Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Auf der Suche nach dem Fachkräftemangel

Auf der Absolventenmesse in Köln suchen Unternehmen qualifizierte Arbeitnehmer. Bewerber gibt es zahlreiche, jedoch mangelt es den Absolventen häufig an Erfahrung. Die begehrten erfahrenen Experten wollen die Unternehmen mit Familienfreundlichkeit locken.

Von Andrea Lueg | 24.11.2010
    "Ich suche einen Job als Geisteswissenschaftlerin/ als Rechtsanwältin/ für die Diplomarbeit/ im Marketing/ in der IT-Branche."

    Die angehenden Fachkräfte sind da, auf dem Absolventenkongress in Köln und die Unternehmen haben auch Jobs im Angebot:

    "Miele sucht Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler/ Bayer sucht Ingenieure, Betriebswirtschaftler, Naturwissenschaftler, fast alle Abschlüsse/ MAN sucht auch alle Fachrichtungen, schwerpunktmässig Maschinenbau und Elektrotechnik."

    Die Unternehmen bemühen sich durchaus um die Bewerber, vor allem im Bereich Ingenieur- und Naturwissenschaften, doch von akutem Fachkräftemangel will zum Beispiel Ralf Wilms, Personalchef bei MAN auch da nicht sprechen.

    "Ich würde im Moment nicht Fachkräftemangel grundsätzlich sagen. Wir haben schon eine Schere beim Bedarf an Ingenieuren und denen die tatsächlich da sind, aber das würde ich nicht grundsätzlich Fachkräftemangel nennen."

    Das führen die Personalchefs vor allem darauf zurück, dass Unternehmen während der Krise unvermindert weiter eingestellt haben. So habe man sich ein kleines Polster angeschafft und zumindest keine größeren Sorgen im Bereich der Berufsanfänger. Viel eher gebe es einen Mangel bei erfahrenen Fachkräften, meint auch Maren Gilles, Personalfachfrau beim Bayer-Konzern.

    "Bei uns ist es auch so, dass es nicht so einen Engpass bei den Absolventen gibt, da haben wir noch genug Bewerbungen, es ist tatsächlich schwieriger, die Experten zu finden, wenn man jetzt wirklich für eine sehr spezielle Stelle ausschreibt, das sind in der Regel Berufserfahrene, die aus den unterschiedlichsten Gründen schwer am Markt zu haben sind."

    Wer als erfahrene Fachkraft in der Krise eine feste Stelle bekommen hat, ist meist unwillig nun zu wechseln, das ist zum Beispiel ein Grund, warum diese Experten am Markt begehrt sind. Da die Wünsche der Kunden und der internationale Konkurrenzdruck eher steigen, sind die Unternehmen auf keinen Fall bereit, bei der Qualität der Bewerber Abstriche zu machen. Und da sieht Meike Wacker, Personalentwicklerin bei Miele, in den letzten Jahren Probleme.

    "Was wir durchaus merken ist, dass nicht unbedingt die Zahl der Bewerber sinkt, aber die Qualität der Kandidaten, wenn man das so sagen darf, also für Trainee-Programme oder sehr qualifizierte Stellen wird es schwieriger, Kandidaten zu finden."

    Bachelor-Absolventen fehlen häufig Praxis- und Auslandserfahrung und die Personaler wissen durchaus, dass das in der kurzen Studienzeit auch kaum zu schaffen ist. Sie erwarten aber, dass sich junge Akademiker schon sehr früh in Sachen Karriere festlegen, erklärt Ralf Wilms von MAN.

    "Spätestens im Studium muss man sich besonders heute, weil die Studiengänge so kurz sind, entscheiden, wir suchen oft Spezialisten und da wollen wir natürlich eine Orientierung haben, hat der in der Konstruktionstechnik Erfahrung, hat der da seinen Schwerpunkt, wenn's keine Orientierung gibt, dann sehe ich da das Problem."

    Auch auf höhere Einstiegsgehälter können Absolventen aufgrund knapper werdender Bewerberpools in naher Zukunft nicht hoffen, selbst bei den begehrten erfahrenen Experten wollen die Unternehmen eher mit Familienfreundlichkeit, Weiterbildungschancen, Personalverantwortung locken, kurz mit allem, nur nicht mit mehr Geld. Übrigens: auch wenn es nicht akut ist: Das Thema Fachkräftemangel bleibt uns erhalten:

    "Ich denke mal, dass uns das treffen wird, allein schon aufgrund der niedrigeren Geburtenrate, vielleicht in fünf bis zehn Jahren."