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Artenschutz in Brandenburg
Rettung der Froschkonzerte

Ob Teichfrösche, Seefrösche oder Wasserfrösche: In Deutschland sind Froschkonzerte seltener geworden. Mehr als die Hälfte aller heimischen Amphibien stehen bereits auf der Roten Liste gefährdeter Arten, industrielle Landwirtschaft zerstört ihre Lebensräume. Überlebenschancen bieten meist nur noch Schutzgebiete.

Von Daniela Siebert | 18.05.2015
    Ein grüner Teichfrosch sitzt in Petershagen unter dem ausladenden Blatt einer Seerose.
    Teichfrösche und ihre Artgenossen finden kaum noch passende Lebensräume - Schuld daran ist der Mensch. (picture alliance / dpa / Boris Roessler )
    Froschkonzerte wie diese sind selten geworden in Deutschland. Denn die Teichfrösche, Seefrösche oder Wasserfrösche, die hier im Biotop überall zu hören sind und ihre anderen quakenden Artgenossen finden kaum noch passende Lebensräume, erklärt Norbert Schneeweiß:
    "Hauptgrund ist sicherlich die industrielle Landwirtschaft, mit sehr viel Chemie, mit großen Maschinen im Einsatz, die Zerschneidung der Landschaft, mit vielen Straßen, viel Straßenverkehr und die Entwässerung der Lebensräume, das sind meistens Kleingewässer oder naturnahe Moore mit flachen Überflutungen, die man heutzutage in unserer Landschaft nicht mehr findet und damit gehen die Reproduktionsstätten verloren."
    "Landschaft in den Würgegriff genommen"
    Im Naturschutzgebiet im Rhinluch ist das anders. Mit Gummistiefeln und Feldstecher ausgestattet zeigt mir der Biologe und Leiter der Linumer Naturschutzstation das Revier. Hier sind gleich mehrere Teiche allein für die Tiere da. Im Schilf ringsum finden sie ausreichend Verstecke. An den Ufern rauschen Laubbäume sanft im Wind und auch seltene Vögel wie die Große Rohrdommel haben sich auf dem 240 Hektar großen Areal niedergelassen. Die Frösche sind hier eigentlich schon lange zuhause, erklärt Norbert Schneeweiß:
    "Die sind seit der letzten Eiszeit hier heimisch, viele dieser Arten waren auch vor der letzten Eiszeit schon hier, durch die Eiszeit sind sie vertrieben worden, dann vor 10.000 bis 12.000 Jahren sind sie wieder eingewandert, die haben sich dann wunderbar gehalten in riesigen Populationen, bis wir Menschen vor etwa 100 bis 200 Jahren diese Landschaft in den Würgegriff genommen haben."
    Überlebenschancen für seltene Arten im Schutzgebiet
    Doch viele Frösche und Unken sind heute drastisch reduziert, so der Naturschützer. 60 Prozent aller heimischen Amphibien stünden in Deutschland mittlerweile auf der Roten Liste. Umso wichtiger ist das Gequake gerade jetzt. Übrigens rufen nur die Männchen, erläutert der Fachmann am Ausguck einer Beobachtungshütte:
    "In erster Linie, um Geschlechtspartner anzulocken, also Rufe werden vor allen Dingen zur Paarungszeit geäußert, aber hier bei den Wasserfröschen hat man den Eindruck, die rufen auch also einfach auch aus Lebensfreude."
    Das zarte "U", das man hier hört, kommt von Rotbauchunken. Noch so eine bedrohte Art, die hier eine Zuflucht gefunden hat. Rotbauchunken mögen niedriges, warmes Wasser - ohne Fische. Daher wurden einige Teiche speziell für ihre Bedürfnisse hergerichtet. Auch andere seltene Arten haben im Schutzgebiet noch eine Überlebenschance. Wer sie nicht kennt, würde sie gar nicht vermissen, doch sie würden eine Lücke reißen, wenn sie aussterben, betont Tierschützer Norbert Schneeweiß:
    "Alle anderen Arten, die in der Nahrungskette angewiesen sind auf diese Amphibien, Grasfrosch, Moorfrosch, Wasserfrosch, sind dann in der Nahrungskette eben auch benachteiligt und wir haben Rückgänge zu verzeichnen bei vielen Vogelarten, die eben gerne Amphibien fressen."
    "In der Natur wird keine Art wirklich ausgerottet"
    So gesehen sind quakende Frösche der Klang intakter Natur. Wenn die Männchen Erfolg haben, wird schon bald zahlreicher Nachwuchs aus dem Laich schlüpfen. Doch selbst wenn sie der Landschaftsmodulation und den Agrochemikalien der Menschen bis dahin trotzen konnten, dann bleiben noch die klassischen Lebensbedrohungen übrig. Fressfeinde wie Reiher, Störche, Rallen, Marder, Schlangen und neuerdings auch Waschbären. Halb so schlimm, findet Norbert Schneeweiß:
    "In der Natur wird keine Art die andere wirklich ausrotten, weil das miteinander letztlich im Gleichgewicht steht oder einer wechselnden Dynamik, also wir müssen auf das eine oder andere natürlicherweise nicht verzichten."