Freitag, 29. März 2024

Archiv

Attraktivität der Bundeswehr
Von der Leyen macht nochmal auf Familie

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen will die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver machen. Die Opposition im Bundestag wertet das grundsätzlich positiv, kritisiert aber die Umsetzung.

Von Falk Steiner | 30.01.2015
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) während der Bundestagssitzung in Berlin zur Attraktivitätssteigerung der Bundeswehr.
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) während der Bundestagssitzung in Berlin zur Attraktivitätssteigerung der Bundeswehr. (picture alliance / dpa / Sören Stache)
    Ein Jahr hat es seit der Ankündigung gebraucht, heute war es in erster Lesung im Bundestag: das Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetz. Für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist das allein schon ein kleiner Sieg. Denn Kritik hatte die Bundesministerin für ihre Attraktivitätsoffensive reichlich erfahren: zu weich, zu Familienministerin statt Verteidigungsministerin sei ihr Vorhaben und angesichts von Ausrüstungsmängeln, der Ukraine-Krise und anderer sicherheitspolitischer Herausforderungen reichlich unpassend.
    "Natürlich ist Soldat und Soldatin zu sein kein Beruf wie jeder andere. Denn diese Menschen sind bereit, im Ernstfall, im Auslandseinsatz ihr Leben einzusetzen für Freiheit und Demokratie, weil die Parlamentsarmee diesen Auftrag bekommen hat. Ist das denn ein Grund, weil sie mehr einzusetzen bereit sind als jeder andere, sie hier zu Hause schlechter zu behandeln als andere? Nein, im Gegenteil, und deshalb ist es allerhöchste Zeit jetzt auch aufzuholen."
    Kritik an Plänen
    Zehn Prozent eines jeden Jahrganges müssten sich bei der Bundeswehr bewerben, und das ginge nun einmal nicht von alleine:
    "Wir, die Bundeswehr, sitzen buchstäblich im Schaufenster neben vielen anderen Arbeitgebern und werden ganz kritisch beäugt."
    Ein großes "sowohl als auch" zog sich durch die gesamte Bundestagsdebatte, doch die Akzente unterschieden sich deutlich. Natürlich seien einzelne Bausteine des Attraktivitätsgesetzes eine gute Sache, beispielsweise, dass Arbeitszeiten für nicht im Auslandseinsatz befindliche Soldaten nun endlich geregelt würden, so Christine Buchholz, verteidigungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag. Aber:
    "Bevor Sie überlegen, wie die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber sein könnte, sollten Sie sich fragen: Wofür haben über 50 deutsche Soldaten im Kampfeinsatz in Afghanistan ihr Leben verloren, wie viele Afghanen wurden durch den Einsatz der Bundeswehr getötet? Denn das sind die Fragen, die junge Frauen und Männer und ihre Familien umtreiben, wenn sie über ihre Perspektiven und auch über die Rekrutierungsversuche der Bundeswehr reden. Und deshalb gehen so wenig junge Leute zur Bundeswehr, und ich sage Ihnen: Das ist auch gut so."
    "Halbherzige Pläne"
    Grundsätzlich positiv sei es, die Bedingungen bei der Bundeswehr zu verbessern, aber von der Leyens Pläne seien nur halbherzig, so die Position der Grünen in der Debatte. Doris Wagner, Familien- und Verteidigungspolitikerin:
    "Was hilft mir denn ein ganz und gar arbeitsfreier Freitag, wenn von Montag bis Donnerstag in der Kinderbetreuung eine Lücke klafft? Was hilft mir der gesetzliche Anspruch auf eine kürzere Wochenarbeitszeit, wenn die Personaldecke am Standort derart dünn ist, dass ich mit meinem Antrag auf Teilzeitarbeit zwangsläufig den Zorn meiner Kollegen rausrufe?"
    Einig waren sich die Redner darin, dass die Attraktivitätsoffensive allein nicht über die Attraktivität der Streitkräfte entscheide. Doch die lautstarken Argumente der Kritiker aus dem Bundeswehrumfeld selbst, die die geplante Attraktivitätsoffensive für den falschen Ansatz zur falschen Zeit erklärten, wollten alle Redner so nicht gelten lassen. Die Zeit einer Bundeswehr, die ein Image pflege, bei dem sich die Soldaten an Eisblöcken wärmten, sei vorbei, so der SPD-Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler heute:
    "Wir haben in den letzten Monaten auch einiges von Flachbildschirmen, WLAN, Kühlschränken gehört. Von einigen Eisblockwärmern wurden diese Vorschläge zwar belächelt, dennoch sind auch das sinnvolle Maßnahmen, wenn wir im Konkurrenzkampf um die besten Köpfe bestehen wollen. Aber eines muss man hier auch unterstreichen: Das alles ist nichts wert, wenn einem gleichzeitig die Bude unter den Füßen wegschimmelt."
    Damit zumindest das nicht mehr passiert, will die Bundesministerin nun die Verfahren für die Sanierung der Bundeswehrliegenschaften beschleunigen.