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Aromaforschung für Obst und Gemüse

Wer sich mit der Aromaforschung beschäftigt, der muss viel von Chemie verstehen. Denn neben Zucker, Säuren und Bitterstoffen sind auch Ester, Alkohole und Terpene für den Geschmack und den Geruch von Obst und Gemüse zuständig. Vor allem diese flüchtigen Substanzen interessieren die Wissenschaftler in Quedlinburg. Dort, bei der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen, arbeitet Professor Hartwig Schulz. Erste Ergebnisse haben seine Forschungen bereits gebracht:

Von Sigrid Müller | 15.04.2003
    Man unterscheidet heute drei verschiedene Aromatypen. Bei der 1. Gruppe wird der für die Frucht typische Aromaeindruck durch eine komplexe Mischung verschiedener Aromastoffe verursacht. Das ist bei den Erdbeeren der Fall. Das Aromaprofil setzt sich hier aus einer Vielzahl von chemischen Komponenten zusammen. Dann gibt es eine Gruppe, zu der Tomaten, Äpfel und Pfirsiche zählen, da sind nur einige wenige Komponenten bestimmend und dann gibt es bestimmte Arten wie Knoblauch, Birnen und Himbeeren, wo nur einzelne Aromastoffe für das gesamte Aroma verantwortlich sind.

    Diese Aromastoffe aufzuspüren ist nicht einfach, denn sie sind meist nur in Mikromengen vorhanden. Moderne Analytik mit dem Gas-Chromatographen hilft hier weiter. Die Aromaextrakte werden in diesem Gerät verdampft und in ihre einzelnen Strukturen zerlegt. Und dann kommt die menschliche Nase zum Einsatz:

    Hier werden die aufgetrennten Aromakomponenten zu einem sogenannten "Sniffing Port" geleitet und hier registriert eine entsprechend geschulte Testperson die Geruchseindrücke. Es ist so, dass die Testperson, wenn der Geruch ankommt, eine Taste drückt, gleichzeitig auch den sensorischen Eindruck, der wahrgenommen wird, bestimmt, das kann fruchtig, nussig, brenzlig oder käsig sein. Die Technik gibt da zwar eine gewisse Objektivität, aber es ist natürlich wichtig, dass der subjektive Eindruck der menschlichen Nase hier mit ins Spiel kommt.

    Auf diese Weise können die Wissenschaftler zum Beispiel auch herausfinden, in welchem Reifestadium Obst gepflückt werden muss, um noch den vollen Geschmack zu entwickeln. Doch nicht nur den richtigen Erntezeitpunkt versuchen die Forscher zu ermitteln, sie kreieren auch neue Obst- und Gemüsesorten. Dabei kommt es ihnen nicht wie früher nur auf das gute Aussehen und die Resistenz gegen Schädlinge an, der Geschmack muss ebenfalls stimmen. Und da ist in der Obstzucht das Aroma der alten Land-und Wildsorten besonders interessant. In Quedlinburg hat man das bereits ausprobiert:

    Zum Beispiel die Sorte "Mieze Schindler", enthält Komponenten, wie man sie aus der Walderdbeere kennt. Und hier sind also Kreuzungen gemacht worden, die zu neueren Erdbeersorten mit verbessertem Aroma geführt haben.

    Drei neue Erdbeersorten hat die Quedlinburger Forschungsanstalt mittlerweile offiziell beim Bundessortenamt angemeldet. Nächstes Jahr werden die ersten aromatischen Früchte mit dem vielversprechenden Namen "Fraroma" auf den Markt kommen. Weiter sind die Wissenschaftler bei den Äpfeln. Zusammen mit der Bundesanstalt für Obstzüchtung in Dresden wird auch hier an neuen Sorten gearbeitet. Die Kooperation war erfolgreich: mehrere neue Sorten sind in Sachsen inzwischen im Praxistest und werden regional vermarktet. Der Vorteil dieser Äpfel: sie schmecken gut, sind robust und brauchen beim Anbau weniger Pestizide.

    Kontakt:

    Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen 06484 Quedlinburg Neuer Weg 22 Tel: 03946 / 47-201