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Arbeitsschutz
Kranke Haut durch Epoxidharz

Laien unterschätzen oft die Risiken von Epoxidharzen. Beim unsachgemäßen Umgang mit den Beschichtungen drohen schwere Allergien. Fachleute raten deshalb zur richtigen Schutzausrüstung. Und oft kann man auf Epoxidharze gleich ganz verzichten.

Von Ralph Ahrens | 07.07.2015
    Eine Hand mit Gummihandschuh hält eine rote Stange
    Eine Hand mit Gummihandschuh hält eine rote Stange (imago / Westend61)
    Eine Tiefgarage in Koblenz am Rhein. Vier Bauarbeiter der Essener Firma Massenberg versiegeln den Boden mit Epoxidharz.
    "Wir sind jetzt in den abschließenden Zügen in den Sanierungsarbeiten hier mit der Bodenbeschichtung in der Tiefgarage zugange", erklärt Baustellenleiter Thomas Moormann. "Ganz in erster Linie ist es im Parkhaus der Schutz vor eindringenden Salzen, Tausalzen, die gerade in der schlechten Jahreszeit in das Parkhaus eingefahren werden."
    Ein Arbeiter vermischt mit einem Rührwerk die beiden flüssigen Epoxidharzkomponenten: den Harz und den Härter.
    Er trägt eine Schutzbrille, einen Einwegarbeitsanzug und spezielle Handschuhe, die ihn vor Spritzern schützen. Das ist richtig so, meint Reinhold Rühl von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft. Ausgehärtetes Epoxidharz ist zwar harmlos, doch einzelne Chemikalien der beiden Bestandteile - des Harzes und des Härters - können Allergien auslösen.
    "Durch den Hautkontakt mit dem Epoxidharz entstehen Pusteln, Rötungen. Das nässt. Und diese Allergie wird man dann nicht mehr los. Das heißt, sobald man dann wieder mit Epoxidharzen umgeht, bricht das wieder aus."
    300 neue Fälle von Berufsallergien pro Jahr
    So erkennen Berufsgenossenschaften jährlich bis zu 300 neue Fälle von Allergien gegen eine der Epoxidharzkomponenten an. Doch das sei nur die Spitze des Eisbergs, meint Reinhold Rühl.
    "Allerdings wissen wir, dass es sehr viel mehr sind. Weil oft geht man gerade am Anfang eines Jobs etwas unsauber damit um und bekommt eine Allergie. Und sie hören mit dem Job auf, sie wechseln. Und vielfach wird dann gar nicht an die Berufsgenossenschaft gemeldet, dass es eine beruflich erworbene Erkrankung ist."
    Eine aktuelle Umfrage der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft und des niederländischen Wissens- und Dienstleistungsinstituts für Bauwesen zeigt, solche Allergien treten bei Mitarbeitern mancher Baufirmen öfter auf als bei anderen.
    "Ja, erklären kann man das, dass es meistens die Betriebe sind, die mal mit Epoxidharzen arbeiten, also auch die technische Anwendung nicht richtig kennen. Die Folge sind oft technische Fehler also beim Mischverhältnis beispielsweise. Und man kann sich dann vorstellen, dass die Firmen natürlich auch nicht über die besten Handschuhe verfügen."
    Risiko bei Privatleuten noch größer
    Doch am häufigsten leiden Privatleute unter solchen Allergien, ergänzt Reinhold Rühl. Bei bis zu 200.000 Deutschen rötet sich die Haut oder bilden sich Pusteln, kommen diese mit Komponenten von Epoxidharzen in Berührung. Das schätzt der Informationsverbund Dermatologischer Kliniken mit Sitz in Göttingen. Solche Allergien können etwa entstehen, wenn Löcher in Wänden oder in Wasserrohren mit Knetmassen aus Epoxidharz gestopft werden. Denn selbst namhafte Hersteller weisen nicht vernünftig darauf hin, dass hierfür besondere Handschuhe zu verwenden sind.
    "Sowohl auf der Verpackung manchmal, als auch vor allem in Internet kann man Bilder sehen, zum Teil Anleitungsvideos, wie diese Knetmassen ohne Handschuh verarbeitet werden. Wenn man dann mühsam Sicherheitsdatenblätter im Internet sucht und findet, sagt der Hersteller, man soll Handschuhe einsetzen."
    Nicht jeder Handschuh schützt
    Und: Nicht jeder Handschuh schützt die Haut vor aggressiven Komponenten des Epoxidharzes. Es brauche spezielle Schutzhandschuhe, so Reinhold Rühl:
    "So eine Knetmasse kostet vielleicht drei bis fünf Euro - und Handschuhe kosten 20 Euro. Und das macht niemand."
    Die Berufsgenossenschaft für Bauwirtschaft hat zwar eine Empfehlungsliste erstellt, mit welchen Handschuhen sich Handwerker und Privatleute schützen können. Doch eigentlich hat sie eine klare Forderung:
    "Grundsätzlich sind wir der Meinung, Epoxidharze gehören in die Hände von Fachleuten - und dazu gehört der normale Privatmann nicht."
    Die Politik sollte also nur Fachleuten erlauben, mit diesen Harzen zu arbeiten, verlangt Reinhold Rühl. Und im Haushalt lasse sich durchaus auf Epoxidharze verzichten. Ein Beispiel:
    "Dass manche Hersteller in ihrer Werbung angeben, Löcher im Putz in der Wand mit Epoxidharzen abzudichten, ist - ja, Entschuldigung - eigentlich pervers. Das kann man weiterhin mit Gips machen. Das ist überhaupt kein Problem."