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Antrittsbesuch in Paris
Der liebe Sigmar trifft den lieben Jean-Marc

Bei seinem Antrittsbesuch in Paris hat der neue Bundesaußenminister Sigmar Gabriel die deutsch-französische Zusammenarbeit und eine eigene EU-Position gegenüber den USA gefordert. Und Gabriel machte ein persönliches Versprechen.

Von Jürgen König | 28.01.2017
    Sigmar Gabriel und Jean-Marc Ayrault begrüßen sich
    Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (l.) trifft seinen französischen Kollegen Jean-Marc Ayrault in Paris. (dpa / Kay Nietfeld)
    Es hat Tradition, dass deutsche Außenminister zuerst nach Frankreich reisen – dennoch zeigte sich der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault von diesem Blitzbesuch des Sigmar Gabriel beeindruckt.
    "Es ist mir eine Freude, lieber Sigmar, hier Dich zu empfangen. Keine 24 Stunden nach Deinem Amtsantritt zum allerersten Mal als Außenminister der Bundesrepublik Deutschland nach Paris. Das ist ein Symbol. Ich danke Dir herzlich."
    Und Sigmar Gabriel revanchierte sich sogleich:
    "Lieber Jean-Marc, meine sehr geehrten Damen und Herren. Jean-Marc, ich will Dir am Anfang ein Versprechen geben: Anfang und Ende meiner nächsten Rede, die ich in Frankreich halte, werde ich versuchen, in Französisch zu sprechen. Das wird vielleicht die größte Herausforderung für mich."
    Beide Minister betonten, der europäische Zusammenhalt sei angesichts der krisenhaften Weltlage mehr denn je unerlässlich. Deutschland und Frankreich würden in Zukunft intensiver als bisher versuchen, zu gemeinsamen Positionen zu kommen und diese auch deutlicher öffentlich zu vertreten: das zu ermöglichen, sollen binationale Expertengruppen zusammengestellt werden.
    Europa komme voran, sobald Frankreich und Deutschland gemeinsam in die gleiche Richtung schauen, sagte Jean-Marc Ayrault und sein "lieber Sigmar" nickte bedächtig dazu. Der "liebe Jean-Marc" wiederum bestätigte nickend den Satz Sigmar Gabriels, wonach Europa immer noch der sicherste und freiheitlichste Wirtschafts- und Kulturraum der Welt sei; das allerdings müsse man den Bürgern offenkundig wieder stärker bewusst machen.
    Im wachsenden Populismus wie in der Flüchtlingskrise sehen beide Politiker die zentralen Herausforderungen – ihnen zu begegnen, müsse Europa deutlich enger zusammenrücken und zu neuer Gemeinsamkeit finden. Zu den zentralen Themen und Aufgaben gehörten auch die innere Sicherheit, der Schutz der europäischen Außengrenzen, der Antiterrorkampf. Einig sei man sich auch in der Frage der Russland-Sanktionen: Solange der Friedensprozess in der Ukraine nicht vorankomme, sollten sie nicht aufgehoben werden.
    Gabriel: "Und natürlich wollen wir die transatlantischen Beziehungen, genau wie Frankreich, nicht einfach aufgeben, im Gegenteil. Und wir wollen auch Möglichkeiten nutzen zur Zusammenarbeit, wir brauchen sozusagen einen neuen Schub, auch für Friedensprozesse in vielen Teilen der Welt, die wir am liebsten mit Amerika und mit anderen voranbringen. Aber am Ende wird es sehr darauf ankommen, dass Europa eine eigene Position hat und dafür war in der Vergangenheit und bleibt in der Zukunft die deutsch-französische Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung."
    Über das jüngste Dekret des US-Präsidenten Trump, wonach die USA zunächst keine Flüchtlinge mehr aufnehmen werden, sagte Jean-Marc Ayrault, es sei "besorgniserregend", und es gäbe ja doch eine "Pflicht", Kriegsflüchtlingen zu helfen:
    "Wir stehen heute vor zahlreichen Herausforderungen, lieber Sigmar. Aus diesem Grunde will ich heute zusichern, dass das diplomatische Handeln unserer beiden Länder keine Pause erleben wird. Wir können es uns nicht erlauben."
    Soviel beschworene Gemeinsamkeit will nun eingelöst werden. Das Versprechen des neuen deutschen Außenministers, sein Französisch aufzupolieren, stieß bei vielen Pariser Journalisten auf Anerkennung, wie überhaupt der Auftritt Sigmar Gabriels überwiegend als "ziemlich sympathisch" empfunden wurde. Zumal er eine kleine Kostprobe der fremden Sprache dann doch noch zum Besten gab: "Merci beaucoup."