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Antiquierte Zahlungsweise

Karten und Onlinebanking zum Trotz: Die Deutschen mögen Bares. Ein Thema mit dem sich in Frankfurt ein Symposium der Deutschen Bundesbank beschäftigte und dabei auch die Schattenseiten der Liebe zum Bargeld nicht außen vor ließ.

Von Michael Braun | 10.10.2012
    Langsam reicht's: Früher brachten Banken, große Kaufhäuser oder – eingesammelt über Werttransportdienste – kleinere Händler ihre baren Tageseinnahmen abends in die Bundesbankfilialen: tonnenweise Münzen und Geldscheine. Dort wurde das Bargeld kontrolliert: War es sauber, geknittert, gerissen, gar Falschgeld? Am nächsten Tag rollten die mobilen Tresore dann wieder zurück zu Sparkassen und Banken oder direkt in die Kaufhäuser, um Wechselgeldkassen, Bankschalter und Geldautomaten mit Barem zu versorgen. Aber von den 200 Bundesbankfilialen von vor 20 Jahren sind derzeit noch 47 übrig, in drei Jahren sollen es nur noch 35 sein. Die Bundesbank zieht sich also aus der Bargeldbearbeitung zurück – die Banken machen es selber:

    "Der wird momentan durch die Kreditwirtschaft getragen. Das ist ein teil unserer Aufgabenstellung. Wir müssen aber auch uns drüber im Klaren sein: Auch die Bundesbank hat einen öffentlichen Auftrag. Deshalb darf die innerbetriebliche Optimierung auch nicht übertrieben werden."

    Sagt Georg Fahrenschon, der Präsident des Sparkassenverbandes. Und er ist nicht allein, wenn die Kosten der Bargeldbearbeitung aufgelistet werden. Uwe Fröhlich, der Präsident des genossenschaftlichen Verbandes der Volks- und Raiffeisenbanken, weiß sie auch zu benennen:

    "Hierzu muss man nun wissen, dass in den derzeit 54.000 deutschen Geldautomaten stets etwa sieben Milliarden Euro zur Auszahlung bereitliegen. Und auch wenn wir im Moment ein historisch niedriges Zinsniveau haben, so sind es doch recht erhebliche Kapitalbindungskosten, von denen wir hier sprechen."

    Banknoten im Wert von 240 Milliarden Euro werden derzeit jährlich durch die Kreditwirtschaft eingenommen, recycelt und ausgegeben. Ein Marktanteil von 36 Prozent. Die Bundesbank will ihren Anteil auf 50 Prozent zurückfahren. Die Kosten landen in der Kreditwirtschaft, zumal die Menschen sich an Geldautomaten nicht Bargeld auf Vorrat holen, sondern quasi immer nur so viel, wie sie gerade brauchen. Das sei, so leise klagend der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der privaten Banken, Michael Kemmer,

    "eine enorme logistische Herausforderung. Und: Sie ist teuer."

    Der Bundesbankpräsident und der für die Bargeldbearbeitung zuständige Bundesbankvorstand hielten sich zu alldem heute Vormittag vornehm zurück. Die Geldbranche will aber offenbar auch keine Kostenerstattung von der Bundesbank. Sie will die Gewohnheiten beim Umgang mit Geld ändern. Sparkassenpräsident Fahrenschon:

    "Wir entwickeln nun gemeinsam mit dem Einzelhandel eine Fortentwicklung der Girokarte: das kontaktlose Zahlen für Beträge unter 20 Euro, also für den schnellen Einkauf beim Metzger oder beim Bäcker um die Ecke."

    Aber viele Illusionen macht sich die Branche nicht. Heute werden rund 57 Prozent der Einzelhandelsumsätze bar bezahlt, nur knapp 40 Prozent mit Giro-, Kredit- oder Kundenkarten. In zehn Jahren, so vermutet die Kreditwirtschaft, werde Bargeld allenfalls auf einen Anteil von 45 Prozent sinken. "Nur Bares ist Wahres", diese Haltung, so hieß es auf dem Symposium, gäben die Deutschen so schnell nicht auf.