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Asylbewerber
Schweden will bis zu 80.000 Flüchtlinge abschieben

Schweden hat 2015 mehr als 160.000 Flüchtlinge aufgenommen und bisher eine sehr offene Asylpolitik verfolgt. Doch seit Jahresbeginn gibt es strenge Grenzkontrollen. Nach Angaben des Innenministers werden etwa 45 Prozent aller Asylanträge abgelehnt - und die Bewerber sollen künftig konsequent abgeschoben werden.

Von Carsten Schmiester | 28.01.2016
    Schwedische Polizisten mit Flüchtlingen.
    Die schwedische Polizei will mehr Ausländerkontrollen im Land durchführen. (picture alliance / dpa / Stig-Ake Jonsson)
    Nach ersten Schätzungen um die 60.000, möglicherweise aber auch bis zu 80.000 nicht anerkannte Asylbewerber sollen das Land verlassen, sagte der Innenminister in Interviews mit der Zeitung "Dagens Industrie" und dem schwedischen Rundfunk. Die Regierung setzt laut Anders Ygeman dabei aber zunächst nicht auf Konfrontation, also nicht auf die harte Linie, sondern auf Kooperation.
    "Vor allem geht es uns um die freiwillige Rückkehr. Wir wollen die Menschen motivieren und ihnen bei der Rückkehr helfen. Aber im äußersten Fall müssen wir Zwang anwenden."
    Gleichzeitig verhandelt man mit Ländern wie Marokko oder Afghanistan über die Rückkehr von Flüchtlingen, die aus diesen Staaten stammen. Der Minister nannte erste Einzelheiten seines Plans: Danach sind die schwedische Polizei und Einwanderungsbehörde angewiesen, rechtliche und logistische Vorbereitungen für die Abschiebung von Zehntausenden Flüchtlingen zu treffen. Unter anderem sollen eigens Charterflugzeuge angemietet werden. Die Polizei soll verstärkt versuchen, abgelehnte und dann untergetauchte Asylbewerber aufzuspüren. Ygeman rechnet damit, dass sich der Prozess über mehrere Jahre hinzieht.
    "Das ist eine große Herausforderung. Wir werden an unseren Verfahren und an der Logistik arbeiten müssen, damit das funktioniert. Aber wir müssen auch daran arbeiten, die Menschen zur Rückkehr zu motivieren."
    Wobei Ygeman offenbar klar ist, dass es allzu viel Freiwilligkeit bei Flüchtlingen wohl eher nicht geben wird. Jahrelang waren sie es gewohnt, dass Schweden nicht wirklich konsequent abschiebt. Aber - das soll sich jetzt ändern:
    "Es gibt ein großes Risiko, dass die Leute untertauchen. Deshalb müssen wir es ihnen so schwer wie möglich machen, zu bleiben. Ein abgelehnter Antrag muss Konsequenzen haben und wir müssen gegen Arbeitgeber vorgehen, die illegale Einwanderer beschäftigen. Es darf sich einfach nicht mehr lohnen, illegal in Schweden zu bleiben."
    Schweden hat allein im vergangenen Jahr mehr als 160.000 Flüchtlinge aufgenommen und inzwischen seine bisher sehr offene Asylpolitik radikal verändert. Es gibt seit Jahresbeginn strenge Grenzkontrollen, inzwischen werden nach Angaben des Innenministers etwa 45 Prozent aller Asylanträge abgelehnt. Genau darauf zielt jetzt auch erste Kritik. In schwedischen Medien wird ein Asylrechts-Anwalt zitiert, der den Plan forcierter Abschiebungen generell verurteilt, vor allem aber auch die öffentliche Aussage Ygemans zur Ablehnungsquote. Das ermuntere die Ausländerbehörden, Asylanträge künftig noch kritischer zu prüfen mit dem Ziel, noch mehr von ihnen abzulehnen.