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Aquakultur in Ligurien
Kein Unterschied zum offenen Meer

Weltweit wird schon etwa so viel Fisch in Aquakulturen produziert, wie im offenen Meer gefangen wird. Tendenz steigend. Doch vielerorts sind die vollen Käfige eine große Belastung für die Umwelt. Dass es auch anders geht, zeigt eine Fischfarm in Ligurien.

Von Jan-Christoph Kitzler | 18.06.2018
    Aquakultur vor der Küste Liguriens
    Seit dem Jahr 2000 werden vor der Küste Liguriens Fische in einer Aquakultur großgezogen (Deutschlandradio / Jan-Christoph Kitzler)
    Man muss mit dem Boot raus auf's Meer. Wenn Roberto Cò seine Aquakultur zeigen will, dann ist das eine kleine Reise. Im Hafen von Lavagna im südlichen Ligurien geht es los - bis man an die 16 großen Fischkäfige kommt, 20 und 25 Meter im Durchmesser. Drinnen schwimmen Doraden und Seebarsch, man sieht sie hinter den Netzen blitzen. Doch die Fischaufzucht hier draußen ist aufwendig, weil die Anlage Wind und Wellen ausgesetzt ist. Im letzten Winter hatten sie hier Wellen von zwölf Metern, dann müssen die Käfige abgesenkt werden. Roberto Cò erklärt die Technik:
    "Was Du siehst, sind flexible Rohre, die wir brauchen, wenn die Käfige abgesenkt sind. Dann pumpen wir Luft in die Rohre und der Käfig kommt langsam wieder hoch. Wenn wir sie absenken, öffnen wir die Schläuche, die sich mit Wasser füllen - und so sinken sie langsam ab."
    400 Tonnen Fisch pro Jahr
    Zehn, 15 Meter tief im Wasser, wo Wind und Wellen ihnen nichts mehr anhaben können. Dreimal in der Woche kommen Taucher, um die zehn Meter hohen Käfige zu kontrollieren. Die Firma "Aqua" betreibt hier einen ziemlich hohen Aufwand, soviel wird auch dem Laien klar:
    "Wir müssen die Anlage andauernd in Schuss halten. Die Käfige absenken, wenn hohe Wellen kommen und sie wieder hochholen. Das ist sehr aufwendig. Die Arbeiten unter Wasser sind aufwändiger als die eigentliche Aufzucht der Fische. Das ist teuer, aber obwohl unser Fisch immer etwas teurer als anderer war, sind wir mit den Jahren immer weiter gewachsen. 2004 haben wir 40 Tonnen Fisch produziert, jetzt sind wir bei 400 Tonnen im Jahr - eben weil die Leute das zu schätzen wissen."
    Volle Käfige sind Belastung für Umwelt
    Aquakultur ist die Zukunft - ein wichtiger Baustein unserer Ernährung sagen Experten. Schon jetzt wird weltweit in etwa so viel Fisch in solchen Anlagen produziert, wie im offenen Meer gefangen wird. Tendenz steigend. Doch an vielen Orten sind die Käfige voller Fische eine große Belastung für die Umwelt. Die Folge sind ein verschmutztes Meer und auch kranke Fische, die zusätzlich mit Antibiotika behandelt werden müssen, was die Umweltbelastung weiter erhöht. Hier in Lavagna können sie sich das sparen, sagt Roberto Cò. Seit dem Jahr 2000 ziehen sie hier die Fische groß. Weit weg von der Küste, da, wo es Strömung gibt und Wellen.
    "Es geht darum, die Balance zu halten, jeder Ort kann eine gewisse Menge an Nährstoffen aushalten, das kann Futter sein oder die Ausscheidung der Fische. Wenn das überschritten wird, haben wir eine Art von Verunreinigung. In unserem Fall ist die Wasserqualität im Bereich des Käfigs, aber auch am Meeresgrund komplett in Ordnung, es gibt keinen Unterschied zum offenen Meer, denn wir sind hier weg von der Küste, das Meer ist 40 Meter tief. Alles verteilt sich also so gut, dass die Umgebung das aushält."
    Von Fischen in freiem Wasser kaum zu unterscheiden
    Und Studien haben bestätigt: Die Fische, die sie hier aufziehen, sind gesund, von Fischen in freiem Wasser kaum zu unterscheiden. Das heißt auch: guter Geschmack. Zwar ist der technische Aufwand, den sie für die Anlage betreiben, groß, zwar wachsen die Fische langsamer. Bis eine Dorade 400 Gramm auf die Waage bringt, vergehen zwei Jahre. Nahe an der Küste, ohne viele Wellen und Strömung geht es schneller - aber die Qualität ist nicht dieselbe:
    "Ein Fisch, der viel schwimmt, weil er immer der Strömung ausgesetzt ist und wie auf einem Laufband trainiert, hat ein muskulöseres Fleisch. Das ist gut für den Geschmack, denn zu viel Fett ist nicht gut für den Geschmack. Und wenn die Fische in einem abgeschlossenen Bereich ohne viel Austausch aufgezogen werden, dann haben sie auch diesen Geschmack, etwas schlammig. Denn das still stehende Wasser überträgt einen schlechten Geschmack - im Vergleich zum Fisch, der im offenen Meer aufgezogen wird."
    Roberto Cò verkauft seinen Fisch inzwischen nicht nur in Ligurien, sondern auch im Piemont und in der Lombardei. In Zeiten, da das Mittelmeer dramatisch leergefischt ist und die Fischer immer weniger fangen, sind viele seiner Kunden umgeschwenkt. Und er hat den Beweis angetreten, dass Aquakultur, die die Umwelt schont, möglich ist.