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Arbeitskreis Aktienindizes
Die Herrscher über DAX und Co.

Sie können über Unternehmens-Schicksale entscheiden, sind aber in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt: Die Mitglieder des Arbeitskreises Aktienindizes. Sie entscheiden, welche Firmenwerte in welchen Indizes gelistet werden - und damit, welche Aktien zum Beispiel große Fonds kaufen. Heute Abend ist es wieder soweit.

Von Brigitte Scholtes | 03.06.2015
    Ansicht der DAX-Kurve auf der Anzeigetafel der Börse
    Wer darf in den DAX oder MDAX? Für viele Unternehmen eine wichtige Entscheidung. (dpa / Frank Rumpenhorst)
    Alle drei Monate, jeweils am dritten Arbeitstag, trifft sich nämlich der Arbeitskreis Aktienindizes und berät darüber, ob der DAX und seine Geschwister in der DAX-Familie noch richtig zusammengesetzt sind. Das richtet sich nach verschiedenen Kriterien, erklärt Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse der Baader Bank:
    "Es ist entscheidend, dass der Streubesitz so groß ist, dass eine gewisse Umsatzhäufigkeit stattfindet. Und die Marktkapitalisierung muss so sein, dass man in diesen großen Aktienindizes mitmachen kann. Man möchte ja auch, dass große Fondsgesellschaften, Kapitalgesellschaften, diese Aktienindizes kaufen. Und wenn die attraktiv sind vom Inhalt, dann hat man hier gewonnen."
    Wenn etwa im DAX eine Aktie sowohl nach der Marktkapitalisierung, also dem Börsenwert, als auch nach dem Umsatz der frei handelbaren Aktien nicht mehr zu den 30 größten gehört, dann kann sie herausfallen. Der Arbeitskreis Aktienindizes schaut nämlich immer auf alle Indizes, damit bei ungewöhnlichen Entwicklungen die Indizes auch dann angepasst werden können, wenn sie eigentlich nicht an der Reihe sind. Der DAX und seine Geschwister bilden zwar die größten börsennotierten Unternehmen ab, sie sind aber nicht unbedingt ein Spiegel der Volkswirtschaft, erklärt Kapitalmarktexperte Matthias Jörss:
    "Wir haben viele Sektoren, die kaum im Aktienmarkt notiert sind, entweder weil sie weniger kapitalintensiv sind oder weil sie in privaten Händen sind. Und wir haben andere Sektoren, die sehr stark im Aktienmarkt repräsentiert sind, weil sie sehr viel Kapitalbedarf haben, wie zum Beispiel der Finanzsektor."
    "Wenn die Unternehmen aufsteigen sollten, ist das für sie der Sechser im Lotto"
    Besonders in der zweiten und dritten Reihe könnte es heute spannend werden. So könnte dem Online-Modehändler Zalando der Sprung in den MDAX der 50 größten Unternehmen nach dem DAX gelingen, falls der Autozulieferer Bertrandt weichen muss. Der Autozulieferer Hella hätte Chancen auf einen Aufstieg in den MDAX. Das Unternehmen war aber auch erst vor Kurzem in den SDAX aufgenommen worden. In diesen Index der kleineren Werte könnten Tele Columbus und der Druckmaschinenhersteller König & Bauer aufsteigen, vielleicht aber auch Adler Real Estate oder Ferratum, ein Finanztechnologiewert.
    Und im Technologieindex TecDAX könnte das Schweizer Biotech-Unternehmen BB Biotech durch den Netzwerkspezialisten Adva Optical ersetzt werden. Die Deutsche Börse hat aber einen Ermessensspielraum bei der Indexzusammensetzung. Für die Manager der betroffenen Unternehmen ist ein Aufstieg aber von großer Bedeutung, erklärt Kapitalmarktexperte Halver:
    "Wenn die Unternehmen aufsteigen sollten, ist das für sie der Sechser im Lotto, weil dann die großen Fondsgesellschaften, die einen Index abbilden wollen, an dieser Aktie nicht vorbeikommen. Umgekehrt, wenn man nicht mehr in dieser Champions League der Aktienindizes ist, dann ist man weniger attraktiv, auch vom Börsenwert und von der Attraktivität von Kapitalanlagegesellschaften, die dann eher mal sagen, wir lassen den Wert links liegen."
    Bekannt gegeben werden die Gewinner und Verlierer erst heute Abend um 22 Uhr.