50 Jahre Deutsche Sporthilfe

Welche sportlichen Vorbilder braucht das Land?

Eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Rio 2016
Bei fast jeder Goldmedaille stellt sich die Frage: Wurde sie auch fair erkämpft? © imago sportfotodienst
Von Hanns Ostermann · 26.11.2017
So sehr wir uns über Medaillen im Spitzensport freuen – herausragende Athleten zeichnet mehr aus. Sie dienen als Vorbilder. Auf welche Werte es dabei ankommt? Darüber wurde in der Stiftung Deutsche Sporthilfe diskutiert, aus Anlass ihres 50-jährigen Bestehens.
Für den Bundespräsidenten, für Frank-Walter Steinmeier, bleiben Fairness und sich an die Regeln zu halten ganz zentrale Werte des Sports. Der Gegner sei Konkurrent, kein Feind. Von verbotenen Substanzen müssten die Finger gelassen werden und jeder Konkurrent sollte gleich wertgeschätzt werden – ohne Ansehen von Herkunft oder Religion oder politischer Überzeugung.
Mit anderen Worten: Das Ich des Sportlers muss hinter dem Wir zurückstehen. Leicht ist das nicht, findet Friedhelm-Julius Beucher. "In einer medialen Welt, wo die Botschaft der Kopf ist, ist natürlich ein Ich schon allein aus Sponsor-Gründen manchmal mehr da als das Wir", sagt der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. "Aber da muss der Sport eben gegenhalten und die viel gescholtenen Sportfunktionäre müssen selber vorleben und dieses Wir auch bei den Sportlern vermitteln."

Sportfunktionäre in der Kritik

Funktionäre des IOC oder des Weltfußball-Verband werden dieser Vorbildwirkung nicht gerecht, sagt Christian Neureuther. "Wenn dort oben jeden Monat immer wieder diese neuen Meldungen kommen, dann wird es verdammt schwer", meint der frühere alpine Skirennläufer, der es in die "Hall of Fame" geschafft hat. "Aber die Kraft des Sports und die Freude an der Leistung unserer Athleten, die wird nie zu Ende gehen, die können sie nicht killen." Es sei denn, die Sportlerinnen und Sportler dopen und versuchen, mit unlauteren Mitteln Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
Trotzdem habe der Sport im Laufe der Jahrhunderte Werte entwickelt, die es halt nur im Sport gibt. "Fairplay zum Beispiel. Und insofern suchen die Menschen ja gerade dort noch diesen sauberen Sport und hoffen und wünschen sich nichts anderes. Denn der gedopte Sportler, diese Medaille, die der da gewinnt, die ist nichts wert. Wenn ich mir einen Preis von mir anschauen müsste und würde sagen, den habe ich durch Betrug gewonnen, ja was ist dieser Preis wert? Der schaut mich täglich an und sagt mir, du bist ein schlechter Kerl."

"Fairness wichtiger als Ich-Moment"

Willi Lemke kennt die Debatten um die Werte im Sport und in der Gesellschaft. Der frühere Werder-Manager und Bildungs-Senator in Bremen arbeitete immerhin als Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung. "Dass Fairness im Prinzip wichtiger ist als das Ich-Moment, den Sieg herbeizuführen um jeden Preis." – Das ist seine Überzeugung. "Ich glaube, wir sind stark genug, wenn wir alle zusammenhalten, bis in alle obersten Gremien dagegen anzukämpfen, den Gefahren zu begegnen."
Ein hehrer Anspruch. Die Realität sieht häufig anders aus. Allerdings haben die Partner der "Hall of Fame" jetzt zwei neue Kriterien in ihr Leitbild aufgenommen. Ein wirkliches Vorbild muss in der Vergangenheit gemachte Verfehlungen oder Entscheidungen reflektiert haben. Er oder sie muss Haltung zeigen.

Zu Fehlern und Schwächen stehen

Ob unter diesem Gesichtspunkt Franz Beckenbauer heute noch eine Chance hätte? Wie anständig oder transparent er die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland holte, ist immer noch nicht endgültig geklärt.

Zu seinen Fehlern und Schwächen zu stehen, auch das zeichnet ein Vorbild aus, so die Stiftung Deutsche Sporthilfe. Würde das Beispiel Schule machen, hätten Sport und Gesellschaft eine Menge dazugelernt.
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