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Archäologie digital

In der Archäologie wird schon längst nicht mehr nur in der Erde gebuddelt. Computer sind in der "Kunde von alten Dingen" nicht mehr wegzudenken. Die Forscher der Uni Köln haben für ihre Arachne-Datenbank jetzt einen "Google European Digital Humanities Award" bekommen.

Von Kerstin Ruskowski | 08.02.2011
    Arachne – das ist griechisch und bedeutet Spinne. In der griechischen Mythologie war Arachne eine talentierte Weberin. Doch dann behauptete sie, besser weben zu können als die Göttin Athene. Es kam zum Wettstreit. Und Arachne behielt recht - Athene aber war so sauer über ihre Niederlage, dass sie Arachne in eine Spinne verwandelte.

    Die Kunst des Vernetzens hat Arachne auch zur Namenspatin der webbasierten archäologischen Objektdatenbank der Uni Köln gemacht. Diese greift vor allem auf die Bestände des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin zurück und macht Skulpturen, Abgüsse von Skulpturen, Stadtpläne oder Denkmäler digital am Computer zugänglich.

    Bislang umfasst Arachne mehr als 250.000 Einträge mit etwa einer Million Bildern. Professor Reinhard Förtsch ist der Leiter des Projekts:

    "Dieses Weben und das Netzparadigma, das ist natürlich das eine, aber auch durchaus der Konflikt mit den Göttern. Der Konflikt mit den Göttern, die eigentlich in digitalen Methoden bloß einen kulturellen Abstieg sehen."

    Mit den letztgenannten Göttern meint Förtsch die Götter des Fachs, sprich die altgedienten und oftmals konservativen Archäologen. Zwar trifft das Bild vom Archäologen auf der Grabungsstätte mit dem Pinsel in der Hand heute auch noch zu, sagt Förtsch, aber das schließe den Computer ja nicht per se aus. Warum sollte man die Vorzüge des digitalen Zeitalters nicht auch für ein solch traditionelles Fach wie die Archäologie nutzen? Schließlich hätten sich ja auch die Studienbedingungen verändert. Zu Förtschs Studienzeiten in den 80er-Jahren war es normal, ein bis zwei Jahre in Athen oder Rom zu verbringen, um anhand der Originalobjekte zu lernen. In Zeiten von Bachelor- und Masterstudiengängen ist so etwas schier unmöglich geworden, sagt er. Eine digitale Datenbank wie Arachne, die jederzeit öffentlich zugänglich ist, ist besonders für Archäologie-Studierende ein Gewinn.

    "Deswegen ist das sehr, sehr wichtig, dass man allen einen Zugriff erlaubt auf Bilder von diesen Skulpturen. Weil man ja nicht zu jeder Zeit in diesem Museum sein kann und die Skulpturen live sehen kann","

    sagt Steffi Steidle, die Klassische Archäologie noch auf Magister studiert und selbst schon die Gelegenheit hatte, an Grabungen in Italien teilzunehmen. Sie ist eine von insgesamt 18 studentischen Mitarbeitern am Arachne-Projekt.
    Ein anderer ist Rasmus Krempel. Er studiert Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung und kümmert sich schon seit mehreren Jahren um die Programmierung der Arachne-Datenbank.

    ""Schauen wir uns doch einfach mal die Einzelobjekte an. Dann sieht man hier ne ganze Menge Bilder, da kann man drüberfahren mit der Maus, da werden die an der rechten Seite des Bildes auch nochmal groß dargestellt mit noch ein paar Daten dabei. Und wenn man dann einen Datensatz anklickt, dann bekommt man sozusagen eine Liste von Bildern an der linken Seite – da hat man dann erstmal nen Überblick. Die kann man aber auch anklicken, dann werden die größer dargestellt."

    Rasmus Krempel und seine Kollegen entwickeln Arachne ständig weiter: Sie sorgen beispielsweise dafür, dass die Einzelobjekte in einen Kontext gestellt werden.
    An einer übergreifenden Vernetzung im Internet ist auch der Internet-Konzern Google interessiert. Deshalb hat er Reinhard Förtsch und seinem Team kürzlich einen von insgesamt zwölf Forschungspreisen verliehen – dotiert mit jeweils 50.000 US-Dollar. Doch wie der Name schon sagt: Das Geld ist an ein Forschungsprojekt gebunden und muss innerhalb eines Jahres ausgegeben werden. Für eine Projekt, das letztlich Googles eigenen Internetprojekten zugute kommt: Reinhard Förtsch und sein Arachne-Team sollen eine Möglichkeit finden, wie man Computern sozusagen Intelligenz anerziehen kann. Sie sollen ein Programm entwickeln, das es erleichtert, sinnvolle Verknüpfungen zwischen verschiedenen Internetseiten herzustellen – beispielsweise für einen Ortsnamen zwischen den Datenbanken Google Books und flickr.

    "Auf diese Weise wird eine Verbindung erzeugt, die auf beiden Seiten was erklärt: Also, in Google Books steht dieser Name von diesem Ort – und möglicherweise auch um diesen Namen herum irgendwas über diesen Ort – und bei flickr steht der Name dieses Ortes auch und dieses Verfahren, das die da verwenden, führt dazu, dass der Ort, der intellektuell vielleicht erklärt wird, in dem Buch eine Abbildung erhält und dass diese Abbildung, die nur den Ortsnamen hat, mit dieser intellektuellen Erklärung in Google Books verbunden wird."

    Doch dabei stellen sich so manche Probleme. Ein Beispiel: In der Antike gab es mehrere Orte namens "Alexandria". Taucht dieses Wort in Google Books auf, so müsste der Computer in der Lage sein, das jeweils richtige Alexandria entsprechenden weiterführenden Informationen zuzuordnen.

    Der Nutzen liegt auf der Hand: Wenn es den Wissenschaftlern der Uni Köln gelingt, ein solches automatisches Validierungstool zu entwickeln, könnten Verlinkungen massenweise erzeugt werden – und zwar ohne dass ein Mensch sie überprüfen müsste. Das übernähme dann der Computer.