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Arbeitsstatistik
Zwischen überlangen Arbeitszeiten und Zeitverträgen

Frauen arbeiten häufiger als Männer in Berufen, die eine hohe Qualifikation voraussetzen. Und dennoch: Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen liegt rund ein Fünftel niedriger als der der Männer. Auch die Qualität der Arbeit spielte in einem jetzt vorgestellten Bericht des Statistischen Bundesamtes eine wichtige Rolle.

Von Dieter Nürnberger | 06.09.2017
    Drei Männer eine Frau - im Hamburger Hafen wächst der Anteil der beschäftigten Frauen - aber langsam.
    Das Verhältnis von Frauen- und Männeranteil hängt stark vom Berufszweig ab. (imago stock&people)
    Allein von der Quantität her gibt es einen Rekord zu vermelden. Denn im Juli waren mehr als 44 Millionen Personen erwerbstätig, die Fortsetzung eines Trends, der seit über zehn Jahren anhält. Bei Frauen stieg die Erwerbstätigenquote überdurchschnittlich an, von gut 60 Prozent 2006 auf nun rund 70 Prozent.
    Die Qualität der Arbeit misst das Statistische Bundesamt anhand weicher Faktoren - hier geht es beispielsweise um Arbeitszeitregelungen und eine subjektiv empfundene Arbeitsbelastung. Im vergangenen Jahr lag die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei 35,1 Stunden, damit liegt Deutschland unter dem europäischen Durchschnitt von 37 Stunden. Allerdings fällt auf, dass die Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten seit Jahren zurückgeht, obwohl sich deren Anteil am Arbeitsmarkt seit 1991 verdoppelt hat. Heute arbeiten 28 Prozent Teilzeit.
    Die Arbeitszeit der Vollbeschäftigten hat sich hingegen nicht groß verändert - sie liegt weiterhin bei 41 Stunden - und 11 Prozent dieser Gruppe kommt sogar auf mehr als 48 Stunden, sagt Georg Thiel, der Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes:
    "Bei Führungskräften und vor allem Selbstständigen ist dieses überlange Arbeiten fast der Normalzustand."
    Der Befund der Statistiker ist eindeutig: Zu kurze Arbeitszeiten führen zu Gehaltseinbußen, zu lange Arbeitszeiten können hingegen belastend sein, weil nicht genügend Zeit für Privatleben und Familie bleibt.
    Befristete Verträge weiter auf dem Vormarsch
    Seit rund 15 Jahren steigen zudem befristete Beschäftigungsverhältnisse an. Bei den über 25-Jährigen liegt die Quote nunmehr bei 8,5 Prozent. Die "Rheinische Post" meldet, dass inzwischen 45 Prozent der neu eingestellten Beschäftigten nur einen befristeten Vertrag erhält. Das Bundesamt für Statistik präzisiert: Überdurchschnittlich hoch betroffen von befristeten Verträgen sind Akademiker, aber auch viele Hilfsarbeitskräfte, sagt Frank Schüller, Referatsleiter Arbeitsmarkt beim Bundesamt:
    "Bei sehr kurzen Befristungsdauern bedeutet ein solches Arbeitsverhältnis aber, dass die berufliche und persönliche Lebensplanung deutlich erschwert wird. Erwartungsgemäß ist ein relativ großer Anteil der Erwerbstätigen unfreiwillig befristet beschäftigt. Das heißt: Diese Personen waren auf der Suche nach einer Festanstellung, haben eine solche aber nicht gefunden."
    Frauen verdienen immer noch weniger
    Und ein weiteres Problem und ein Grund für hohe Unzufriedenheit bleibt konstant - der durchschnittliche Bruttostundenverdient von Frauen liegt rund ein Fünftel niedriger als der der Männer. Obwohl beispielsweise inzwischen mehr Frauen als Männer in Berufen mit hoher Qualifikation arbeiten. Frank Schüller:
    "Das führen wir auf den relativ hohen Frauenanteil bei Berufen wie beispielsweise dem Lehrerberuf oder der medizinischen und technischen Assistenz zurück. Demgegenüber waren sechs Prozent der Männer in Führungspositionen tätig - und damit ein höherer Anteil bei den Frauen mit drei Prozent."
    Und noch ein Aspekt lässt aufhorchen: Die Zahl der Krankmeldungen steigt wieder an. Erstmals seit 2002 wieder auf durchschnittlich zehn Tage pro Beschäftigten und Jahr. Die Gründe dafür seien aber nicht eindeutig zuzuordnen, so das Bundesamt für Statistik.