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Angriff auf Hilfskonvoi
Ringen um Aufklärung geht weiter

Präsident Wladimir Putin habe ihm bei seinem Moskau-Besuch erklärt, dass Russland keine Verantwortung für den Angriff auf den Hilfskonvoi in Syrien trage, hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel erklärt. Während sich die Außenminister der USA und Russlands gegenseitig die Schuld für den Angriff in die Schuhe schieben, haben russische Blogger Fotos und Videos analysiert - und sich zu Wort gemeldet.

Von Gesine Dornblüth | 22.09.2016
    Beschädigte Lkw und zerstörte Hilfsgüter nach dem Angriff auf den Hilfskonvoi in Syrien
    Beschädigte Lkw und zerstörte Hilfsgüter nach dem Angriff auf den Hilfskonvoi in Syrien (Omar haj kadour / AFP)
    Der deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bekam es gestern Abend von Präsident Wladimir Putin persönlich zu hören: Russland trage keine Verantwortung für den Angriff auf den Hilfskonvoi in Syrien, das habe Putin ihm gesagt, so Gabriel nach dem Treffen. Er selbst, Gabriel, habe Putin darauf hingewiesen, dass die deutsche Seite der Überzeugung sei, dass die syrische Armee an dem Angriff beteiligt gewesen sei: Russland solle auf Assad einwirken. Da seien der russische Präsident und er, Gabriel, "nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen".
    Während sich in New York die Außenminister der USA und Russlands gegenseitig die Schuld für den Angriff in die Schuhe schieben, haben russische Blogger Fotos und Videos vom Tatort in Syrien analysiert. Das "Conflict Intelligence Team" sammelt seit einem Jahr brisantes Material zum Einsatz der russischen Luftwaffe in Syrien und hat auch schon eine Recherche zum Einsatz russischer Streubomben vorgelegt. Auf seiner Website veröffentlichte das Team gestern ein Foto eines von Geschossen durchlöcherten PKW; es soll sich um ein Fahrzeug des angegriffenen Konvois handeln. Das russische Verteidigungsministerium hatte Anfang der Woche behauptet, es habe gar keinen Angriff aus der Luft gegeben, sondern einen Brand. Ein Militärsprecher teilte mit:
    "Wir haben keinerlei Anzeichen dafür gefunden, dass die Kolonne von Munition getroffen wurde. Alles, was auf den Videos zu sehen ist, ist die Folge eines Brandes, der seltsamerweise zeitgleich mit einem Angriff der Kämpfer auf Aleppo begann."
    Die Internet-Aktivisten haben, neben weiteren Fotos und Videos, einen Tweet eines Assad-Anhängers ausfindig gemacht. Der User twitterte zwei Stunden nach dem tödlichen Angriff unter Bezug auf syrisches Militär, die russische Luftwaffe habe einen Militärkonvoi der ehemaligen Al-Nusra-Front bombardiert. Da es keinerlei Belege dafür gäbe, dass am Montagabend irgendwelche anderen Konvois in Syrien zerstört wurden, deute der Tweet darauf hin, dass russisches Militär den Hilfskonvoi getroffen habe, folgert das Conflict Intelligence Team.
    Die Zeitung "Vedomosti" zitiert heute den russischen Experten für internationale Beziehungen, Wladimir Frolow. Er äußert den Eindruck, das russische Außenministerium und das russische Verteidigungsministerium würden nicht mehr abgestimmt handeln. Während die russischen Diplomaten an einer politischen Lösung für Syrien arbeiteten, legten es die Militärs darauf an, der Opposition maximalen Schaden zuzufügen. Der Kreml schwanke zwischen beiden Ministerien, so Frolow in der Zeitung "Vedomosti".
    Das Staatsfernsehen berichtet unterdessen über russische Hilfslieferungen für ein von syrischen Christen betriebenes Krankenhaus im Gebiet Homs. Russische Soldaten hätten fünf Tonnen Medikamente übergeben. Der Chefarzt sagte in die Fernsehkamera:
    "Wir danken dem russischen Volk und Präsident Putin persönlich für die Unterstützung des syrischen Staates, für den Widerstand gegen den Terrorismus."