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Ärzte-Studie
Patienten warten kürzer als gedacht

Damit Patienten nicht monatelang auf einen Termin beim Facharzt warten müssen, will Gesundheitsminister Hermann Gröhe sogenannte Terminservicestellen einrichten, um freie Termine besser zu koordinieren. Nun versucht die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit einer neuen Studie zu beweisen, dass der Vorschlag unnötig ist.

Von Stefan Maas | 28.08.2015
    Patienten im Wartezimmer eines Arztes
    Patienten im Wartezimmer eines Arztes (dpa / picture alliance / Klaus Rose)
    Langes Warten auf einen Arzttermin - nach Darstellung der niedergelassenen Ärzte erachtet das nur jeder zehnte Patient als Problem. Das sagte Andreas Gassen, der Vorstandsvorsitzende der kassenärztlichen Bundesvereinigung bei der Vorstellung der von der KBV in Auftrag gegebenen Versichertenbefragung 2015. Und auch nur etwa jeder Zehnte habe länger als drei Wochen auf einen Termin warten müssen. Fast zwei Drittel der über 6000 telefonisch Befragten hatten angegeben, sie hätten innerhalb von drei Tagen einen Termin beim Hausarzt bekommen. Auch bei den Fachärzten sehe die Situation recht gut aus, sagte Gassen:
    "Rund fünfzig Prozent der Facharztpatienten erhalten innerhalb einer Woche einen Termin bei ihrem Arzt. Bei ihrem Arzt ist an der Stelle wichtig. Beim Wunscharzt."
    Die freie Arztwahl sei für die Patienten ein hohes Gut und angesichts der meist relativ geringen Wartezeiten gebe es keine Notwendigkeit die sogenannten Terminservicestellen einzurichten, wie sie eine Reform von Gesundheitsminister Hermann Gröhe vorsieht, schlussfolgerte Gassen. Mit der Reform und den zentralen Servicestellen will der Minister erreichen, dass Patienten innerhalb von vier Wochen einen Termin beim Facharzt bekommen. Dann allerdings können die Patienten ihren Facharzt nicht mehr wählen.
    "Im Wesentlichen, das muss man auch herausstellen, sind längere Wartezeiten bei nichtakuten Zuständen der Fall. Und man muss auch sich die Frage stellen, ob eine Kontrolluntersuchung, die einmal im Jahr erfolgen muss, nicht auch eine Wartezeit von mehr drei bis vier Wochen verträgt. Was mir viel mehr Sorge machen würde, und das müssen wir sicherlich kritisch beäugen, inwieweit Akutfälle lange warten müssen. Das wollen wir nicht, das ist meines Erachtens bis auf wenige Ausnahmefälle nicht der Fall, das muss auch so bleiben."
    Ärzte wollen zusätzliche Bürokratie vermeiden
    Unterschiede bei der Wartezeit gibt es nach wie vor zwischen den verschiedenen Facharztgruppen, Ost und West und privat und gesetzlich Versicherten. Termine beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder beim Chirurgen gibt es schneller als Termine beim Frauen- oder Hautarzt. Kurze Wartezeiten sind in Westdeutschland häufiger als in Ostdeutschland, dort warten Patienten häufig länger als drei Wochen auf einen Facharzttermin. Und auch wenn die Unterschiede in den vergangenen Jahren abgenommen haben, bekommen Privatversicherte noch immer schneller Arzttermine als gesetzlich Versicherte. Allerdings müssen auch sie mittlerweile länger auf Termine warten als früher. Die Befragung hat auch gezeigt, dass vor allem kommunikationsstarke Menschen, die sich im Gesundheitssystem zurechtfinden, seltener Probleme haben, einen Termin zu bekommen.
    "Und die, die das nicht so gut können, die also eher auf Hilfe angewiesen sind, haben dann das Nachsehen. Das sind nach unseren Untersuchungen im Wesentlichen chronisch Kranke und Menschen mit geringerem Bildungsgrad. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass wir Ärzte diese Patienten auch unterstützen müssen, in geeigneter Frist einen Facharzttermin zu erhalten."
    Damit Ärzte und Zahnärzte weniger Zeit mit Bürokratie verbringen müssen und dadurch mehr Zeit für ihre Patienten haben, hat der Nationale Normenkontrollrat, ein beim Kanzleramt angesiedeltes unabhängiges Beratungsgremium, gemeinsam mit anderen Akteuren des Gesundheitssystems gleich mehrere Vorschläge gemacht, um ein Zuviel an Bürokratie abzubauen. Ein besserer Einsatz von IT könne dazu genauso beitragen wie eine Vereinheitlichung von Formularen oder der Verzicht auf Abzeichungspflichten bei Routinevorgängen. Auch solle schon stärker bei der Erarbeitung neuer Regeln mitgedacht werden, wie viel bürokratischen Aufwand sie erforderten. Die Untersuchung der Bürokratiekosten hatte ergeben, dass diese sich in Arzt- und Zahnarztpraxen auf über vier Milliarden Euro im Jahr belaufen. Pro Praxis ist im Durchschnitt eine Person 96 Arbeitstage mit bürokratischen Aufgaben beschäftigt.