Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Anschlag auf BVB-Mannschaftsbus
Polizei nimmt Verdächtigen fest

Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Nach Medienberichten soll es sich um einen 25-jährigen Iraker handeln. Die Bundesanwaltschaft teilte in Karlsruhe mit, man gehe von einem terroristischen Hintergrund aus.

12.04.2017
    Polizisten stehen am 12.04.2017 vor dem Trainingsgelände von Borussia Dortmund in Dortmund (Nordrhein-Westfalen).
    Nach Explosionen an BVB-Bus (Marius Becker/dpa)
    Als Grund nannte Sprecherin Frauke Köhler die Tatmodalitäten. So hätten die drei Sprengsätze eine Wirkung von bis zu 100 Metern gehabt und seien mit Metallstiften bestückt gewesen. Am Tatort seien drei textgleiche Schreiben gefunden worden. Ein islamistischer Hintergrund sei möglich. An der Glaubwürdigkeit eines zweiten, im Internet aufgetauchten Bekennerschreibens, das einen linksextremistischen Hintergrund behaupte, habe man erhebliche Zweifel.
    Zwei Durchsuchungen, eine Festnahme
    Im Zuge der Ermittlungen wurden nach Angaben der Bundesanwaltschaft zwei Wohnungen durchsucht. Im Fokus stünden zwei Männer, die dem islamistischen Spektrum zugeordnet würden. Einer von ihnen wurde vorläufig festgenommen, die Beantragung eines Haftbefehls wird geprüft. Nach Medienberichten soll es sich um einen 25-jährigen Iraker handeln. Weiter heißt es, der zweite Verdächtige sei ein Deutscher.
    In den am Tatort gefundenen Bekennerschreiben wird laut Bundesanwaltschaft unter anderem gefordert, die Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr aus Syrien abzuziehen und den deutschen Stützpunkt Ramstein zu schließen. Das Schreiben werde insbesondere unter islamwissenschaftlichen Gesichtspunkten untersucht. Bundesinnenminister Thomas de Maizière nannte es nach Erfahrungen mit früheren Anschlägen ungewöhnlich, dass in Tatortnähe Bekennerschreiben gefunden wurden. Ähnlich äußerte sich der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger.
    Das Statement der Bundesanwaltschaft können Sie hier nachhören.
    "Widerwärtige Tat"
    Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich angesichts des Anschlags bestürzt. Es handle sich um eine "widerwärtige Tat", sagte sie am Rande eines Firmenbesuchs in Berlin. Sie wünsche den beiden Verletzten vollständige Genesung. Merkel würdigte außerdem die "großartige Solidarität" aller Fans. Dies sei "ein klares Signal gegen jede Art von Gewalt". Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dankte den Einsatzkräften und den Fans von Borussia Dortmund und des AS Monaco. Die Reaktionen hätten gezeigt, "welche Kraft Fußball und Sport entfalten kann, was an Gemeinschaft dahinter steckt", sagte die Regierungschefin.
    "Batra hat die OP gut überstanden"
    Die BVB-Mannschaft war gestern Abend auf dem Weg zum Champions-League-Viertelfinalspiel im eigenen Stadion gegen den AS Monaco, als die Sprengsätze in unmittelbarer Nähe des Mannschaftsbusses explodierten. Bei dem Anschlag wurden der Dortmunder Spieler Marc Bartra und ein Polizist verletzt. Bartra, der unter anderem einen Knochenbruch am Arm und Verletzungen am Handgelenk erlitt, wurde noch am Abend operiert. Nach Angaben des Vereins fällt Bartra für mehrere Wochen aus. BVB-Präsident Reinhard Rauball erklärte dazu inzwischen, der Abwehrspieler habe den Eingriff gut überstanden. Für die Fans im und am Stadion bestand nach Angaben der Polizei keine Gefahr.
    Spiel wird nachgeholt - Stadion auf Sprengstoff kontrolliert
    Das Spiel wurde auf heute Abend verschoben. Anstoß in Dortmund soll um 18.45 Uhr sein. Die Polizei hat das Sicherheitsaufgebot erhöht - genaue Zahlen wurden nicht genannt, aber "wir sprechen von einem Großeinsatz", erklärte ein Sprecher. Tribünen und Umgebung des Stadions wurden demnach mit Sprengstoffhunden kontrolliert. Etwas Verdächtiges habe man aber nicht gefunden. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger bat die Fans, früher als üblich zum Spiel anzureisen und sich auf längere Überprüfungen und Wartezeiten einzustellen. Auch das Mitbringen von Rucksäcken sei nicht erlaubt. Das Polizeiaufgebot für das Spiel sei deutlich erhöht worden.
    BVB-Profis konnten frei entscheiden
    Der Torwarttrainer des BVB, Wolfgang de Beer, sagte der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf, man habe innerhalb der Mannschaft darüber gesprochen, ob die Spieler sich in der lage sähen, die Partie zu bestreiten - "und wenn einer sagen kann, er fühlt sich absolut nicht in der Lage, dann ist es ihm auch freigestellt."
    Der Präsident des Deutschen Fußball-Bunds, Grindel, teilte mit, dass er aus Solidarität zum Spiel reisen werde. Dafür sagte er seinen eigentlich geplanten Besuch der anderen Champions-League-Begegnung zwischen Bayern München und Real Madrid ab.
    Solidaritätsbekundungen auch von Schalke
    Innen- und Sportminister de Maizière erklärte via Twitter, seine Gedanken seien bei der Mannschaft von Borussia Dortmund. Jetzt gelte es, die Hintergründe aufzuklären. Er hoffe, dass am heutigen Abend wieder der Fußball im Mittelpunkt stehen werde.
    Auch der BVB-Rivale FC Schalke 04 äußerte sich solidarisch und twitterte: "In solchen Momenten hält man im Revier fest zusammen."
    Borussia Dortmund hatte seine Fans noch am Abend aufgefordert, den Fans der Gastmannschaft aus Monaco unter dem Twitter-Schlagwort #bedsforawayfans privat Übernachtungsmöglichkeiten anzubieten.
    Einige BVB-Unterstützer veröffentlichten danach Fotos, die sie mit gegnerischen Fans gemeinsam zeigen.
    (kb/riv/am/jcs)