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Angst vor der Ansteckung im Bankensektor

Ein Schuldenschnitt für Griechenland könnte europäische Banken in ziemliche Bedrängnis bringen. Ohnehin sind die Banken im Visier der Ratingagenturen: Spanien weiß davon ein Lied zu singen und auch Josef Ackermann von der Deutschen Bank wirkt zunehmend nervös. Zu tun hat das alles mit der europaweiten Verflechtung im Bankensektor.

Von Michael Braun | 14.10.2011
    In Frankreich ist das Zittern um einen Schuldenschnitt in Griechenland besonders groß. Denn sowohl die genossenschaftliche Credit Agricole als auch die große Geschäftsbank Societe Generale haben Tochterbanken in Griechenland. Und da vor allem griechische Banken griechische Staatsanleihen gekauft haben, würden diese beiden griechischen Banken ihre französischen Mütter sofort mit einem kräftigen Abschreibungsbedarf belasten, wenn der Schuldenschnitt beschlossen wäre. Ähnlich die Effekte etwa zwischen der italienischen Großbank Unicredit und ihrer deutschen Tochter, der einst zweitgrößten deutschen Geschäftsbank, der Hypovereinsbank. Probleme der Mutter, sagt Burghard Allgeier, der Chefvolkswirt von Hauck & Aufhäuser, könnten durchaus ein Thema der Tochter werden:

    "Indirekt strahlt das auf hiesige Institute aus über Unicredit. Wobei man schon auch sagen muss, dass der deutsche Bankenmarkt mit den großen Banken wie Deutsche Bank und Commerzbank sich in all den Krisen noch recht gut schlagen. Aber der Bankenmarkt ist international so vernetzt, dass da natürlich Ansteckungseffekte entstehen, und dann natürlich auch die Qualität der deutschen Banken leiden kann."

    Meist sind es aber nicht direkte Kapitalbeteiligungen, aus denen das Netz grenzüberschreitender Abhängigkeiten unter Banken geflochten ist. Es kommen Großkredite hinzu, die wegen ihrer Größe eben nur gemeinsam, in Konsortien vergeben werden. Wankt ein Partner in solchen Konsortien, müssen die anderen einspringen – wenn sie können.

    Die größte Verflechtung entsteht aber über den Geldmarkt. Denn längst arbeiten Banken nicht mehr nur mit dem Geld, das Sparer ihnen für Kreditgeschäfte mit anderen Kunden anvertraut haben. Banken mit Geldbedarf sind darauf angewiesen, sich von anderen Banken mit einem Geldüberschuss Geld leihen zu können. Und wenn das nicht funktioniert, wenn das gegenseitige Misstrauen zu groß wird, dann wird der Geldfluss unterbrochen. Die belgisch-französische Dexia etwa war darauf angewiesen, regelmäßig kurzfristig Geld zu leihen, was sie ihren Kunden langfristig verleihen hatte. Aber diese Geldversorgung stockte. Jos Clijsters, der Präsident des Verwaltungsrates der Dexia, hatte im belgischen Fernsehen geklagt:

    "In den vergangenen zwei Monaten war der Finanzmarkt sehr schwierig. Das begann mit der Griechenland-Geschichte und setzte sich bei anderen Staatsanleihen fort. Deshalb hat sich der Finanzmarkt geschlossen. Das heißt: Die Kapitalbeschaffung für Dexia wurde immer schwieriger."

    Einen inzwischen großen Teil der Bankenrefinanzierung hat die Europäische Zentralbank übernommen. Ihr vertrauen die Banken. Deshalb legen sie überschüssiges Geld vornehmlich bei der EZB an. Die EZB verleiht es. So fließt das Geld. Geschäftspartner der Banken bleibt aber die EZB. Als Sicherheit und um den Markt für Staatsanleihen nicht einbrechen zu lassen, hat die EZB mittlerweile Papiere aus wackelnden Staaten im Wert von rund 160 Milliarden Euro in ihren Büchern. Natürlich hat sie auf die Kurse geachtet, aber die Risiken liegen nun auch bei ihr. Und wenn die Risiken eingefordert werden, dann sind die Eigentümer der EZB gefragt. Für rund 27 Prozent müsste dann die Bundesbank geradestehen. Michael Schubert von der Commerzbank:

    "Wie bezahlt die Bundesbank es? Also einmal kann sie es natürlich mit anderen Gewinnen verrechnen, die würden dann halt geringer ausfallen. Oder sie kann ans Eingemachte gehen, an ihr Tafelsilber. Sie hat beispielsweise sehr viel Gold, das sie zu viel niedrigeren Preisen eingekauft hat, als es jetzt wert ist. Sie könnte dieses Gold verkaufen, dadurch einen Gewinn machen und mit dem Verlust gegenrechnen. Aber in jedem Fall ist es so: Der Gewinn, den sie sonst gemacht hätte, wäre natürlich niedriger als sonst und insofern bleibt es doch wieder beim Steuerzahler, dem sonstige Gewinne entgangen sind."

    Das muss alles nicht eintreten. Die EZB würde sich deshalb gern aus dem Krisenmanagement zurückziehen und den Rettungsfonds EFSF machen lassen. Deshalb sind seine Aufgaben und seine finanzielle Ausstattung so in der öffentlichen Diskussion.