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Audi und Abgas-Affäre
"Ganz ohne Bescheißen" geht's nicht

Wie tief steckt Audi in der Abgas-Affäre? Berichte über die Mail eines Managers lassen tief blicken. Im Bundestag läuft derweil die Aufarbeitung der Affäre. Der Untersuchungsausschuss soll herausfinden, ob es ein "organisiertes Staatsversagen" gab. Die SPD sieht das bislang nicht so.

Von Nadine Lindner | 22.09.2016
    Die Ringe vom Audi-Logo, aufgenommen am 28.06.2016 in Düsseldorf.
    Audi-Logo (picture alliance / dpa / Caroline Seidel)
    Die Sprache ist deftig, der Inhalt offenkundig: "Ganz ohne Bescheißen" seien die US-Grenzwerte für Stickoxide nicht einzuhalten. Das soll ein Ingenieur im Jahr 2007 in einer Email an einen größeren Kreis von Audi-Managern geschrieben haben.
    Darüber hatten WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung zuerst berichtet und berufen sich auf Erkenntnisse einer Anwaltskanzlei, die im Auftrag des VW-Aufsichtsrats die Dieselaffäre aufklären soll und nun auf belastende Unterlagen gestoßen sind.
    Betrogen aber habe man nicht - so Audi
    Bislang hatte Audi gesagt, dass man zwar gegenüber US-Behörden bestimmt Details der Software nicht offengelegt habe, betrogen aber, habe man nicht.
    Für den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen, Oliver Krischer, sind die neuen Vorwürfe nicht verwunderlich. Er sagte im Morgenmagazin.
    "Nein, Überraschung ist das eigentlich gar nicht, auch Audi-Fahrzeuge sind schon bei Tests aufgefallen. Selbst die Tests vom Verkehrsministerium haben gezeigt, aus dem Frühjahr, dass eines der betroffenen Fahrzeuge fünffach überhöhte Werte bei der Abgas-Messung hat."
    Das eigentlich Skandalöse sei auch, dass es nun Journalisten den Fall aufdeckten und nicht die Bundesregierung, namentlich Verkehrsminister Alexander Dobrindt.
    "Wir werden offensichtlich das jetzt im Monatsrhythmus erleben, dass immer neue Fälle auftauchen. Und dass unsere Behörden, das Verkehrsministerium offenbar nicht in der Lage ist, hier reinen Tisch zu machen."
    8,5 Millionen Fahrzeuge von den Dieselmanipulationen betroffen
    Laut dem Medienbericht sind vier hochrangige Motorenentwickler bei Audi beurlaubt worden.
    Das Unternehmen selbst hat sich noch nicht zu den neuen Details geäußert. Volkswagen selbst hat der EU-Kommission zufolge zugesagt, bis Herbst 2017 alle in Europa vom Dieselskandal betroffenen Autos umzurüsten. In Europa sind 8,5 Millionen Fahrzeuge von den Dieselmanipulationen betroffen. Bislang wurden weniger als zehn Prozent davon repariert.
    Im Deutschen Bundestag geht unterdessen die Aufarbeitung weiter. Ab dem Mittag kommt der Untersuchungsausschuss zur Abgas-Affäre zusammen, der herausfinden soll, ob Ministerien und Behörden die Abgas-Manipulationen früher feststellen, und hätten verhindern können. Ob es also, wie vom Grünen Krischer behauptet, bei der Abgas-Affäre, ein "organisiertes Staatsversagen" gegeben habe.
    Die Sachverständigen heute werden sich vor allem mit den umstrittenen Abschalteinrichtungen in Diesel-Motoren befassen.
    "Ich erwarte mir, dass uns die Experten Hinweise darauf geben, was eine verbotene Manipulation ist und was die Verordnung noch zulässt." Sagte die verkehrspolitische Sprecherin der SPD, Kirsten Lühmann vorab. Im Kern wird es darum gehen, ob und wie eine betreffende EU-Richtlinie aus dem Jahr 2007 zu Abschalteinrichtungen präzisiert werden muss.
    Mit alter Prüfmethode nicht möglich, illegale Manipulationen aufzudecken
    "Und dann werden wir die Experten noch fragen, was wir an der Verordnung noch schärfen müssen, um die unerwünschten Thermofenster, die von einigen Herstellern einprogrammiert werden, geschlossen werden."
    Zudem kommen am Nachmittag Zeugen aus dem Umweltbundesamt, dem Umweltministerium und dem TÜV zu Wort.
    Während der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses kamen die Sachverständigen zu dem Schluss, dass die Messmethoden auf dem Rollenprüfstand - der sogenannte NEFZ - zwar stark abweichende Abgas-Werte anzeigten, es mit dieser Prüfmethode aber nicht möglich gewesen sei, die illegalen Manipulationen von Volkswagen aufzudecken. Darauf habe es keine Hinweise gegeben.
    SPD-Verkehrsexpertin Lühmann ist zufrieden, bislang habe sich gezeigt: "Dass es kein organisiertes Staatsversagen gab, dass es keine Hinweise auf Manipulationen gab, denen eine Behörde nicht nachgegangen ist. Insofern war es eine Bestätigung und ich erhoffe mir davon, dass die Diskussion wieder versachlicht wird."
    Lühmann verweist auch darauf, dass die Prüfzyklen für PKW-Emissionen in der EU im kommenden Jahr angepasst werden.