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Assad-Regime
Russische Truppen in Syrien?

In Syrien scheint sich die Lage noch weiter zuzuspitzen: Zuletzt ist eine im Nordwesten wichtige Provinz von Dschihadisten eingenommen worden, und die Terrormiliz des sogenannten Islamischen Staates steht vor den Toren von Damaskus. Inzwischen gibt es Anzeichen dafür, dass Russland das Assad-Regime vor dem endgültigen Zusammenbruch bewahren will.

Von Martin Zagatta | 11.09.2015
    Drei bewaffnete Al-Nusra-Kämpfer kauern an einem steinigen Hügel.
    Kämpfer der islamistischen Al-Nusra-Front am 19.12.2014 in der Umgebung von Aleppo im Norden Syriens. (AFP / AMC / FADI AL-HALABI)
    Ob auch russische Soldaten im Land sind, um seine Truppen zu unterstützen? Dazu kein Wort. Im libanesischen Fernsehsender Al-Manar betont der syrische Präsident Baschar Al-Assad aber, dass Russland nach wie vor zu seinen wichtigsten Verbündeten gehöre.
    Wenn Fotoaufnahmen jetzt belegen, wie die russische Armee Schützenpanzer und Granatwerfer nach Syrien liefert, ist das Experten im arabischen Raum zufolge noch nichts Ungewöhnliches. Die Menge des Kriegsgeräts und eine größere Zahl von Soldaten deuten aber darauf hin, dass Moskau das Assad-Regime jetzt vor dem Zusammenbruch bewahren will. Die Regierungstruppen kontrollieren nicht einmal mehr ein Fünftel des Landes. Die Terrororganisation, die sich Islamischer Staat nennt, steht vor den Toren von Damaskus. Und im Nordwesten ist die strategisch wichtige Provinz Idlib gerade von einem Dschihadisten-Bündnis eingenommen worden, zu dem auch die Al-Nusra-Front gehört, ein Al-Kaida-Ableger, nach blutigen Gefechten.
    Russische Militärbasis und Flughafen in Syrien
    "Mit Gottes Hilfe ist es uns gelungen, viele Soldaten der Assad-Truppen zu töten", sagt ein Anführer der Islamisten, und jetzt stehe einem Vorstoß an die Mittelmeerküste nichts mehr im Wege. Drohungen, die nicht nur das syrische Regime, sondern auch seine russischen Verbündeten alarmieren müssen. Denn dort an dem Küstenstreifen, der bisher noch von der Regierung kontrolliert wird, liegt auch die russische Militärbasis Tartous und der Flughafen von Latakia, über den das Kriegsgerät ausgeliefert wird. Bevor russische Truppen eine Offensive gegen die IS-Milizen einleiten, wie schon spekuliert wird, müssten sie sich zunächst wohl einmal vor Angriffen der Al-Nusra-Front schützen, die mit anderen Islamisten-Gruppen um die Vorherrschaft in Syrien konkurriert, auch mit dem IS.
    Putins Initiative: Bildung einer internationalen Koalition gegen den IS
    Den Russen gehe es jetzt mehr um militärische Stärke. Das, was von Assads Staat noch übrig ist, zu sichern, habe Vorrang vor einer diplomatischen Lösung des Syrien-Konflikts, meint Aymenn Jawad Al-Tamimi vom "Middle East Forum" im arabischen Sender Al-Jazeera. Die Initiative von Präsident Putin, der die Bildung einer internationalen Koalition gegen den Islamischen Staat vorgeschlagen hat, sieht er skeptisch, solange Moskau nicht bereit ist, Baschar Al-Assad fallen zu lassen. Dennoch wird auch in den Nachbarländern Syriens spekuliert, ob die russische Führung durch den Vormarsch der Islamisten derart unter Druck kommen könnte, dass es sich um einen Kompromiss mit den USA bemüht. Die Dschihadisten jedenfalls scheinen sich von der russischen Truppenpräsenz nicht einschüchtern zu lassen. In der Küstenstadt Latakia, nördlich der russischen Militärbasis, hat es gerade einen ersten Bombenanschlag gegeben, bei dem zehn Menschen getötet wurden.