Donnerstag, 25. April 2024

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Anforderungen an Studierende
Von Selbst-Management, Disziplin und Denkvermögen

Das Centrum für Hochschulentwicklung, CHE, hat rund 1.500 Professoren verschiedener Fachrichtungen gefragt, was sie von neuen Studierenden erwarten. Bei Dozenten besonders gern gesehen seien ein hohes Maß an Selbstorganisation sowie gute Lernmoral, sagte Denis Hachmeister vom CHE im DLF.

Cort-Denis Hachmeister im Gespräch mit Benedikt Schulz | 12.08.2016
    Studierende der Georg-August-Universität in Göttingen sitzen in einem Hörsaal.
    Bei der Vielfalt von etwa 10.000 Studiengängen in Deutschland fällt so manchen die Entscheidung wohl nicht leicht. (dpa / picture alliance / Swen Pförtner)
    Benedikt Schulz: In bestimmten Studienfächern ist die Zahl der Abbrecher besonders hoch, und es kennt ja fast jeder die Anekdote vom Prof, der zu Beginn der Einführungsvorlesung schon mal ankündigt, dass die Hälfte der Anwesenden nächstes Jahr nicht mehr mit an Bord ist. Da wäre es eigentlich schön, wenn man schon vorher wüsste, was eigentlich erwartet wird, wenn ich mich für ein bestimmtes Fach entscheide. Oft kann man sich das denken: Wer Mathe studieren will, der muss Mathe können. Aber wie wichtig ist Mathe, wenn ich zum Beispiel Informatik studieren will? Das Centrum für Hochschulentwicklung CHE hat rund 1.500 Professorinnen und Professoren verschiedener Fachrichtungen befragt und wollte wissen, was die von ihrem angehenden Nachwuchs erwarten. Cort-Denis Hachmeister vom CHE hat die Ergebnisse ausgewertet, und er ist am Telefon. Hallo!
    Cort-Denis Hachmeister: Hallo, guten Tag!
    Schulz: Gibt es irgendetwas, was ich quasi für jedes Fach mitbringen muss?
    Hachmeister: Wir haben ja die Professoren befragt, und eigentlich in allen Fächern kam raus, dass abstraktes, logisches und analytisches Denkvermögen einerseits wichtig sind, zweitens, dass selbstständiges, selbst organisiertes und diszipliniertes Lernen und Arbeiten, also so Selbst-Management eine wichtige Fähigkeit ist, und der dritte Punkt, der ganz häufig genannt wurde, war eben so Lernbereitschaft und Einsatzbereitschaft. Also eigentlich irgendwie Intelligenz, gutes Selbst-Management und dann natürlich irgendwie Bereitschaft, auch was zu leisten.
    Schulz: Die naheliegende Gegenfrage ist, was kann ich nirgendwo gebrauchen?
    Hachmeister: Das ist natürlich alles rausgeflogen. Wir haben ja nur positiv gefragt, was braucht man. Insofern sind die Sachen, die nicht genannt wurden, natürlich in unserer Studie nicht enthalten.
    Schulz: Es ist aber trotzdem interessant, was alles in bestimmten Fächern nicht erwartet oder nicht so sehr erwartet wird. In wenigen Fächern, wie ich das jetzt gesehen habe, werden gute Deutschkenntnisse erwartet. Das ist doch schon überraschend, oder?
    Hachmeister: Man muss dazu sagen, dass wir versucht haben, besondere Profile herauszuarbeiten. Also wir haben nicht alle Punkte, die es da gibt, bei allen Fächern abgefragt, sondern die Professoren sollten angeben, welche acht wichtigsten Fähigkeiten sind denn für das Fach relevant. Und dadurch ergeben sich dann einfach diese Profile, dass so Sachen, die vorausgesetzt werden, dass man die deutsche Sprache versteht, in manchen Fächern eben einfach nicht mit in dieser besonderen Liste aufgetaucht sind, aber in anderen Fächern natürlich, wenn es jetzt um Germanistik geht, dann braucht man natürlich eine besondere Kompetenz. Das ist vielleicht der Unterschied. Wir haben eben Profile und nicht so eine Komplettliste, was man alles haben muss. Sonst wäre die Liste sicherlich in allen Fächern noch viel länger.
    "Mathematik ist auch immer ein großes Thema"
    Schulz: Sie haben 32 Fächer abgefragt. Was gibt es für auffällige Unterschiede zwischen den einzelnen Fächergruppen?
    Hachmeister: Wie gesagt, es gibt schon so einige Sachen, die überall irgendwie notwendig sind, und dann gibt es natürlich so die klassischen Sachen. Wenn ich Anglistik studieren möchte, dann brauche ich Englischkenntnisse. Die brauche ich aber auch gegebenenfalls in BWL oder anderen Fächern. Natürlich, Mathematik ist auch immer ein großes Thema, das ist natürlich dann besonders in Mathematik oder auch Physik und Ingenieurwissenschaften wichtig. Und dann gibt es noch – so die dritte Stufe sind so ganz spezifische Fähigkeiten, die man halt eben braucht, um ganz spezielle Fächer zu machen. Zum Beispiel gibt es dieses Zahnmedizin, dass man dann eben mit den Fingern geschickt sein muss, wenn man da so kleine Füllungen bohrt. Oder dass man in Geowissenschaften natürlich dann auch irgendwie gewillt sein muss, dann irgendwie nach draußen zu gehen und dann Höhen zu erkunden oder so was. Also das sind ganz spezifische Fähigkeiten. Und so zeigt sich eigentlich, jedes Fach hat so ein eigenes Profil.
    Schulz: Als angehender Studierender, welche Aussagekraft hat das jetzt für mich? Soll ich jetzt unter Umständen ein bestimmtes Fach gar nicht erst anfangen zu studieren?
    Hachmeister: Es ist erst einmal so eine erste Orientierung. Man steht ja erst mal vor einem großen Berg von so knapp 10.000 Studiengängen, die man haben will, und da muss man erst mal so gucken, was könnte für mich passen. Und mit der Studie kann man eigentlich in zwei Richtungen gucken. Man kann einerseits sich für ein Fach interessieren und gucken, welche Anforderungen sind da besonders wichtig. Oder die andere Möglichkeit wäre natürlich, man guckt die Liste der Anforderungen an, guckt, was man am besten hat, und sucht dann raus, welches Fach da am besten zu passt. Das ist erst mal so eine erste Orientierung. Und wenn man dann so eine Idee hat, was passen könnte, dann muss man sich natürlich noch viel tiefer informieren, zum Beispiel auf den Webseiten der Hochschulen, oder man kann solche Online-Self-Assessments machen, wo man richtig so einen Test macht, eine halbe Stunde, bin ich geeignet für ein Studium der Informatik oder so was. Also, das ist wirklich so ein erster Einstieg, unsere Liste, dass man mal ein bisschen sich orientieren kann, was so passen könnte.
    Schulz: Und wenn ich jetzt nicht ausreichende Teamfähigkeit mitbringe, aber in diesem Profil das jetzt erwartet wird, soll ich dann besser sagen, ich lasse es bleiben?
    Hachmeister: Nein. Wie gesagt, das ist auch da so ein erster Einstieg irgendwie. Da muss man sich ein bisschen Gedanken machen, was bedeutet das eigentlich, und ist genau der Studiengang, den ich da studieren will, fällt der darunter? Das ist ja auch alles, was die Professoren so mehrheitlich gesagt haben. Meistens ist halt, wenn das die Hälfte der Professoren gesagt hat, eine Sache, dann ist es irgendwie wichtig. Aber die andere Hälfte hat es natürlich auch nicht gesagt – also es sind sicherlich alles keine Fähigkeiten, wo man dann, wenn man das nicht mitbringt, das gar nicht studieren kann. Es geht eigentlich eher so um Tendenzen, irgendwie, ist das eher für mich passend, oder ist das eher nicht für mich passend.
    Schulz: Was erwarten Professorinnen und Professoren von ihren angehenden Studierenden? Darüber habe ich gesprochen mit Cort-Denis Hachmeister vom Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh. Vielen Dank!
    Hachmeister: Bitte!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.