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Asylsuchende
Immer mehr Nordafrikaner reisen ein

Die Übergriffe am Silvesterabend in Köln sollen großteils von Nordafrikanern erfolgt sein. Die Ermittlungen dazu sind noch nicht endgültig angeschlossen, aber fest steht schon jetzt: Es kommen vermehrt Menschen aus Marokko, Algerien oder Tunesien nach Deutschland - und sie haben so gut wie keine Chancen auf Asyl.

Von Susanne Lettenbauer | 11.01.2016
    Gerade von der deutsch-österreichischen Grenze abgeholte Flüchtlinge in Freilassing
    Gerade von der deutsch-österreichischen Grenze abgeholte Flüchtlinge in Freilassing (picture alliance/dpa/Karl-Josef Hildenbrand)
    Die ehemalige Möbelhalle von Freilassing ist seit Mitte September 2015 das erste Auffanglager für Flüchtlinge aus Richtung Steiermark, Kärnten und Salzburg. Stündlich kommt hier ein Shuttlebus mit rund 50 Migranten aus Salzburg an, wie mit den österreichischen Behörden abgesprochen. Unter den Ankommenden waren in den vergangenen Tagen nach Silvester fast nur Nordafrikaner aus Marokko, Tunesien und Algerien, sagt Aki Abdul, Übersetzer für die deutsche Bundespolizei in Freilassing: "Zum Beispiel hatten wir gestern und heute nur Nordafrikaner und Iraner, also keine Afghanen oder Syrer, gestern über 400 oder 500 Mann aus Marokko und Algerien. Zum Beispiel sagen die, dass die deutsche Regierung alle Leute eingeladen hat, die nehmen alle auf. Aber wir erklären ihnen, dass es nicht so ist. Wir nehmen Leute wegen Krieg oder so, aber wegen Arbeit und Wirtschaft können wir nicht jeden aufnehmen, sonst muss Deutschland die ganze Welt aufnehmen hier."
    Während die Zahl der Flüchtlinge aus den Balkanländern drastisch abgenommen hat, fällt die wachsende Zahl an nordafrikanischen Migranten auf. Sie würden die Billigflüge aus Casablanca nehmen Richtung Türkei und sich dann in die Flüchtlingsgruppen aus dem Nahen Osten einreihen, hätten ihm die Männer erzählt, so Abdul.
    Migranten aus Nordafrika haben praktisch keine Chance auf Asyl in Deutschland. Viele der Marokkaner, Tunesier und Algerier geben sich deshalb als Syrer aus, sagt der Übersetzer ohne Zögern. Er stammt selbst aus Marokko, lebte 25 Jahre lang in Berlin und arbeitet eigentlich als Informatiker in Freilassing. Wie viele es in den vergangenen Wochen genau waren von den rund 2.000 Migranten täglich, kann die Bundespolizei nicht sagen, der Übersetzer schätzt: "Viele, zum Beispiel alle Nordafrikaner, also sprich Marokkaner, Libyer, Ägypter, aber Libanesen auch, bei denen ist es schwierig das herauszufinden, weil sie denselben Dialekt haben wie die Syrer, aber wenn wir geografische Fragen stellen, können wir die auch rausfiltern."
    Schwierige Identifizierung
    Es werde immer komplizierter, das tatsächliche Herkunftsland eines arabisch sprechenden Asylbewerbers herauszufinden, weiß die Bundespolizei Rosenheim. So wird bereits in Freilassing eine detaillierte Ortskenntnis abgeprüft - und nicht erst im Erstaufnahmelager vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Akribisch befragen die Übersetzer die nordafrikanischen Migranten nach Straßennamen, Schulen, Gebäuden im angeblichen Herkunftsort.
    Diejenigen, die durchfallen oder auch einfach nur arbeiten wollen in Deutschland, müssen im sogenannten Gewahrsamsbereich auf weitere Befragungen warten, erklärt der Sprecher der Bundespolizei Rosenheim Benjamin Fritsche: "Es ist sehr kompliziert, denn die Personen sind, wenn sie hier aus dem Bus steigen, in dem Sinne noch nicht eingereist, das heißt, es kann ihnen auch eine Einreiseverweigerung ausgesprochen werden, und nur durch diese Einreiseverweigerung kann man eben diese Zurückschiebung machen - und die findet direkt an der Grenze statt. Und das sieht so aus, dass die Personen an der Saalachbrücke den österreichischen Beamten übergeben werden."
    Dass es sich hierbei um eine der von Bayern geforderten Transitzonen handelt, weist die Bundespolizei zurück. Zumindest teilweise. Wer nicht im Gewahrsamsbereich untergebracht ist, könne sich frei bewegen. 450 von Deutschland abgewiesene Nordafrikaner musste die Landespolizei Salzburg erst kürzlich von den deutschen Behörden zurücknehmen. Wie mit ihnen weiter verfahren wird, weiß keiner.
    In Berlin kennt man das Problem. Bundesinnenminister Thomas de Maizière wies bereits bei der Vorstellung des Migrationsberichtes am 6. Januar darauf hin, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Algerien und Marokko stark wachse. Das sei "ein besonderer Anlass zur Sorge", so de Maizière.