für Schüler, Eltern, Lehrer und eigentlich jeden, der es hören will, machen, und unser Wissen, was wir haben, versuchen, weiterzugeben. Das ist auch ein deutschlandweites Projekt. Das heißt, es gibt verschiedene Gruppen in Deutschland, die das machen. Und wir sind eine davon, die da regelmäßig Vorträge halten.

    Kloiber: So, ich trete jetzt nochmal ein paar Schritte zurück, gucke mir diese wunderbare Installation an, auf der im Moment ein automatisches Lichtspiel abläuft, was wirklich in schillernden Farben hier leuchtet. Und damit zurück ins Studio.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.


    Sonderseite zum Chaos Communication Congress