Donnerstag, 28. März 2024

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Antje Damm
"Das ist praktische Philosophie für Kinder"

"Ist jeder schön? Mögen uns Pflanzen? Warum gibt es Krieg? Steht unser Leben von Anfang an fest?" Mit solchen Fragen beschäftigt sich Antje Damm in ihren Kinderbüchern. Dabei regt sie ihre jungen Leser zum Nachdenken an und hilft ihnen mit eigens gestalteten Illustrationen auf die Sprünge.

Antje Damm im Gespräch mit Ute Wegmann | 12.09.2015
    Ein Laufschuh
    Wohin geht unser Weg? Steht unser Leben von Anfang an fest? Antje Damm widmet sich in ihren Büchern kindgerecht philsophischen Fragen. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Ute Wegmann: In diesem Büchermarkt geht es um Alles und um das Nichts.
    Und es geht um etwas, etwas, das nachzulesen ist.
    Wie das folgende Gedicht:
    "nichts im kopf
    setze ich mich
    an die maschine
    spanne ein blatt ein
    mit nichts darauf
    mit etwas darauf
    ziehe das blatt ich
    aus der maschine
    und lese als text
    etwas aus meinem kopf"
    Vielleicht ahnen Sie schon, von wem diese Zeilen sein könnten. Es ist ein Text von Ernst Jandl aus dem Jahr 1979. Gelesen von Thomas Balou Martin.
    Dieses Gedicht findet man in einem der Bücher, über das wir heute sprechen werden. Kinderbücher, in denen es um die Welt und das Sein, um Alltägliches und Besonderes, um Erinnertes und Zukünftiges geht. Aber auch um Zeit und Glück. Im Mittelpunkt von allem steht jedoch die Kunst des Fragens, denn nur wer fragt, kann Antworten erhoffen, nur wer fragt, kann die Welt ein kleines Stück mehr kennenlernen und begreifen. Dass es auf eine Frage aber nicht nur die eine Antwort gibt, das erfahren Kinder durch die Bücher von Antje Damm.
    "Frag mich!" hieß einer Ihrer ersten Titel. 118 Fragen, 1.000 mögliche Antworten, gepaart mit Fotos, Illustrationen und alten Bildern.
    "Ist 7 viel?" – 44 Fragen für viele Antworten. Hier trifft man auf Überlegungen wie:
    "Ist jeder schön? Mögen uns Pflanzen? Warum gibt es Krieg? Steht unser Leben von Anfang an fest?"
    Das und vieles mehr beschäftigt Antje Damm, die ich sehr herzlich begrüße.
    Antje Damm, diese überwiegend kleinformatigen Bücher, mit wenig Text und einem hohen Bildteil, also mit vielen Fotos und Illustrationen, würde ich als erste Philosophiebücher bezeichnen. Ist das praktische Philosophie für Kinder?
    Antje Damm: Das ist praktische Philosophie für Kinder. Ich finde das ein spannendes Thema für Kinder, und ich finde, dass man das Kindern zutrauen kann und soll und muss, und es ist immer wieder erstaunlich, was ihnen dazu einfällt. Schon im zarten Alter von ein paar Jahren sind sie in der Lage zu philosophieren. Das fängt an, wenn sie Fragen selber stellen können, wenn sie staunen über Dinge und dann kann das losgehen. Es ist immer wieder wunderbar, was aus den Köpfen herauskommt. Dieses freie eigenständige Denken funktioniert sehr gut, wenn man es anstupst, und das versuchen meine Bücher.
    Wegmann: Anregung zum Gespräch oder Neugierde auf die Welt und das Leben wecken oder ein behutsamer oft heiterer Hinweis auf die Vielfalt des Seins und die Vielfalt der Wahrheiten – was war Ihnen das Wichtigste?
    Damm: Im Grunde hab ich ganz verschiedene Themen angepackt in den Büchern. Und natürlich gibt es Bücher, die mir leichter von der Hand gingen und andere, an denen ich viel arbeiten musste. Zum Beispiel das Buch "Nichts und wieder nichts", wo ich nicht wusste, was daraus wird, aber es hat mich gereizt, weil es ein so vermeintlich schwieriges Thema ist. Und als ich anfing, hab ich festgestellt, dass es einen riesigen Fundus an NICHTS gibt, was einfach klasse war und interessant genug, um es für Kinder aufzugreifen. Und es ist gar nicht so abstrakt, wie man oft denkt, sondern ganz greifbar, das war auch für mich erstaunlich. Der Zugang zu einem Thema erschließt sich mir auch nicht immer sofort, sondern es ist ein Arbeits- und Findungsprozess. Es fällt mir nicht zu, sondern ich gucke, was reizt mich, woran kann ich selber knacken.
    Wegmann: Über "Nichts" werden wir später noch sprechen. Jetzt geh ich zurück ins Jahr 2003. „Ist 7 viel?" zeigt genau die Vielfalt der Betrachtungsweisen. Jeder Mensch hat andere Kriterien für Glück (Kind mit Banane/Frau mit Sekt); hat andere Schönheitsbegriffe (schmutziges Ferkel/alte Frau mit Baby). Und sieben Eisbällchen sind immens viel gegen sieben Legosteine, mit denen man nicht mal ein kleines Auto bauen kann.
    Ihre Fragen wollen /sollen anregen. Sind Ihre Bilder, ob fotografiert, gemalt, collagiert eine Hilfestellung zur Antwortfindung?
    Damm: Zum Teil. Ich glaube, dass diese Fragen zunächst abstrakt wirken und dann sind die Bilder ein Einstieg. Ich habe bei diesem Buch auch bewusst immer zwei Bilder gewählt, auch um zu zeigen, dass es verschiedene Einstiegsmöglichkeiten in die Frage gibt. Aber ich glaube, dass man sagen kann, dass diese ganzen Fragen, die großen philosophischen Fragen über Glück, Liebe, das menschliche Miteinander, dass das alles Fragen sind für eine Initialzündung. Man könnte sie auch Hebammenfragen nennen, Fragen, die einen Einstieg in einen ganzen Kosmos mit neuen Fragen bilden. Und bei der Frage mit dem Glück, das ist scheinbar eine schwierige Frage für Kinder, und da ist es schon so gedacht, sich die Bilder anzuschauen und zu überlegen, wo wäre man selber am glücklichsten, und natürlich verknüpft man eine solche Frage mit der Erfahrungswelt des Kindes – wo fühlst du dich besonders glücklich? – und dann kann man langsam anfangen, dass die Frage abstraktere Bereiche tangiert: Zum Beispiel: Ist Glücklichsein und Glück haben dasselbe? Und kann man glücklich sein, ohne dass man es merkt? Das sind alles Einstiegsfragen.
    Wegmann: "Was ist das?" (2006) – ein Spiel- und Ratebuch. Hier schaffen Sie Möglichkeiten des Sehens, der Umweltwahrnehmung. Es ist ein Spiel mit Alltagsgegenständen und Lebensmitteln. Auf jeweils zwei Doppelseiten verändert sich etwas Alltägliches zu etwas Besonderem.
    Aufbau: links Frage – rechts zusammengerollter Gartenschlauch.
    Links Farbe – rechts durch malerische Ergänzung wird der Schlauch zu einer Schlange. Aus einer grünen Wäscheklammer wird ein Krokodil, aus einem weißen Wollknäuel ein Schaf – durch Collage, Zeichnung oder Fotoshop?
    Damm: Ganz spielerisch hab ich das gemacht, wie es ein Kind machen würde. Ich habe mir Sachen gesucht, manchmal was in ihnen gesehen, manchmal nicht. Und dann hab ich einfach rumprobiert. So ist das Buch auch gedacht, als Anstiftung zum Experimentieren. Es war ein Spiel für mich und so soll es für Kinder auch sein.
    Wegmann: Neben der Spieleanleitung: Betrachten sie es auch als eine Schule des Sehens?
    Damm: Natürlich, auf jeden Fall. Ohne das Sehen kann ich die Dinge nicht begreifen. Ich finde es immer klasse, wenn Kinder keinen zu hohen Respekt vor Bildern und Zeichnungen haben, sondern eher einen direkten Zugang und sagen: Mensch, das probier ich mal selber.
    Wegmann: "Auszeit – Winterzeit – Mahlzeit – Eiszeit – Uhrzeit – Ruhezeit" – nur sechs Begriffe von etwa 70, die wir im Vorsatzpapier des nächsten Buches finden.
    "Alle Zeit der Welt" (2007) – ein großartiges Assoziationswerk über die Zeit. Dabei geht es um Tempo (100-m-Lauf), Jahreszeiten, den Wandel in einem Jahrhundert, um die Arbeitszeit an einem Kunstwerk (Rembrandt Frauenporträt gegenübergestellt einer Zeichnung von Picasso), um Spaghettikochzeit und Vergänglichkeit, dargestellt am fotografisch festgehaltenen Verfall von Kürbissen. Jeder von uns weiß, dass es zu kurze Tage gibt, wenn etwas besonders schön ist, und zu lange bei Bettlägerigkeit und Krankheit.
    Hier haben Sie verstärkt mit Fotomaterial gearbeitet und die erwähnten Begriffe aus dem Vorsatz bebildert. Warum Fotos, ich nehme an, die haben sie selber gemacht ...?
    Damm: Ja, der Großteil ist selber gemacht, aber das sind nicht immer professionelle Fotografien, sondern Schnappschüsse oder Zufälligkeiten und auch in Szene Gesetztes. Ganz unterschiedlich.
    Wegmann: Und wie kommt es, dass sie sich mehr für das Foto entscheiden haben als für die Illustration?
    Damm: Ehrlich gesagt, kann ich die Frage nicht beantworten, weil ich das intuitiv mache. Mir ist wichtig, dass es bei den Fragebüchern nicht immer einen durchgängigen Stil der Illustration gibt, sondern dass man auf die Unterschiedlichkeit der Zeitaspekte auch mit unterschiedlichen Bildern reagiert. Und das ein Wechselspiel herrscht, was immer wieder neu ist und immer wieder neu gesehen und verstanden werden kann.
    Das war also keine bewusste Entscheidung, sondern ist passiert.
    Wegmann: Wie sammeln Sie das Material zu Ihren Themen?
    Damm: Manchmal sammle ich ganz gezielt, manchmal stoße ich zufällig auf etwas, zum Beispiel auf dem Flohmarkt. Wenn ich ne tolle Postkarte finde ...dann denke ich schon daran, was ich damit machen könnte.
    Wegmann: Und gibt es dann zwei Kisten? Eine für die Fragen, eine fürs Bildmaterial?
    Damm: Ja, so ähnlich ist das tatsächlich. Es gibt dann eine Fragensammlung - in welche Kunstrichtung spielt das Thema, Musik oder Ähnliches, wo finde ich eigentlich den Zeitaspekt in den Kunstrichtungen und dann sammel ich. Da gibt es schon Kistchen. Mehrere ...
    Wegmann: Das Buch endet neben anderen kleinen Texten im Nachsatz, auch mit einem Gedicht von Erich Kästner:
    "Mein Reich ist klein und unbeschreitbar weit. Ich bin die Zeit.
    Ich bin die Zeit, die schleicht und eilt,
    die Wunden schlägt und heilt.
    Hab weder Herz noch Augenlicht.
    Ich trenn die Gut' und Bösen nicht.
    Ich hasse keinen, keiner tut mir leid.
    Ich bin die Zeit."
    Zwei Jahre später erscheint "Nichts und wieder nichts". Das Nichts, das Komplizierteste überhaupt. Hat Gott die Welt aus dem Nichts erschaffen? Kommt nach dem Tod nichts? Kann man nichts denken? Sehen Blinde nichts?
    Eine Auswahl der Fragen, aber es gibt auch ein paar Sachinformationen, wie der Hinweis auf das Gemälde von Malewitsch (schwarzes Bild= Nichts) oder ein Musikstück von John Cage „4'33", wo man ein Foto eines Klavierspielers sieht, im Profil, der die Hände im Schoß liegen hat und nicht spielt.
    Nun klingt das alles ernst und bildungsbeflissen, aber das ist es ja gar nicht. Es gibt lustige Fotos und Ihre gemalten Figuren haben durchaus eine heitere Leichtigkeit. Wie wichtig ist Humor für Antje Damm?
    Damm: Humor ist mir schon wichtig, weil ich nicht möchte, dass das bildungsbeflissen rüberkommt. Ich mach keine Bücher, wo man was lernen können sollen muss, sondern es soll Spaß machen, sich mit einem Thema zu beschäftigen. Ich hoffe, dass man den Humor auch spürt. Zum Beispiel als ich NICHTS gesät habe. Da sieht man eine Doppelseite Erde und wenn man umblättert, wächst da das Wort NICHTS aus Gras. Das ist auch ein großer Spaß das NICHTS.
    Wegmann: Haben Sie das in ihrem Garten so gesät?
    Damm: Das hab ich auf einem Backblech gesät, damit das nicht kaputt regnet.
    Wegmann: Im gleichen Stil wie die besprochenen Bücher ist auch das im Jahr 2014 erschiene "Echt wahr?" über Wahrheit und Lüge. Nun hat aber Antje Damm weder Philosophie noch Germanistik studiert, wie man meinen könnte, auch nicht Fotografie und Illustration, sondern Architektur. Haben Sie als Architektin gearbeitet?
    Damm: Ja, einige Jahre, das hat mir viel Spaß gemacht, das war mein Traumjob. Aber ich habe dann nach und nach vier Kinder bekommen und habe gemerkt, dass es ganz schwierig ist, mit vier Kindern als Architektin verantwortlich zu arbeiten. Man muss bei der Arbeit den ganzen Tag am Tisch sitzen, um Projekte zu betreuen. Dann habe ich angefangen, für meine Kinder diese Bücher zu zeichnen, Konzepte zu überlegen, ich habe einfach geforscht. Aber ich hab schon immer viel gezeichnet, das gehört ja auch sowieso mit zum Architekturberuf dazu, das ist einfach Handwerkszeug. Ich hatte großes Glück, dass drei Bücher gleich genommen wurden. Und dann hab ich gemerkt, dass das viel Arbeit ist. Aber es machte auch ungeheuer viel Spaß. Ich hab vor 12 Jahren den Architektenjob an den Nagel gehangen und bin jetzt mit dem Büchermachen sehr glücklich. Das ist jetzt mein zweiter Traumjob. Manchmal hab ich eine Träne im Knopfloch, wenn ich schöne Bauten sehe, dann denke ich, dass hätte ich auch gerne gemacht, aber ich trauere dem nicht hinterher.
    Wegmann: Was war denn Ihr Schwerpunkt?
    Damm: Hochbauentwurf.
    Wegmann: Ihr Studium führte Sie nach Florenz. Gibt es einen Einfluss aus dieser Zeit auf Ihre heutige Arbeit?
    Damm: ich glaube, dass jedes aus dem Land gehen einen prägt. Ich glaube, dass macht einen selbstbewusster. Auch als Aupairmädchen in Rom hatte ich keinen leichten Job mit drei kleinen Kindern, aber die Erfahrungen kann ich heute in dem Beruf gut gebrauchen.
    Wegmann: Im Frühjahr erschien ein Bilderbuch von Ihnen, das anders war als die anderen: "Der Besuch". Die Geschichte einer alten Frau, die aus ihrer Einsamkeit gerissen wird, als ein Papierflugzeug durch ihr Fenster fliegt und der dazugehörende Junge auf den Fuß folgt, und Leben, sprich Farbe in ihr graues Dasein bringt. Diese Geschichte ist auf besondere Weise erzählt.
    Damm: Das war ein bisschen Zufall. Ich hatte mal die Idee, eine Geschichte zu bauen und dann abzufotografieren. Ich fing dann an, ein Pappkästchen zu bauen und dann hab ich es möbliert. Das sah ein bisschen altmodisch aus, grau und kalt. Und dann hab ich da die ängstliche verstörte alte Frau einziehen lassen, die nicht mehr aus dem Haus geht. Die sollte nun Besuch bekommen. Der Kleine bringt Leben in die Bude, das wird eben visuell so gezeigt, dass Farbe und Licht in die Stube einziehen.
    Wegmann: Nun haben Sie gesagt, Sie haben das Modell gebaut. Wie groß war das Modell?
    Damm: Viermal so groß wie ein Schuhkarton.
    Wegmann: Und es beginnt ja tatsächlich Grau in Grau, es kommt dann immer mehr Farbe. Gab es mehrere Modelle oder haben Sie mit einem gearbeitet, und dann musste das beim ersten Mal auch so klappen?
    Damm: Das ist eine schlaue Frage. Das war der große Knackpunkt. Wenn das schief gegangen wäre, hätte ich das wegschmeißen können. Ich hab den Kasten bunt gemalt und dann abfotografiert und irgendwann gab es kein Zurück. Ich konnte kein Bild mehr verändern.
    Wegmann: Und irgendwann in Ihrem Leben, Antje Damm, begann die Zeit des kleinen Kinderromans, ich nenne es so, weil es Bücher für erste Leser sind. "Regenwurmtage", auf den Besten 7 damals, ist eine Geschichte die ersten Schultage und den Beginn einer Freundschaft. Für "Hasenbrote" erhielten Sie den NRW Kinderbuchpreis. Hier geht es um das freudvolle Warten und das Vorbereiten des Besuchs des geliebten Opas, dessen mitgebrachte Hasenbrote (er hat nur eine Stunde Fahrt) genauso amüsant erscheinen wie die Putzorgien der Mutter.
    "Kiki" erzählt von einer Liebe auf den ersten Blick zwischen zwei kleinen Freundinnen und dem jähen Ende dieser Beziehung durch einen Unfall.
    Gerade frisch aus der Druckerei "Kleines Afrika" – eine Geschichte über Mut und Neugierde und wie die Protagonistin angeregt durch eine Fotografie aufbricht in die "weite Welt". Ein Happy End haben wir nur, weil es aufmerksame Mitmenschen gibt. Alle Geschichten scheinen Antje Damm Erinnerungen zu sein?
    Damm: Das ist bei manchen Büchern ganz stark. Regenwurmtage, Hasenbrote und Kiki sind Geschichten, die ich so erlebt habe. Und das sind sehr persönliche Geschichten. Das Wahre und wirklich Erlebte hat eine große Faszination für Kinder.
    Wegmann: Erzählen Sie das den Kindern vorher, dass es Ihre Geschichten sind?
    Damm: Bei "Kiki" ist es klar, bei den anderen Büchern gibt es ein Nachwort.
    Wegmann: Die Geschichten sind durch Illustrationen oder Collagen bebildert. In den ganzseitigen Tafeln finden sich oft Tapetenmuster, darauf Bilderrahmen mit alten Fotos. Diese Collagen erzeugen Räumlichkeit und Tiefe neben den ansonsten einfach freigestellten Figuren. Etwas anderes ist es bei KIKI. Hier haben wir fast nur ganzseitige Tafeln, die aquarelliert sind und durch das Material eine andere Stimmung erzeugen.
    Damm: "Kiki" ist für mich das schwierigste aller Bücher. Weil mir die Geschichte immer noch an die Nieren geht. Es beschäftigt mich nach wie vor. Man sieht das an den Illustrationen, weil das Mädchen Kiki nie gezeichnet ist. Man sieht nur Antje. Ich habe da bewusst versucht, ganz frei zu sein und nur Skizzen zu machen. Und trotzdem drücken sie nicht aus, was man erlebt hat. Für mich bleibt es an der Oberfläche, andere wiederum sagen mir, dass man spürt, wie viel Tiefgang das Buch hat.
    Wegmann: Alte Fotos erwähnte ich eben. Die Erinnerung wach halten, ist das ein Thema in Ihrem Leben?
    Damm: Ich finde das schön. Ich war sehr gerne Kind und bin manchmal traurig, dass ich es nicht mehr sein darf. Vielleicht ist das auch der Versuch, daran ein wenig festzuhalten. Ich weiß es nicht, man müsste einen Profi fragen. Ich erinnere mich jedenfalls gut an meine Kindheit und würde sie als glücklich bezeichnen. Ich war ein fröhliches Kind.
    Wegmann: In "Kleines Afrika" haben Sie mich überrascht, da sieht man ganz klein auf einem alten Foto ein Kind mit Zigarette. Wollten Sie dem Lizenzverkauf nach Amerika vorbauen?
    Damm: Ich wollte da mal gegen den Strich bürsten. Und Frida ist ja ne Feche, die hat ja etwas Filouhaftes. Der Prömme, bei dem sie das Foto sieht, ist ja ein komischer Typ, und ich dachte, der hat als kleiner Junge bestimmt geraucht.
    Wegmann:
    Das vorhin zitierte Gedicht von Ernst Jandl endet wie folgt
    "ziehe das blatt ich
    aus der maschine
    und lese als text
    etwas aus meinem kopf"
    Und Sie haben es wie folgt bebildert: Auf dem Papier in der Schreibmaschine spiegelt sich gezeichnet das Gesicht des Schreibenden. Ich bedanke mich sehr bei der Kinderbuchmacherin Antje Damm für das Gespräch.
    Besprochene Bücher:

    Frag mich, 240 Seiten (Moritz Verlag)
    Ist 7 viel? , 94 Seiten (Moritz Verlag)
    Was ist das? Ein Spiel- und Ratebuch, 90 Seiten (Gerstenberg Verlag)
    Alle Zeit der Welt, 96 Seiten (Moritz Verlag)
    Nichts und wieder nichts, 96 Seiten (Moritz Verlag)
    Regenwurmtage, 56 Seiten (Moritz Verlag)
    Hasenbrote, 56 Seiten (Moritz Verlag)
    Kiki, 80 Seiten (Hanser Verlag)
    Der Besuch, 32 Seiten (Moritz Verlag)
    Echt wahr?, 110 Seiten (Moritz Verlag)
    Kleines Afrika, 56 Seiten (Tulipan Verlag)