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Arbeitsbedingungen
Von Lebensgefahr und Hungerlöhnen

Gewerkschaften aus ganz Europa verlangen von den großen Industrienationen mehr Einsatz bei der Verbesserung der weltweiten Arbeitsbedingungen. Deutschland müsse dabei als eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt eine Führungsrolle übernehmen, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, in Berlin.

Von Stefan Maas | 23.03.2015
    Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB.
    Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    "Überall auf der Welt stießen Gewerkschaften in Lieferketten auf Sklavenarbeit, informelle Beschäftigung, Hungerlöhne und gefährliche Arbeitsbedingungen, sagte Sharan Burrow, die Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes bei einem internationalen Gewerkschaftstreffen heute in Berlin. Um das zu ändern müssten Multinationale Unternehmen von den Regierungen ihrer Heimatländer für Missbräuche in ihren Lieferketten rechtlich belangt werden können.
    "In Deutschland gibt es Regeln, die deutsche Arbeiter schützen. Vor Ausbeutung, vor Hungerlöhnen, vor dem Missbrauch ihrer Rechte. Und die die Sicherheit am Arbeitsplatz garantieren. Diese Regeln sollten für deutsche Unternehmen auch im Ausland die Grundlage sein. Das gilt auch für die anderen G7-Länder."
    Deshalb sei die Politik jetzt am Zug. Burrow begrüßte deshalb, dass Deutschland beschlossen habe, dieses Thema für seine G7-Präsidentschaft auf die Agenda zu setzen, wenn die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen im Juni auf Schloss Elmau zusammenkommen.
    "Das ist in diesem Rahmen niemals zuvor besprochen worden. Wenn die Kanzlerin jetzt sagt, sie als Gastgeberin des Gipfel setzt dieses Thema auf die Tagesordnung, dann zeigt das deutlich, dass erkannt worden ist, dass dieses Wirtschafts-System reformiert werden muss. Ich kann nicht genug betonen wie wichtig es ist."
    Auch andere Länder in den Blick nehmen
    Bundeskanzlerin Merkel sagte, die großen Wirtschaftsnationen profitierten selbst von der Globalisierung, deshalb müssten sie auch die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern in den Blick nehmen. Gute Arbeit sei eine Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Die G7-Staaten könnten dabei Standards setzen. Wenn es etwa um Transparenz innerhalb der Lieferketten gehe – oder bei Beschwerdemöglichkeiten für Arbeitnehmer.
    "Wir brauchen Strukturen, die es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erleichtern, Beschwerde einzulegen. Und ihre Rechte geltend zu machen. Und zwar ohne dass sie Gefahr laufen, dadurch ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Das muss man auch immer im Blick haben."
    Verbindliche Spielregeln schaffen
    Die Politik dürfe bei der Verbesserung der Standards nicht zu stark auf Freiwilligkeit in den Unternehmen setzen, sagte Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
    "Wir haben gelernt, dass auf Basis der Freiwilligkeit einiges, aber eben auch vieles nicht geht. Deshalb brauchen wir verbindliche Spielregeln."
    Die Gewerkschaften fordern unter anderem die Beendigung von Zwangsarbeit in globalen Lieferketten, einen sozialen Basisschutz, mehr Transparenz und Verfolgbarkeit innerhalb der Lieferketten und die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, mit denen multinationale Unternehmen bei Verstößen und Schäden zur Verantwortung gezogen werden können.