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Astronomie
Ein Planet, zwei Sonnen

Etwa zwei Drittel aller Sterne in der Milchstraße sind keine Einzelgänger wie unsere Sonne. Sie gehören zu Systemen, in denen sich zwei oder mehr Sterne gegenseitig umkreisen. Doch können solche Doppelsterne auch die Heimstätte von Planeten sein?

Von Frank Grotelüschen | 02.10.2014
    Er ist einer der bekanntesten Schauplätze der Star-Wars-Saga - der Planet Tatooine. Die Wüstenwelt ist die Heimat von Luke und Anakin Skywalker, den beiden Hauptakteuren des Science-Fiction-Spektakels. Und sie ist - wie sollte es anders sein - kein gewöhnlicher Planet. Denn anders als die Erde umkreist Tatooine nicht eine Sonne, sondern zwei. Nur: Gibt es solche exotischen Planetensysteme wirklich? Über dieser Frage brüteten die Astronomen jahrelang - bis 2011 dem Weltraumteleskop Kepler eine entscheidende Entdeckung gelang.
    "Im Sternbild Schwan, 200 Lichtjahre entfernt, fanden wir tatsächlich den ersten Planeten, der zweifelsfrei um einen Doppelstern kreist. Und bis heute wurden insgesamt zehn dieser exotischen Systeme aufgespürt."
    Entdeckungen, die für Astronomen wie Nader Haghighipour von der Universität Hawaii jede Menge Fragen aufwerfen: Wie häufig sind solche Doppelsonnen-Systeme im All? Könnte es dort Leben geben? Und gibt es für Planeten dort überhaupt Umlaufbahnen, die langfristig stabil sind?
    "Die Umlaufbahnen können durchaus chaotisch werden, und zwar wenn ein Planet zu dicht um die Sonnenzwillinge kreist. Dann wird er früher oder später aus dem System herausgeschleudert und muss einsam durchs All geistern. In größerer Entfernung aber dürften die Umlaufbahnen viele Milliarden Jahre lang stabil sein."
    Kreist ein Planet dicht um einen Doppelstern, bekommt er mal die Schwerkraft der einen Sonne stärker zu spüren, mal die der anderen. Das macht stabile Umlaufbahnen praktisch unmöglich. Bewegt sich der Planet aber in größerer Entfernung um das System, verschmelzen die Schwerefelder beider Sterne zu einem einzigen. Für den Planeten ist das so, als würde er nur um eine einzige Sonne wandern – eine gute Voraussetzung für einen stabilen Orbit.
    "Bislang haben wir zwar nur zehn dieser Systeme aufgespürt. Doch unsere Modelle zeigen, dass es da noch viel mehr geben muss."
    Vielleicht kreist knapp die Hälfte aller Exoplaneten im All um zwei Sterne, glaubt Haghighipour. Und manche davon könnten sogar bewohnbar sein.
    "Von den zehn Doppelstern-Planeten, die wir bisher entdeckt haben, scheinen drei innerhalb der bewohnbaren Zone zu sein. Zwar sind das Gasriesen, ähnlich wie Jupiter oder Saturn, auf denen sich wohl kaum Leben entwickeln kann. Doch womöglich besitzen diese Riesen ja Monde. Und die könnten durchaus lebensfreundliche Bedingungen bieten."
    Nur: Wie würde das Leben dort aussehen? Sicherlich anders als bei uns, meint Haghighipour. So haben wir uns nur an die Strahlung einer Sonne anpassen müssen. Zwei Sterne hingegen könnten völlig unterschiedliche Strahlungsspektren aussenden – womöglich ein Hemmnis für die Evolution. Und auch auf einen regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus müssten die Bewohner eines Doppelstern-Systems verzichten.
    "In so einem System dürften mal beide Sonnen am Himmel stehen, dann nur eine, später die andere, und irgendwann auch gar keine. Das mit den Tages- und Nachtzeiten ist dort also kompliziert: Lange Tage folgen auf kurze, unterbrochen von unterschiedlich langen Nächten. Mit so einem Chaos müsste das Leben dort irgendwie fertig werden."
    Vielleicht nicht die günstigsten Voraussetzungen für Leben. Aber bei Tatooine hat's ja auch geklappt: Immerhin hat der Wüstenplanet mit den beiden Sonnen am Himmel zwei der mächtigsten Krieger im Star-Wars-Universum hervorgebracht.