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Anti-Terrorismus-Zentrum in Den Haag
"Europa ein bisschen sicherer machen"

Im Januar nimmt in Den Haag das neue europäische Anti-Terror-Zentrum seine Arbeit auf. Angedockt bei der europäischen Polizeibehörde Europol sollen die Ermittler mit den nationalen Behörden zusammenarbeiten und Terroristen aufspüren. Doch es mangelt an Personal, Geld und dem Willen zum Datenaustausch.

Von Karin Bensch-Nadebusch | 28.12.2015
    Die Zentrale der europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag
    Die Zentrale der europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag (dpa/picture alliance/Lex Van Lieshout)
    Ein großer, grauer Klotz. Drumherum: ein hoher Zaun, viele Videokameras. So sieht sie aus, die Zentrale der europäischen Polizeibehörde "Europol" in Den Haag. Hier wird am ersten Januar ein neues Anti-Terror-Zentrum eröffnet. Die Ermittler sollen Terroristen und Terrorverdächtige beobachten und aufspüren, sagt der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss:
    "Gucken, ob da jemand vielleicht einreist, den wir hier besser nicht im Land haben sollten."
    Es soll vor allem darum gehen, Reisewege von Dschihadisten nachzuzeichnen zu können. Die Polizeibehörde Europol geht von mehr als 5.000 Kämpfern aus, die aus Europa in den Bürgerkrieg nach Syrien oder in den Irak gereist sind, und nach ihrer Rückkehr zu Anschlägen bereit sein könnten. Auch bei den Attentaten von Paris waren mehrere Attentäter aus Syrien zugekehrt, mindestens zwei von ihnen waren als Flüchtlinge getarnt in die EU gekommen. Informationen darüber ziehen die Ermittler zum Beispiel etwa aus dem Schengen-Informationssystem, eine Datenbank für Grenzbeamte, in der Straftäter und Verdächtige gelistet sind.
    "Es geht um die Finanzierung des Terrors, dass man auch dort auf Datenbasis hier neue Erkenntnisse gewinnen kann. Und versuchen sollte, ein bisschen besser einzugrenzen," sagt der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss. Die Mitarbeiter des neuen Anti-Terror-Zentrums in Den Haag sollen Geldströme zurückverfolgen, um mitzuhelfen die Terrorfinanzierung auszutrocknen. Hier sollen die Ermittler auch mit US-Behörden zusammenarbeiten.
    "Und es geht auch um die Überwachung des Waffenhandels."
    Bekannt ist, dass viele Terroristen mit Kriegswaffen ausgerüstet sind. Meist kommen die Gewehre, Pistolen und Handgranaten vom Balkan nach Westeuropa.
    Es hapert bei der Kommunikation
    Das neue Anti-Terror-Zentrum: Aktionismus in Zeiten des Terrorismus? Oder eine sinnvolle Einrichtung? Es ist sinnvoll, meint der Grünen-Europaabgeordnete Jan-Philipp Albrecht:
    "Das Hauptproblem in der EU ist, dass die Behörden vor Ort und in den Ländern, die Informationen nicht miteinander teilen. Und das soll eben hier bei Europol verbessert werden. Das kann man nur befürworten. Aber das braucht eben mehr als nur eine Koordinationsstelle, es braucht einen politischen Willen in den Mitgliedsländern, die Behörden auch dazu zu zwingen."
    Das neue Anti-Terror-Zentrum taugt also nur dann etwas, wenn es wichtige Informationen aus den einzelnen EU-Ländern bekommt. Schwierig ist auch: Das neue Ermittlerteam startet sehr bescheiden. Nur einige wenige Mitarbeiter von Europol und aus den Mitgliedsländern sollen dort zusammen arbeiten. Eigentlich bräuchte es mehr Personal und eine bessere Ausstattung auf europäischer statt auf nationaler Ebene, sagt Albrecht.
    "Nur das Problem ist, dazu haben sich die Mitgliedsländer bislang nicht durchgerungen. Auch zu der Finanzierung nicht."
    Nicht nur beim Geld hapert es, auch bei der Kommunikation. Ein Beispiel: Der meistgesuchte mutmaßliche Terrorist Belgiens, Salah Abdeslam, schlüpfte durch drei Polizeikontrollen, als ihn Freunde in der Nacht der Anschläge mit dem Auto von Paris nach Brüssel gefahren hätten. Hier muss viel mehr Austausch her, fordert der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss:
    "Wir haben gerade aufgrund der Anschläge in Paris leider feststellen müssen, dass die Informationsweitergabe zwischen den Mitgliedsstaaten nicht so schnell funktioniert, dass man dort bei den Polizeikontrollen vor Ort den schon hätte habhaft machen können."
    Mehr Geld investieren
    Jan-Philipp Albrecht von den Grünen geht noch einen Schritt weiter. Er ist der Ansicht: Binnenkontrollen bringen nichts bei der Verfolgung von Terroristen:
    "Was wir brauchen sind sogenannte gemeinsame Ermittlungsteams, grenzübergreifend, die müssen wissen, wo sind Hinweise, wo sich Terroristen bewegen, und dann diesen Terroristen direkt nachgehen. Und nicht sozusagen ins Blaue hinein irgendwo auf der Straße oder im Wald stehen und gucken, ob da ein Terrorist vorbei kommt."
    Fazit: Das neue Anti-Terror-Zentrum bei Europol kann dann erfolgreich sein, wenn die EU-Länder tatsächlich enger zusammenarbeiten, wichtige Informationen austauschen und mehr Geld investieren. Gelingt das, meint der CDU-Europaabgeordnete Voss könnte das neue Zentrum "Europa ein bisschen sicherer machen."