Donnerstag, 25. April 2024

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ASEM
Streit um asiatische Seegrenzen spaltet EU

Auf dem diesjährigen Asia-Europe Meeting, kurz ASEM, ging es um die Seegrenzen im südchinesischen Meer. Spannungen und Spaltungen waren es, die bei diesem Gipfel deutlich wurden. Und zwar nicht nur zwischen europäischen und asiatischen Staats- und Regierungschefs. Auch der EU gelingt es nicht, als geschlossene Formation aufzutreten.

15.07.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (r, CDU) nimmt am 15.07.2016 in Ulan Bator in der Mongolei an der Sitzung des Asien-Europa-Gipfel (Asem) teil.
    Es braucht kein Brexit-Referendum - mangelnder Konsens in der EU wird auch auf dem diesjährigen ASEM-Gipfel im mongolischen Ulan-Bator deutlich (dpa/picture alliance/Kay Nietfeld)
    Als Angela Merkel am Mittag mongolischer Zeit – daheim ist noch früher Morgen - vor die Kameras tritt, wirkt die Kanzlerin blass und erschöpft. Die Zeitverschiebung, der in den vergangenen Tagen und Wochen angestaute Schlafmangel, die Erschütterung über die nächtlichen Terrormeldungen aus Frankreich stehen ihr ins Gesicht geschrieben. Ihre Anteilnahme für die Opfer des Anschlags in Nizza hat sie bereits ausgedrückt, als sich Merkel mit einem hörbaren Seufzer dem europäisch-asiatischen Gipfeltreffen zuwendet:
    "Jetzt zu dem ASEM Gipfel hier in Ulan Bator"
    Seit 20 Jahren treffen sich die Staats- und Regierungschefs der ASEM Gruppe alle zwei Jahre abwechselnd in Europa und Asien. Die mongolische Regierung hat ihrer Bevölkerung einen mehrtägigen Zwangsurlaub verordnet, weil die Hauptstadt des Landes durch Sicherheitsmaßnahmen und Gipfellogistik weitgehend lahmgelegt ist. 51 Länder sind vertreten, 34 Staats- und Regierungschefs sind nach Ulan Bator gereist.
    "Es sind im Grunde alle Länder vereint, die das, was so normalerweise die eurasische Landmasse nennt – und da ergeben sich natürlich ganz praktische gemeinsame Bezüge".
    Spannungen und Spaltungen überlagern diesen Gipfel
    "Vereint", wie es die Kanzlerin ausdrückt, sind Europa und Asien in diesen Tagen aber allein durch die physische Gegenwart ihrer Vertreter an einem Ort. Die "gemeinsamen Bezüge", die Merkel anspricht, dagegen werden vor allem in die Spannungen und Spaltungen deutlich, die diesen Gipfel überlagern.
    China und die anderen asiatischen ASEM-Staaten haben in den Tagen vor dem Gipfel ihren Streit über die Seegrenzen im südchinesischen Meer verschärft. Spätestens hier in der Mongolei wird nun deutlich, dass es sich dabei keineswegs um eine regionale Angelegenheit handelt.
    Die Entscheidung des Internationalen Schiedsgerichts in Den Haag, das eigentlich zu einer Lösung des Inselstreits beitragen sollte, spaltet inzwischen nämlich auch die Europäische Union. Kroatien, Griechenland und Ungarn haben im Vorfeld des Gipfels die Bemühungen der EU Kommission blockiert, eine gemeinsame europäische Haltung zu der Völkerrechtsentscheidung zu formulieren.
    China besitzt die Mehrheit am Hafen von Piräus, Griechenland
    Kroatien hatte selbst erst im vergangenen Jahr ein Schiedsverfahren zu seinem Grenzstreit mit Slowenien abgebrochen. Griechenland liegt mit der Türkei im Clinch über seine Seegrenzen in der Ägäis. Seitdem China die Mehrheit am Hafen von Piräus besitzt, scheut man es in Athen nach Einschätzung von EU-Vertretern auch, die Geldgeber in Peking zu düpieren.
    Ebenso wird der Widerstand Ungarns gegen eine gemeinsame EU-Erklärung zum Völkerrecht mit wirtschaftlichen Interessen erklärt. Chinesische Investoren sollen den Bau einer ungarischen Eisenbahnlinie nach Serbien finanzieren. Das schafft offenbar Abhängigkeiten, die beim Gipfel in Ulan Bator nur hinter vorgehaltener Hand thematisiert werden. Es bedurfte vor diesem Hintergrund keines Brexit-Referendums, um in Asien zu belegen, dass die EU in diesen Zeiten weit davon entfernt ist, als geschlossene Formation auf der internationalen Bühne zu agieren.