Donnerstag, 28. März 2024

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AOK-Krankenhausreport
19.000 Tote durch Behandlungsfehler

Wer ins Krankenhaus hinein geht, kommt nicht immer gesünder wieder heraus: Der Krankenhausreport der AOK schätzt, dass Patienten in jährlich 190.000 Fällen in deutschen Kliniken Opfer von Behandlungsfehlern werden. Dazu zählen falsche Medikamente und mangelnde Hygiene.

21.01.2014
    Nach Angaben der AOK sterben jedes Jahr rund fünfmal so viele Menschen durch Behandlungsfehler wie im Straßenverkehr. Demnach kommt es geschätzt in rund 190.000 Fällen zu Zwischenfällen - für jährlich 19.000 Patienten enden sie tödlich. Die Zahl der unerwünschten, vermeidbaren Behandlungsfehler liegt der Krankenkasse zufolge noch höher: Bis zu 720.000 Mal komme es dazu.
    So könnten Patienten etwa nicht immer auf einen optimalen Ablauf im Operationssaal vertrauen. Auch Hygienemängel, die zum Beispiel Entzündungen von Operationswunden verursachen, seien vermeidbar. Laut dem Bericht wird in einigen Kliniken nicht auf ausreichende Desinfektion der Hände geachtet. Rund vier Prozent der Patienten erkranken demnach an einer Krankenhausinfektion, die häufig tödlich ende.
    Hohe Dunkelziffer
    Insgesamt beanstanden Schätzungen zufolge rund 40.000 Versicherte pro Jahr ihre Behandlung bei Ärztestellen, Kassen oder vor Gericht. Nicht eingerechnet ist die Dunkelziffer, die bei Problemen im Klinikablauf als hoch gilt. Oft böten Krankenhäuser Behandlungen an, obwohl sie vergleichsweise wenig Erfahrung in den jeweiligen Bereichen hätten, so der AOK-Bericht.
    Wer sich operieren lassen muss, sollte daher in ein Krankenhaus gehen, das möglichst viel im jeweiligen Fachgebiet operiert - lautet der Rat. Bei Hüftgelenk-Operationen muss zum Beispiel in dem Fünftel der Kliniken mit den meisten Behandlungen deutlich seltener eine Operation wiederholt werden als in den Kliniken mit den wenigsten Eingriffen.
    Autoren fordern stärkere Nutzung von Fehlerberichtssystemen
    Die Autoren des Krankenhausreports forderten die Krankenhäuser auf, Mitarbeiter stärker zu sensibilisieren und Fehlerberichtssysteme zu nutzen. Dies führe nicht nur zu mehr Patientensicherheit und einem Rückgang teurer Komplikationen, auch Schadenersatzansprüche könnten reduziert werden.
    Die AOK kam zu der Einschätzung, dass die Absicht der Großen Koalition richtig sei, die Bezahlung der Krankenhäuser stärker an der Qualität auszurichten. Union und SPD wollen dazu ein unabhängiges Qualitätsinstitut gründen. Auch bei der Neuordnung der Krankenhauslandschaft müsse die Qualität von Kliniken eine Rolle spielen, bilanzierte die AOK.
    Kliniken und Ärzteschaft wehren sich gegen Vorwürfe
    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wies die Kritik des AOK-Reports zurück. "Nie hatten wir höhere Sicherheitsstandards in den Kliniken", erklärte Hauptgeschäftsführer Georg Baum und warnte vor einer Verunsicherung der Patienten.
    Ärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery räumte ein, dass "Fehler passieren, auch in der Medizin". Behandlungsfehler seien aber nicht per se mit Ärztepfusch gleichzusetzen. "Pfusch ist vorsätzlich, aber Ärzte schädigen Patienten nicht vorsätzlich", betonte Montgomery. Zudem würden Fehler nicht unter den Tisch gekehrt. Die Ärzteschaft gehe das Problem seit Jahren offensiv an. Die Krankenkasse nutze das brisante "Ärztepfusch"-Thema für ihre eigenen Interessen, so der Vorwurf Montgomerys.