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Attacke auf den Champs-Elysées
Terrordiskussion kurz vor der Wahl

Noch sind nicht alle Details rund um die Attacke auf den Champs-Elysées geklärt, etwa, ob es sich um einen Einzeltäter handelte oder dieser Komplizen hatte. Der IS reklamierte den Anschlag für sich. Und die französischen Präsidentschaftskandidaten betonten nun das Thema Sicherheit.

Von Jürgen König | 21.04.2017
    Polizisten blockieren die Einfahrt zum Pariser Boulevard Champs-Élysées. Dort sind Polizisten angegriffen worden.
    Polizisten blockieren die Einfahrt zum Pariser Boulevard Champs-Élysées. Dort sind Polizisten angegriffen worden. (AFP / THOMAS SAMSON)
    Am Vormittag sieht auf den Champs-Elysées alles wieder aus wie immer: Der Verkehr rollt, Menschenmengen auf den breiten Bürgersteigen, in den Restaurants und Geschäften. In den Medien wird, was gestern Abend geschah, eingeordnet in jene Reihe von Attentate, die sich in letzter Zeit immer öfter gezielt gegen Polizisten und Soldaten richteten. Auch auf den Champs-Elysées starb ein Polizist, zwei weitere wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Jerome Bonet, Sprecher der Nationalpolizei, im Sender BFM:
    "Wir sind sehr, sehr traurig heute Morgen. Die Polizei ist wie eine große Familie. Jeder denkt jetzt an den getöteten Kollegen und dessen Familie. Und gleichzeitig gibt es eine absolute Entschlossenheit. Man muss sehen: Die Art unserer Arbeit hat sich total verändert. Dieses Drama von gestern Abend: Tausende waren auf den Champs-Elysées. Und ein Mann mit einer automatischen Waffe unter ihnen - er hätte ein Blutbad anrichten können: Aber er wurde sofort erschossen. Die Polizisten müssen heute völlig anders reagieren als noch vor zwei Jahren, nämlich extrem schnell und sehr effizient."
    Und so mischt sich auch eine gewisse Erleichterung in die angespannte Stimmung am Tag danach: Darüber, dass sehr viel Schlimmeres verhindert werden konnte. Schon vor einigen Tagen hatten die Sicherheitsbehörden einen Anschlag in Marseille vereitelt – so geht man nicht nur mit schlechten Nachrichten in das Wahlwochenende.
    IS reklamiert Anschlag für sich
    Sehr bald nach der Attacke auf den Champs-Elysées hatte die Terrormiliz Islamischer Staat die Tat für sich reklamiert. Die Behörden machten zur Identität des Täters noch keine genauen Angaben, bekannt wurde, dass der Attentäter ein 39-ährige Franzose und der Polizei als Extremist bekannt war. Wegen mehrerer Angriffe auf Polizisten wurde er schon zu längeren Haftstrafen verurteilt: Im Gefängnis soll er sich radikalisiert haben.
    Am Vormittag forderte Premierminister Bernard Cazeneuve die Bürger - mit Blick auf die Präsidentschaftswahl am Sonntag - dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen.
    "Nichts darf dieses demokratische Ereignis behindern, das so grundlegend für unser Land ist."
    50.000 Polizisten und mehrere Tausend Soldaten werden die Wahllokale sichern. Einige Kandidaten, darunter Marine Le Pen, Emmanuel Macron und Francois Fillon, sagten ihre heutigen Wahlkampftermine ab. Am Abend wird der Wahlkampf ohnehin offiziell beendet sein.
    Präsidentschaftskandidaten thematisieren Anschlag
    Alle Kandidaten erlebten den gestrigen Anschlag bei einer Debatte im Fernsehsender France 2. Sie reagierten souverän, mitfühlend – und konnten doch Wahlkampfuntertöne nicht ganz vermeiden. Emmanuel Macron:
    "Die erste Aufgabe des Präsidenten ist es, zu beschützen. Die terroristische Bedrohung wird Teil unsers täglichen Lebens sein in den nächsten Jahren. Ich sage das in diesen ersten Minuten, um meine große Solidarität mit der Polizei auszudrücken und bin in Gedanken bei der Familie des Opfers."
    Marine Le Pen: "Es wurde nicht alles getan, um die Bürger zu schützen, ich sage das ganz klar. Man kann unseren Kindern nicht ein ohnmächtiges Land hinterlassen. Um sie zu verteidigen, braucht es Hellsicht, Mut, Entschlossenheit – das können die Franzosen jetzt verlangen und sich dafür auch entscheiden."
    Francois Fillon: "Die Nation ist solidarisch mit den Polizisten. Wirklich, der Kampf gegen den Terrorismus wird die zentrale Aufgabe des nächsten Präsidenten sein."
    Eines ist noch nicht klar: Ob es sich wirklich, wie man vermutet, um einen Einzeltäter handelte oder ob es Komplizen auf der Flucht gibt, aus denen weitere Angreifer werden könnten.