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Aufbauhelfer an der Basis?

Seit den 50er-Jahren waren es immer wieder männliche Unterstützer, die den Frauen halfen, ihrer Fußball-Leidenschaft nachzugehen.

Von Eduard Hoffmann und Jürgen Nendza | 05.06.2011
    Schon 1951 kümmerte sich Rolf Warschun beim FC Blau-Weiß Oberhausen um Fußball begeisterte Frauen und trainierte mit ihnen. Als die 22 Kickerinnen dann aber zu einem öffentlichen Fußballspiel antreten wollten, hatte der engagierte Betreuer nicht nur die Presse und den Oberbürgermeister gegen sich, sondern auch die DFB-Funktionäre:

    "Dann sagte der, Schumacher hieß der Mann, schmiss die Zigarre auf die Erde und trampelte drauf rum: Damenfußball, das gibt es nicht, das hat es noch nie gegeben, ich verbiete ihnen das."

    Die Oberhausener Fußballerinnen liefen trotzdem auf, und der Verband sperrte Rolf Warschun lebenslang für alle Fußball-Ämter. Das war noch vor dem offiziellen DFB-Damenspielverbot von 1955. Aber auch während der 15-jährigen Verbotszeit fanden sich immer wieder männliche Unterstützer für den weiblichen Kick. Nicht allen lag nur das Wohl der leidenschaftlichen Fußballerinnen am Herzen. Der pfiffige Essener Geschäftsmann Willi Ruppert etwa sah im Frauenfußball eine lukrative Einnahmequelle. Er organisierte Städte- und Länderspiele, zu denen meist weit über tausend Zuschauer kamen. Die stattlichen Einnahmen rechnete Ruppert aber nicht immer ordnungsgemäß ab:

    "Wir haben sehr früh mit Herrn Ruppert gebrochen, ich denke, das war so nach zwei Jahren, das könnte 57 gewesen sein. Und dann haben wir uns Herrn Floritz angeschlossen."

    Für Grete Eisleben und viele Fußballerinnen aus Dortmunder, Stuttgarter, Nürnberger und Münchener Vereinen war der ehemalige Trainer von Borussia Neunkirchen Josef Floritz ein Segen. Der in München lebende Fußballverrückte tat alles, um den jungen Fußballerinnen Spielmöglichkeiten zu verschaffen. Vor allem im Süddeutschen Raum, so erinnert sich Christa Kleinhans, konnte er immer wieder Länderspiele gegen Holland und Österreich organisieren:

    "Herr Floritz hat alles in die Wege geleitet¸ um den Damenfußball publik zu machen. Er hat gewiss Schwierigkeiten gehabt mit den Verbänden. Aber ich erinnere mich, dass der Herr Huber, der damals vom Bayerischen Fußballverband der 1. Vorsitzende war, dass der dem Herrn Floritz keine Schwierigkeiten gemacht hat. Und von daher haben wir viel im bayerischen Raum, aber speziell auch im württembergischen Raum, Stuttgart und so weiter gespielt."

    Auch Ende der 60er-Jahre waren es nicht zuletzt einsichtige Männer in den Vereinen, die - trotz immer noch bestehendem Spielverbot - Frauenfußball-Abteilungen zuließen oder sogar selber initiierten. Und sie drängten den DFB schließlich gemeinsam mit den Frauen zur Verbotsaufhebung im Oktober 1970.

    Da waren Ferdi Stang und die Frankfurter Kickerinnen der SG Oberst Schiel, Heinz-Günter Hansen mit dem SC Bad Neuenahr, Hans Preß von Bayern München und der umtriebige Wörrstädter Philipp "Fips" Scheidt, der 1973 schon eine Deutsche Frauenfußball Meisterschaft organisieren wollte. Doch die DFB-Funktionäre lehnten rigoros ab:

    "Am Anfang waren sie stur und erst als ich dann mit der Bildzeitung gedroht habe, dass die eine große Überschrift auf der erste Seite machen wollten: "DFB verbietet Fußballspielen für die Damen" und da hat dann Horst Schmidt doch eingelenkt und da ham wir uns dann geeinigt auf den Namen Goldpokal."

    Anstatt einer offiziellen Meisterschaft fand 1973 erst einmal das Goldpokalturnier statt, das Fips Scheidt aber geschickt zu nutzen wusste für die zukünftige Entwicklung des Frauenfußballs:

    "Da hat ich alle Oberen vom DFB eingeladen und da hatten sie dann beim Bankettabend versprochen, sie werden im nächsten Jahr, also 1974, die offizielle deutsche Meisterschaft durchführen. Und so kam es dann auch."

    Bis heute engagieren sich zahlreiche Männer bei den Fußball-Frauen, als Trainer, Betreuer oder Manager. Ohne die unermüdliche männliche Unterstützung würde es viele Mädchen- und Frauenteams gar nicht geben, auch nicht in der Frauenfußball-Bundesliga. Zum Beispiel wären die zahlreichen Erfolge des deutschen Spitzenclubs 1. FFC Frankfurt, einem reinen Frauenfußball-Verein, gar nicht möglich gewesen ohne die Führung von Manager Siegfried Dietrich:

    "Wir sind von einem kleinen Vorstadtverein zu einem Verein geworden, mit dem man auch die Stadt Frankfurt mittlerweile identifiziert. Wir haben verschiedene Medienpartner in Frankfurt auch, die das dann mit transportieren; wir haben das hessische Fernsehen, das regelmäßig über unsere Bundesligaspiele berichtet. Wir sind sponsoren- und mediengerecht präsent in unserem Stadion am Brentanobad und das haben verschiedene Sponsoren erkannt."


    Dass insbesondere die zwölf Erstliga-Vereine ihre Strukturen professionalisieren müssen, weiß auch Trainerurgestein Bernd Schröder vom Spitzenclub und ersten Champions League Sieger Turbine Potsdam:

    "Es muss so sein, dass die Stadien VIP-Bereiche haben, dass die Zuschauer merken, hier in dem Stadion spielt die Bundesliga, hier sind einige Sponsoren, die sich darstellen, hier müssen im Stadion Durchsagen gemacht werden, das Fernsehen der regionalen Sender muss dabei sein."

    Bis heute hielt Schröder dem Potsdamer Verein die Treue, den er bereits in der ehemaligen DDR mit gründete und von Anfang an trainierte. Durch Zufall hatte er im März 1971 die Einladung am Schwarzen Brett des Energiebetriebes gesehen, war zur Gründungsversammlung gegangen und hatte sich als Trainer engagieren lassen:

    "Als sie sich alle angeguckt haben, was machen wir denn nun, hab ich plötzlich erst mal entschieden, ich mach's erst mal."

    Einer der wichtigsten männlichen Unterstützer des deutschen Frauenfußballs heutzutage ist DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger. Unter ihm hat der weibliche Kick und insbesondere die Frauen-Nationalelf nicht nur große Anerkennung sowie einen höheren Stellenwert im Verband erfahren, auch finanziell fördert der DFB den Mädchen- und Frauenfußball gerade im Vorfeld der diesjährigen WM in Deutschland außerordentlich:

    "Der DFB hat inzwischen, glaube ich, die notwendige Aufgeschlossenheit für den Frauenfußball entwickelt. Ich werd das auch fortsetzen. Wir müssen jetzt daran denken, dass unsere Strukturen, ein Stück aus der sehr starken immer noch Männer- und Juniorenfußball bezogenen Betrachtung herauskommt und sich öffnen, die Bereitschaft erklären, Mädchen nicht nur bei den Bambinis sondern möglichst auch nachher, wenn sie in ältere Altersklassen kommen, weiter zu betreuen."