Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Aufstieg und Fall einer Boxerlegende

In jedem Boxkampf steckt eine Geschichte vom Schnuppern am großen Glück. So ist das auch in "The Fighter", der den Vergleich mit Martin Scorseses "Wie ein wilder Stier" nicht scheuen muss. "The Fighter" ist aber vor allem ein Familiendrama.

Von Josef Schnelle | 07.04.2011
    Boxen, das ist Kino mit den Fäusten. Das hat der legendäre Drehbuchautor und mehrfacher Oscarpreisträger Ring Lardner Junior einmal gesagt. Er muss es wissen, denn er war Boxreporter am Ring im Madison Square Garden bevor er nach Hollywood ging. Am Ring hatte er das Geschichten erzählen gelernt, denn für eine Boxreportage reichte es nicht, Punch auf Punch aneinanderzureihen. In jedem Boxkampf steckt eine Geschichte vom Schnuppern am großen Glück. Der Aufstieg und Fall großer Boxlegenden gehört daher schon immer zum heißen Herzen des Genrekinos. Zu den besonderen Herausforderung zählt, dass es ziemlich schwierig ist, ausgerechnet einen Boxkampf für die Leinwand zu choreografieren. Darin ist Martin Scorsese am weitesten gekommen mit seinem Schwarz-Weiß-Film "Wie ein wilder Stier", in dem Robert de Niro 1980 den legendären Kämpfer Jake LaMotta verkörperte. Da hagelt es buchstäblich Schläge und die Fäuste fliegen. Mit diesem Film muss "The Fighter" den Vergleich nicht scheuen. Mickey Ward, dessen Leben hier verfilmt wird, war bei den Dreharbeiten stets präsent und beriet Hauptdarsteller Mark Wahlberg bei seinen Boxauftritten. Wegen Wards mitreißendem und engagiertem Kampfstil wurde der Meisterschaftsfight im Halbweltergewicht 2000 zum Kampf des Jahres erklärt. So beschreibt der Film das Training.

    "Schick ihn auf die Matte Mickey." - "Kopf, Körper, Kopf" - "Weißt du, Sugar Ray wird auch da sein, als Kommentator für ISPN. Wir sind uns nicht mehr begegnet seit ich ihn umgehauen habe. Das war vor 14 Jahren. " "Jetzt leg mal ein richtiges sparring hin." "Du willst dich doch nicht blamieren. Du willst dich doch nicht vor Sugar Ray blamieren."

    "The Fighter" ist aber nicht wegen seiner Kampfinszenierungen einer der meist dekoriertesten Filme des vergangenen Jahres geworden. Das wahre Drama im Leben des irischstämmigen Boxers ist natürlich eine Familiengeschichte. Mickey wird trainiert von seinem Bruder Dicky, der einmal gegen Sugar Ray Leonard geboxt hat und daraus seinen ganzen Stolz bezieht, inzwischen aber zum bedauernswertem Crack-Drogenabhängigen geworden ist. Mickey hält lange zu seinem älteren Bruder, dessen Rolle Christian Bale zu einem bemerkenswerten darstellerischen Auftritt ausbaut, für den er vor ein paar Wochen sehr zurecht seinen Oscar bekam. Und dann ist da noch Alice, die dominante, hysterische Mutter der beiden, die ziemlich erfolglos Mickey managed, während sie von Dickys gefühlter Traumkarriere schwärmt, wie in dieser Szene vor einem Fernsehteam.

    "Hier finden Sie die Fotoalben, die ich angelegt habe. Mickey ist seinem großen Bruder überallhin gefolgt. Er hat Dir alles beigebracht, nicht wahr."

    In Wahrheit ist Dicky für Mickey nur ein Klotz am Bein, auch wenn sein Boxverstand dem kleinen Bruder manchmal vor der Niederlage rettet. Und so gerät Mickey bald in die Zwickmühle: Kann er unter dem Familienmanagement weiter zum guten Boxer reifen oder muss er sich lösen von der herrischen Mutter und dem unfähigen Bruder? Mickeys Talent bleibt nicht verborgen und so kommt es bald zu den ersten Abwerbeversuchen.

    Manager: "Du hast ein Herz wie ein Löwe, aber du kriegst die falschen Kämpfe."
    Dicky: "Was redet der da."
    Mom: "Keine Ahnung."
    Manager: "Ich kann dir eine echte Chance geben. Ich kann dich auch bezahlen. Komm mit und trainier mit meinen Jungs."
    Mickey: "Wo?"
    Manager: "In Las Vegas. Pack es bevor es zu spät ist."
    Mickey: "Was ist mit meinem Bruder?"
    Manager: "Bei allem Respekt. der macht nur Probleme."

    Regisseur David O. Russell deutet zwar das Thema des wichtigsten Films des Genres "Schmutziger Lorbeer" mit Humphrey Bogart gedreht 1956 an, die Korruption und Manipulation im Boxsport. Doch er bleibt verhaftet im Familienmelodram. Jeder muss zu seinem inneren Kern finden und den verraten nicht immer die Fäuste. Boxermelos haben immer Mal wieder Konjunktur wie Clint Eastwood mit seinem Oscargekrönten Film "Million Dollar Baby" bewies. Filme über das Boxen sind ein vergleichbar genuin amerikanisches Genre wie der Western. Und so kann man in einem leicht abgewandelten Zitat von André Bazin sagen: Es gibt keine Botschaft, die man nicht in die Handschuhe eines Boxers stecken könnte.

    Mehr zum Thema:

    Offizielle Internetseite des Films "The Fighter"