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Spezielle Berater unterstützen Flüchtlinge bei der Jobsuche

Damit Flüchtlinge ihren Lebensunterhalt schnell selbst bestreiten können, brauchen sie nicht nur Unterstützung bei der Jobsuche. Deshalb wurden jetzt in vielen Arbeitsagenturen neue Mitarbeiter eingestellt, die Asylsuchenden ohne Deutschkenntnisse auch durch den Dschungel des deutschen Sozial- und Bürokratiesystems helfen.

Von Kai Rüsberg | 19.08.2015
    Immer mehr Unternehmen in Bayern bieten Flüchtlingen Praktika oder einen Ausbildungsplatz an.
    Immer mehr Unternehmen in Bayern bieten Flüchtlingen Praktika oder einen Ausbildungsplatz an. (dpa/picture alliance/Sven Hoppe)
    Das Ruhrgebiet ist bei der Aufnahme von Flüchtlingen ein besonderer Schwerpunkt. Die 32-jährige Reslan Boutayeb kennt viele Probleme der Flüchtlinge ganz genau, die zu ihr in die Beratung kommen. Ihr Vater war selbst Einwanderer und kam in den 1970er-Jahren als Gastarbeiter aus Marokko ins Ruhrgebiet.
    "Deswegen bin ich sensibilisiert, um in einer neuen Heimat etwas aufzubauen."
    Durch ihre Arabischkenntnisse ist sie dabei besonders geeignet, einen ersten und direkten Kontakt zu Menschen aus den moslemisch-geprägten Ländern aufzubauen. Ihre neue Kollegin Ulla Rothe ist eine Generation älter und hat in ihrem langen Berufsleben als Sozialwissenschaftlerin viel praktische Erfahrung in der Beratung von Asylsuchenden gesammelt. Eine eigene Arbeitsstelle sei eines der Grundbedürfnisse der Flüchtlinge.
    "Die Leute, die hier bleiben wollen, die suchen Arbeit. Das ist was Wichtiges. Die Zeit ohne Arbeit war unerträglich. Zum Glück hat sich das Gesetz geändert. Nichts zu tun zu haben, auch nicht Deutsch zu lernen."
    Die beiden Beraterinnen sollen sich ausschließlich um geflüchtete Menschen kümmern, die bislang kaum Erfahrungen mit dem Sozialsystem in Deutschland haben und kein Deutsch können. Bislang haben sich etwa 70 von ihnen arbeitssuchend gemeldet. Und es gibt schon erste Erfolge, sagt die Gruppenleiterin der Arbeitsagentur, Brigitte Fuchs.
    "Wir hatten jetzt einen Afrikaner, mit dem haben wir eine Einzelumschulung im KFZ-Bereich besprochen. Und haben einen Arbeitgeber gefunden. Wir haben die Zugangsvoraussetzung geklärt und er fängt jetzt an."
    Sprachkenntnisse der Mitarbeiter waren wichtig
    Bei der Auswahl der neuen Mitarbeiter standen insbesondere deren Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenzen im Vordergrund. Qualitäten, die in der Agentur fehlen, sagt Sprecherin Anja Greiter.
    "Die bringen selber Migrationshintergrund mit und sprechen verschiedene Sprachen. Das ist wichtig. Wird oft unterschätzt."
    In Bochum hat man Anfang Juli sofort diese zwei neuen Stellen eingerichtet, als die Bundesagentur dafür das Geld freigegeben hat. Zusätzlich stehen kurzfristig Mittel zur Verfügung, um Fortbildungs- und Sprachkurse zu finanzieren.
    Anja Greiter:
    "Insgesamt sind das bundesweit 50 Millionen Euro. Und in Bochum dürfen wir über 300.000 Euro verfügen."
    Unbegleitete Minderjährige sind ein Spezialfall
    Ein besonderes Problem sind Jugendliche, die es ohne Eltern bis Deutschland geschafft haben. Hier setzt die Agentur auf eine gemeinsame Betreuung in einem großen Netzwerk, zusammen mit anderen Behörden und auch Hilfsorganisationen, wie das evangelische Jugendwerk. Dort werden zur Zeit 25 Jugendliche in kleinen Wohngruppen betreut und für eine Ausbildung fit gemacht, berichtet Michael Erz.
    "Das Thema Arbeit spielt eine große Rolle. Die Jugendlichen sind hierhin gekommen, und erhoffen sich eine Chance. Auch ein Leben, mit einer eigenen Existenzgrundlage. Schule lernen und eine Ausbildung ist eines der größten Themen."
    Gesetzesänderung erleichtert Einstieg in die Arbeitswelt
    Durch eine Gesetzesänderung seit Jahresbeginn können die meisten Asylbewerber schon wenige Wochen nach ihrer Ankunft eine reguläre Arbeitsstelle antreten. Wartezeiten oder Arbeitsverbote wurden weitgehend abgeschafft. Insbesondere Fortbildungen und Praktika können schnell angetreten werden. Und das ist für die Neuankömmlinge auch sehr wichtig für ihr Selbstwertgefühl, meint die Leiterin der Arbeitsvermittlung in Bochum, Brigitte Fuchs.
    "Wenn ich mir das vorstelle. Ich komme aus einem Krisengebiet und habe furchtbare Dinge erlebt, komme in ein Lager und habe es zum ersten Mal ruhig, aber jetzt verlange man von mir, dass ich die Strukturen dieses Landes blitzschnell kennenlerne. Mir ist völlig unklar, wie die Leute das für sich bewältigen."
    Um für das kommende Jahr gerüstet zu sein, hat die Arbeitsagentur jetzt die Bundesregierung aufgefordert, zusätzliche Mittel bereit zu stellen. Eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt erspare Kosten für die Betreuung der Flüchtlinge.