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Anti-Terror-Gesetze der EU
Maßnahmen kommen nur schleppend voran

Nach den Brüsseler Terroranschlägen stehen die Anti-Terror-Maßnahmen der EU in der Kritik. Es brauche mehr Koordinierung und mehr Informationsaustausch, so der Tenor. Doch die Umsetzung der europäischen Entwürfe gegen den Terror auf EU-Ebene kommt nur schleppend voran.

Von Thomas Otto | 24.03.2016
    Polizisten und Soldaten durchsuchen am Flughafen Zaventem die Fahrzeuge von Flughafen-Mitarbeitern.
    Polizisten und Soldaten durchsuchen am Flughafen Zaventem die Fahrzeuge von Flughafen-Mitarbeitern. (dpa-Bildfunk / EPA / Olivier Hoslet)
    Im Januar hat das Europäische Anti-Terror-Zentrum in Den Haag seine Arbeit aufgenommen. Das ECTC ist an die Europäische Polizeibehörde Europol angebunden und soll Informationen über Terroristen und deren Finanzierung bündeln und auswerten. Bisher kommt diese Arbeit aber nur schleppend voran, denn es liegt in den Händen der 28 Mitgliedsstaaten, welche Informationen sie untereinander teilen. Und dabei zeigen sich viele Staaten – freundlich ausgedrückt – zurückhaltend.
    "Wir dürfen es nicht weiter auf die harte Tour lernen. Die Ereignisse in Brüssel zeigen, dass wir mehr Koordinierung und mehr Informationsaustausch brauchen. Dass die Täter von Brüssel und Paris polizeibekannt waren, beweist das auf ein Neues."
    Kritisiert der für Inneres zuständige Kommissar Dimitris Avramopoulos.
    Verschärfte Anti-Terror-Gesetze
    Nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo im Januar vergangenen Jahres hatte die Kommission einen ganzen Katalog mit Maßnahmen vorgelegt, wie sie auf EU-Ebene gegen den Terror vorgehen will. Zu dieser Europäische Sicherheitsagenda gehört zum Beispiel, die Antiterror-Gesetze zu verschärfen und damit die Reise in bestimmte Konfliktgebiete und Kampftrainings unter Strafe zu stellen und stärker gegen Hetze vorzugehen. Die Innenminister haben sich bereits auf das Paket verständigt. Nun braucht es eine Einigung mit dem EU-Parlament.
    In anderen Bereichen ist man bei Weitem noch nicht so weit, zum Beispiel beim Kampf gegen die Finanzierung des Terrorismus:
    "Im Wesentlichen geht es ja darum, dass wir alle die nicht bankenbasierten Zahlungsmethoden besser kontrollieren können. Das ist zunächst einmal natürlich der Bargeldverkehr, das sind die Prepaid-Karten und das ist auch zunehmend Zahlungsverkehr in künstlichen Währungen, wo wir stärkere Kontrollmethoden finden müssen."
    So Bundesfinanzminister Schäuble im Dezember. Solche künstlichen Währungen wie Bitcoin sind allerdings dezentral über das Internet organisiert und damit nur schwer zu kontrollieren. Die Kommission hat zwar bereits einen Aktionsplan vorgelegt, in welchen Bereichen sie aktiv werden will. Konkrete Gesetzesvorschläge lassen aber auf sich warten.
    Ähnlich sieht es aus, wenn die Kommission gegen die illegale Verbreitung von Waffen vorgehen will. Einzig beim Punkt "funktionsunfähig gemachter Waffen" ist man vorangekommen. Binnenmarktkommissarin Elżbieta Bieńkowska erklärt:
    "Ehemals unschädlich gemachte Waffen wurden bereits bei Terrorangriffen verwendet. Wir wissen, dass bei dem versuchten Anschlag auf den Thalys-Zug eine Waffe verwendet wurde, deren Bestandteile legal im Internet erworben wurden."
    Aktionsplan zu Waffen und Sprengstoff
    Ab 08. April wird es hier EU-weit einheitliche Vorschriften geben. Der Aktionsplan zu Waffen und Sprengstoffen, mit dem zum Beispiel der Zugang zu Sprengstoffen erschwert werden soll, ist bisher nicht mehr als ein Plan.
    Eine Forderung, die schon seit Langem immer wieder erhoben wird: der Austausch der Daten von Flugreisenden. Hinter diesen Daten verbergen sich Informationen wie Reiseziel, Sitzplatz, Kontodaten, aber auch spezielle Speisewünsche oder heikle Gesundheitsinformationen. Deshalb halten Datenschützer wenig von deren Weitergabe, wie der grüne Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht nach den Anschlägen von Paris im November kritisierte:
    "Die Ereignisse zeigen erneut, dass es nicht der richtige Weg ist, Terroristen mit grobschlächtigen Überwachungsmaßnahmen gegenüber der gesamten Bevölkerung zu begegnen. Wer jetzt erneut auf anlasslose Datenspeicherung setzt, will ein schlichtes weiter so, dass uns in genau diese Lage versetzt hat."
    Nachdem es solch einen Datenaustausch bereits seit 2011 mit den USA gibt, sollen diese Informationen nun auch innerhalb der EU übermittelt werden. Eine EU-Regelung dazu hängt momentan noch im Parlament fest.
    Und auch in anderen Bereichen soll der Datenaustausch noch verbessert werden: so zum Beispiel bei Informationen über verlorene Ausweisdokumente und beim Schengener Informationssystem – einer Datenbank unter anderem zur europaweiten Fahndung nach Personen. Um die gesamte Europäische Sicherheitsagenda umzusetzen, hat sich die Kommission noch etwas Zeit gelassen: Bis zum Jahr 2020 will man damit fertig sein. Und letztlich liegt der Erfolg nicht bei der Kommission, sondern an der Kooperationsbereitschaft der Mitgliedsstaaten.