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Amerikanisch-russisches Verhältnis
Echos der Vergangenheit

Die Situation in der Ukraine belastet die amerikanisch-russischen Beziehungen. Bereits seit Putins Rückkehr in den Kreml hat sich das Verhältnis zusehends verschlechtert. Beobachter fühlen sich nun an den Kalten Krieg erinnert.

Von Marcus Pindur | 01.03.2014
    Die Invasion in der Ukraine weckt bei amerikanischen Beobachtern Erinnerungen an den Kalten Krieg. DDR 1953, Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968, Afghanistan 1979 - der republikanische Senator John McCain fühlt sich in eine andere Zeit zurückversetzt.
    "Das sind Echos der Vergangenheit, was das Verhalten von Putin anbetrifft. Er hat einmal gesagt, die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts sei der Zerfall der Sowjetunion gewesen. Seit Jahren zielt sein Handeln auf die Wiedererrichtung des russischen Reiches. Sein Druck auf die baltischen Staaten, die Invasion in Georgien, Moldawien. Vielleicht ist Präsident Obama ein wenig naiv in Bezug auf den Ehrgeiz Putins. Was wir jetzt sehen, ist Putins klare Absicht und sein absoluter Glaube, dass die Ukraine Teil Russlands ist. Er wird davon nicht lassen, das müssen wir begreifen in unserem Verhältnis zu Wladimir Putin."
    Obamas viel zitierter Neustart in den amerikanisch-russischen Beziehungen sei gescheitert, da helfe auch das wiederholte Drücken des Reset-Buttons nicht, so Senator McCain.
    Gutes Verhältnis zwischen Medwedew und Obama
    Die Leiterin des Zentrums für Eurasische und russische Studien an der Georgetown University, Angela Stent, sieht das etwas anders.
    "Wir hatten nach dem Kollaps der Sowjetunion mehrere Neustarts in den amerikanisch-russischen Beziehungen. Und der Obama-Neustart in seiner ersten Amtszeit war sehr erfolgreich. In dieser Zeit gab es ein neues Start-Rüstungskontrollabkommen, wir haben eine Übereinkunft über härtere Sanktionen gegen den Iran erreicht, es gab ein Transportabkommen für den Afghanistan-Nachschub, und Russland wurde Mitglied in der Welthandelsorganisation. Das Problem war, dass dies auf dem guten persönlichen Verhältnis Obamas zum damaligen Präsidenten Medwedjew beruhte. Als Putin seine Rückkehr in den Kreml ankündigte, verschlechterte sich das Verhältnis zusehends."
    Einer der Dauerbrenner im Streit zwischen Putin, den USA und den Europäern war in den vergangenen Jahren stets der Anspruch Putins auf eine Einflusssphäre um die Grenzen Russlands herum, das sogenannte nahe Ausland.
    Seit Putins Rückkehr in den Kreml ist das Verhältnis zwischen Russland und den USA immer weiter abgekühlt. Ein Schlüsselmoment sei die Duma-Wahl im Jahr 2011 gewesen, so Angela Stent. Die Proteste gegen Wahlfälschungen habe Putin als von den USA gesteuert denunziert.
    "Putin gab den USA die Schuld an den Demonstrationen und er beschuldigte Hillary Clinton persönlich, Demonstranten bezahlt zu haben. Dann gab es das Magnitsky-Gesetz in den USA, das mehrere russische Offizielle der Menschenrechtsverletzungen anklagte und sie mit Einreiseverbot belegte. Darauf folgte wiederum ein russisches Gesetz, dass es Amerikanern verbot, russische Kinder zu adoptieren."
    Schlüsselfigur Edward Snowden
    Es gab eine legislative Spirale auf beiden Seiten, es gab die provokatorische Rhetorik Putins, und davon erholte sich das Verhältnis nicht mehr. Die Liste der Streitpunkte wurde immer länger. Die russische Unterstützung für das Morden des Assad-Regimes in Syrien, die von Washington immer wieder gerügte Diskriminierung Homosexueller in Russland, das Unterlaufen des Mittelstrecken-Abrüstungsabkommens aus dem Jahr 1987 durch eine neue Gattung russischer Raketen, all dies vergiftete das Verhältnis zusehends.
    Dann kam noch das Asyl für Edward Snowden hinzu.
    "Das war wahrscheinlich der letzte Schlüsselmoment in einem sich ständig verschlechternden Verhältnis. Putin hätte das ablehnen können, aber er entschied sich dafür. Aus seiner Warte war das rational. Er konnte sich damit als Verteidiger der Menschenrechte inszenieren. Putin hat großen politischen Gewinn daraus gezogen. Besonders durch den Schaden, den die deutsch-amerikanischen Beziehungen genommen haben. Also aus Putins Perspektive sieht die Bilanz recht gut aus."
    Amerikaner haben keinen wirksamen politischen Hebel
    Das alles bedeutet jedoch, dass es nur noch wenige Politikfelder gibt, auf denen die Supermacht und die Großmacht kooperieren können. Auf die Invasion in der Ukraine hat Präsident Obama mit scharfen Worten reagiert. Das werde für Russland einen Preis haben. Doch realistisch ist das nicht. Denn außer Wirtschaftssanktionen gibt es nur wenige Möglichkeiten des Westens, seinen Protest auszudrücken. Die Europäer, besonders die Deutschen, haben sich in die Abhängigkeit russischen Erdgases begeben. Die Amerikaner haben keinen wirksamen politischen Hebel. Präsident Obama ist auf russisches Wohlverhalten angewiesen, wenn er den Iran tatsächlich dazu bringen will, sein Nuklearprogramm einzustellen. Der Boykott des G-8-Gipfels im Juni in Sotschi, soviel steht fest, wird Wladimir Putin nicht beeindrucken.