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Hauptstadtfinanzierungsvertrag unterzeichnet
Millionen für Berlins Kultur

Berlin genießt durch seine hauptstadtbedingten Aufgaben eine Sonderstellung in Deutschland, deshalb engagiert sich auch der Bund hier auf besondere Weise. Nun steht fest, was er künftig wofür zahlt.

Von Christiane Habermalz | 08.05.2017
    Das Jüdische Museum in Berlin
    Wird maßgeblich vom Bund finanziert: Das Jüdische Museum. (picture alliance/dpa/Rainer Jensen)
    Jeweils vier Unterschriften auf Verträgen in vierfacher Ausfertigung – im Kulturföderalismus dauert es seine Zeit, bis ein Vertrag unterschrieben ist. Am Tisch sitzen alle politischen Akteure, die an den langwierigen Verhandlungen beteiligt waren: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Kulturstaatsministerin Monika Grütters, beide CDU, und für das Land Berlin der Regierende Bürgermeister Michael Müller, SPD, und sein Kultursenator Klaus Lederer von der Linkspartei.
    Danach das Pressefoto im Blitzlichtgewitter, das alles im Matthias-Erzberger-Saal des Bundesfinanzministeriums, feinste Nazi-Architektur, einst residierte hier Reichsluftfahrtminister Hermann Göring. Heute wurde hier der Hauptstadtfinanzierungsvertrag unterzeichnet, mit dem alle zehn Jahre neu geregelt wird, in welchem Umfang der Bund der Stadt Berlin bei der Ausübung ihrer hauptstadtbedingten Aufgaben finanziell unter die Arme greift – darunter auch bei Erhalt und Finanzierung der wichtigsten Kultureinrichtungen, sofern sie über die Grenzen Berlins hinaus von Bedeutung sind.
    Berlin kann sich über jährlich 25 Millionen Euro mehr vom Bund freuen
    "Dass von sieben Besucherinnen und Besuchern, die Berlin ansteuern fünf wegen der Kultur kommen, macht den Stellenwert der Kultur in unserer Stadt und für die Ausstrahlung der Stadt deutlich. Und natürlich sind wir sehr sehr dankbar, dass der Bund sich der Verantwortung für die Hauptstadtkultur hier erneut versichert und uns diese erneute Unterstützung gibt", sagt der Linken-Politiker Lederer, und: "Berlin ist zwar nicht mehr ganz so arm, aber doch immer noch sehr arm, das ist nicht so dass wir aus dem Vollen schöpfen können."
    Die arme Bundeshauptstadt kann sich über jährlich 25 Millionen Euro mehr vom Bund freuen - zusätzlich zu den 600 Millionen, die ohnehin schon aus Grütters Schatulle in die Berliner Kultur fließen, das ist über die Hälfte ihres Etats. Zum Vergleich: Berlin selbst gibt 500 Millionen im Jahr für seine Kultur aus.
    Schon jetzt werden zahlreiche Einrichtungen maßgeblich vom Bund finanziert: Vom Jüdischen Museum und dem Deutschen Historischen Museum über die Berliner Festspiele mit dem Gropiusbau, der Berlinale und dem Haus der Kulturen der Welt bis hin zur Akademie der Künste und der Stiftung Deutsche Kinemathek. Künftig werden noch die Barenboim-Said-Akademie, das Humboldtforum und das geplante Museum der Moderne dazukommen. Ab 2018 nun werden die Berliner Philharmoniker künftig ein Drittel ihres Jahresetats vom Bund bekommen, etwa 7,5 Millionen Euro. Und auch bei der Opernstiftung steigt Monika Grütters mit ein. Die drei Berliner Opernhäuser erhalten dann zehn Millionen Euro im Jahr aus der Bundesschatulle.
    Der Hauptstadtkulturfonds wird um ein Drittel aufgestockt
    "Bisher hat der Bund vor allem Museen und Gedenkstätten unterstützt aus gutem Grund, jetzt ist einmal die Musik dran. Denn in der Tat ist es ja so, dass Berlin auch als kulturelles Musikzentrum weltweit wirkt, mit seinen vielen Orchestern, mit drei Opernhäusern, und auch mit einem Weltklasseorchester, den Berliner Philharmonikern."
    Die freie Kulturszene kann sich ebenfalls freuen. Ab 2018 wird der Hauptstadtkulturfonds, aus dem zahlreiche freie Kulturprojekte gefördert werden, noch einmal um ein Drittel aufgestockt – auf dann 15 Millionen Euro. Grütters lagen die Philharmonie und die Berliner Opern am Herzen, seit sie als CDU-Abgeordnete in Berlin vor Jahren den Opernstreit miterleben musste, bei dem die Stadt ihre drei Opern unter Finanzierungsvorbehalt stellte. Gerne hätte sie die Musiker komplett übernommen – doch ganz wollten die Berliner ihre Kulturhoheit doch nicht abgeben und auch Schäuble stellte sich quer. Nun werden Bund und Land Berlin gemeinsam das Sagen haben – eine Mischfinanzierung, wie sie schon in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz oft die Dinge erschwert. Vielleicht ist das umgekehrt auch ein Grund, warum Grütters Berlin seinen 25-prozentigen Kostenanteil am Humboldtforum erlässt. Viele Köche verderben nicht immer den Brei – aber das Kochen wird anstrengend.