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Anschlag in Istanbul
Türkische Behörden: Vermutlich zehn deutsche Opfer

Die Zahl der bei dem Anschlag in Istanbul getöteten deutschen Touristen könnte höher sein als bisher bekannt. Die Behörden vermuten nach vorläufigen Erkenntnissen zehn Todesopfer. Bisher war man von acht ausgegangen. Ob der Anschlag gezielt auf deutsche Staatsbürger verübt wurde, ist unklar.

13.01.2016
    Sicherheitskräfte am Anschlagsort in Istanbul
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bestätigt, dass mindestens acht Deutsche bei dem Anschlag in Istanbul getötet wurden. (dpa / picture-alliance / Holly Pickett)
    Die türkischen Behörden gehen nach vorläufigen Erkenntnissen davon aus, dass es sich bei allen zehn Todesopfern des Terroranschlags von Istanbul um Deutsche handelte. Zwei noch nicht endgültig identifizierte Tote seien nach vorläufigen Ermittlungen ebenfalls Bundesbürger gewesen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Istanbul aus türkischen Regierungskreisen. "Wir glauben, dass auch die anderen beiden Toten Deutsche sind." Das hätten polizeiliche Ermittlungen ergeben. Die medizinischen Untersuchungen seien aber noch nicht endgültig abgeschlossen. Bislang war die Nationalität von zwei der zehn Todesopfern unklar. Auch der Angreifer kam ums Leben. 15 weitere Menschen erlitten Verletzungen.
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) reist heute in die Türkei, der Minister wolle in Istanbul seinen türkischen Kollegen Efkan Ala treffen und sich ein Bild von der Lage machen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Dienstagabend der Deutschen Presse-Agentur. Die dpa berichtet außerdem, dass der Bundesregierung bis Dienstagabend keine Hinweis darauf vorgelegen hätten, dass der Anschlag gezielt auf Deutsche verübt worden sei.
    Deutsche Touristen wollten nach Istanbul, Dubai und Abu Dhabi
    Die deutschen Opfer waren nach Angaben des Reiseveranstalters Lebenslust Touristik auf einer kombinierten Reise nach Istanbul, Dubai und Abu Dhabi, sie kamen aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Reisegruppe habe 33 Touristen umfasst, doch nur ein Teil dieser Reisenden habe an einem Gruppenbesuch der Wahrzeichen Istanbuls teilgenommen. Das Auswärtige Amt aktualisierte seine Reisehinweise für die Türkei und rät dazu, Menschenansammlungen dort zu meiden. Unter den Verletzten sollen nach einer Meldung der Agentur Dogan neben Deutschen auch ein Norweger und eine Peruanerin sein.
    Weiterer Schlag für den Tourismus in der Türkei
    Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", dass er einen gezielten Schlag gegen den türkischen Tourismus vermute. "Man will dem Tourismus in der Türkei schaden und zeigen: Wir können alles, egal was ihr macht." Schließlich werde das Areal, in dem das Attentat geschehen sei, gut gesichert.
    Für die Türkei ist der Anschlag auf eines ihrer wichtigsten touristischen Ziele ein länger befürchtetes Szenario. Der Tourismus ist wirtschaftlich von enormer Bedeutung, jetzt dürften Besucher ausbleiben. Zuletzt musste die Branche schon auf russische Touristen verzichten, nachdem Russland infolge des Abschusses eines russischen Kampfjets durch das türkische Militär einen touristischen Boykott der Türkei ausgerufen hatte.
    Herkunft des Attentäters unklar
    Der 1988 geborene Attentäter hatte sich am Dienstagvormittag mitten in einer deutschen Reisegruppe in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee im historischen Zentrum Istanbuls in die Luft gesprengt. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan machte in Ankara einen "Selbstmordattentäter syrischer Herkunft" für die Tat verantwortlich, Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte, der Mann habe der Terrororganisation Islamischer Staat angehört. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete dagegen, der Attentäter stamme aus Saudi-Arabien und sei kürzlich aus Syrien in die Türkei eingereist.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Anschlag als "mörderischen Akt": "Die Terroristen sind Feinde aller freien Menschen, ja, sie sind Feinde aller Menschlichkeit", sagte sie am Dienstag. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von "Stunden der Trauer, der Wut und des Entsetzens". Über die Reaktionen auf den Anschlag in Berlin berichtete Katharina Hamberger im DLF.
    Weltweit reagierten Politiker mit Trauer und Entsetzen. Die Europäische Union sicherte der Türkei nach dem Anschlag ihre Unterstützung im Kampf gegen den Terror zu. Beide Seiten müssten noch mehr gegen extremistische Gewalt tun, erklärte EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, es handele sich um ein "verachtenswertes Verbrechen". Die USA betonten, sie stünden weiter fest an der Seite der Türkei. "Dieser abscheuliche Angriff in Istanbuls historischem Herzen hat Türken und ausländische Touristen gleichermaßen getroffen", erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates Ned Price in Washington. Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem "abscheulichen Terroranschlag". Auch Saudi-Arabien und Ägypten verurteilten die Tat.
    Ein Stadtplan von Istanbul, die den Ort des Anschlags vom 12.01.2016 markiert.
    Ein Stadtplan von Istanbul, die den Ort des Anschlags vom 12.01.2016 markiert. (picture-alliance/ dpa-Grafik)
    (nch/dk/fwa)