Donnerstag, 18. April 2024


August 2015: Traum-Frau

Der August lässt bei »lyrix« Spielraum für Interpretation zu: Bei unserem Thema 'Traum-Frau' geht es um Traumfrauen, träumende Frauen, Träumen von Frauen, Weiblichkeit, Frauenbilder, Projektionsflächen für Träume und (alb)traumhafte Körper.

01.08.2015
    Eine junge Frau liegt mit geöffneten Augen auf dem Boden.
    Weiblichkeit wird je nach Epoche, Weltanschauung und Religion vollkommen anders definiert. (Imago / Westend61)
    Der menschliche Körper – besonders der weibliche – ist eine Gussform für Wünsche und Idealvorstellungen und somit Projektionsfläche für Träume. Er drückt aus, was ihm an gesellschaftlichen Konventionen übergestülpt wurde oder widerfahren ist. Gleichzeitig transportiert er stereotype Rollen: Mutter, Geliebte, Jungfrau, Muse. Bei alldem scheint es so, als sei Schönheit die entscheidende, rollenverbindende Eigenschaft einer Frau.
    Weiblichkeit wird je nach Epoche, Weltanschauung und Religion vollkommen anders definiert. Je nach Gesellschaft werden unterschiedliche Erwartungen an den Körper einer Frau geknüpft. Kleine oder große Brüste, breite oder schmale Hüften – Schönheitsideale wandeln sich. Und selbstverständlich spielen auch der individuelle Geschmack und die Frage, welche Bedeutung man dem Körper beimisst, eine Rolle. Mit den gerade gängigen Körperidealen kann man sich identifizieren oder sie komplett ablehnen. Viele Frauen entscheiden sich dafür, ihren Körper zu verbessern, arbeiten ständig an der Selbstoptimierung. Wenn der Traumkörper jedoch mit unrealistischer Makellosigkeit gleichgesetzt wird, kann das Streben nach dem perfekten Äußeren schnell zum Albtraum werden. Es gibt viele Mädchen und Frauen, die ihren Körper nicht annehmen können, sei es, weil sie mit den Augen anderer entfremdet auf ihn schauen oder gar, weil sie ihn aufgrund von Missbrauch oder Grenzüberschreitungen abstoßend finden.
    Unser Exponat aus dem Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern bietet einen weiteren Zugang zum Thema 'Traum-Frau': Der liegende Frauenakt "La Grande Nuit" verkörpert die Nacht. Die Skulptur von Henri Laurens entführt den Betrachter in ein Zwischenreich. In entspannter Haltung, den Kopf tief nach unten gesenkt, scheint sich die weibliche Bronzefigur zwischen Schlaf und Traum zu befinden.
    1950 entwirft Henri Laurens die Skulptur "La Grande Nuit" (Die Nacht, große Fassung) aus Bronze. Dabei orientiert er sich an Michelangelos (1475-1564) Skulptur "Die Nacht" von 1533, die sich an der Medici-Kapelle in Florenz befindet. Laurens arbeitete lange im kubistischen Stil, aber seit Anfang der 1930er-Jahre konzentrierte er sich mehr auf die organische Form und gelangte zu einer vollrunden Körperhaftigkeit. Der seitlich liegende weibliche Akt "La Grande Nuit" veranschaulicht, wie Henri Laurens vor allem im Spätwerk den Raum zwischen den Körperformen aktiv in seine Gestaltung einbindet. Zwischen Bauch und Schulter der Figur sitzt ein rundes Nichts. Hier hat Laurens eine Lücke gelassen – so als wolle er in diesem Hohlraum die Leere der Umgebung einfangen, den Raum außerhalb der Figur. Vielleicht den Raum der Träume?
    In Eva Paula Picks Gedicht "Frau und Flügel", das euch ebenfalls als Inspirationsquelle zur Verfügung steht, wird ein Frauenkörper beschrieben, der auf den ersten Blick eher albtraumhaft erscheint. In jedem Fall ist er nicht bei sich selbst zu Hause oder kann es nicht sein.
    Frau und Flügel
    Ihre Hände be
    greifen nicht zu
    greifen den eigenen Leib nicht
    Bruchstücke und
    Angeschwemmtes sind ihnen
    die lahmenden Flügel
    der aufgetriebene Männerkopf
    Froschblase Furunkel Abszeß
    schmerzt schaut nicht
    zum Rumpf hin
    bist gestaucht
    Frauenkörperchen
    schamgeschlitzt
    begreifst nicht
    – wie weise –
    die Lippen alt
    suchen sich
    fassen sich fassungslos
    nicht zu fassen
    natürlich
    doch deine Haut
    (wie "Ladybird" von Kiki Smith)
    (aus Eva Paula Pick, Baden im Winter: Gedichte, edition marktstrasse marbach 2005)
    Wir sind gespannt, wie ihr unser Thema 'Traum-Frau' interpretiert. Schickt uns eure Texte über träumende Frauen, Traumfrauen, Frauen im Traum, weibliche Körper als Traum oder Albtraum. Wie sieht für euch eine Traumfrau aus? Von welchen Frauen träumt ihr oder welche Frau träumt ihr zu sein? Wir freuen uns auf eure Einsendungen!
    Hier findet ihr unsere E-Mail Vorlage.
    Die aktuellen Wettbewerbsbedingungen könnt ihr online nachlesen.
    Eva Paula Pick, am Rhein geboren und aufgewachsen, studierte in Heidelberg, Tübingen und Bordeaux Germanistik, Philosophie und Geschichte, bevor sie zunächst als Lehrerin, Theaterpädagogin und Psychotherapeutin arbeitete, um dann in zunehmendem Maße selbst künstlerisch aktiv zu werden. Seit langem ist sie nun als Schriftstellerin, Clownin und Performerin tätig. Ihre Texte erschienen in zahlreichen Anthologien, sie gewann mehrere Lyrikpreise, veröffentlichte 'Baden im Winter' (2005), 'Lapidosa – Texte von steinigen Inseln' (2013) und 'Wo Hathors Kühe weiden' (2015) und war Mit-Preisträgerin des Lüneburger Minidramen-Wettbewerbs. Im Jahr 2013 erhielt sie ein Literaturstipendium in Frankreich, 2014 den Hans-Bernhard-Schiff-Preis der Stadt Saarbrücken.
    Sie ist in ganz unterschiedlichen Textgattungen zu Hause vom Hörspiel und Theaterstück über längere und kürzere Prosa bis hin zur (experimentellen) Lyrik. Besonders kennzeichnend für sie ist die Arbeit an gattungsüberschreitenden Projekten. In den letzten Jahren liegt ihr künstlerischer Schwerpunkt auf sprachakrobatischer und sprachexperimenteller Lyrik. Zusätzlich performt sie ihre Texte häufig in Lesungen und tritt dabei nicht nur in Dialog mit dem eigenen Geschriebenen, sondern auch mit dem Publikum und mit den Musikern, die sie begleiten. 2012 entstand aus zwei Lyrik- & Jazz-Programmen mit dem Pianisten Peter Glanzmann die CD 'TÜPFELschiff TINTENschwarz'. Wort und Text reagieren eng aufeinander, durchdringen sich wie ein Gewebe. "Ein tete-a-tete von Klang und Wort: nachdenklich, selbstironisch, komisch, lautmalerisch und ab und zu absurd." (DIE RHEINPFALZ).
    www.literaturport.de/Eva-Paula.Pick/
    www.eva-paula-pick.de
    1874 als Gewerbemuseum gegründet, gehört das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern – kurz mpk – mit seiner umfangreichen Sammlung an Malerei, Skulptur und Grafik heute zu den wichtigen Kunstmuseen in Rheinland-Pfalz.
    Nachdem die Sammlungsräume und Depots einer umfassenden Sanierung unterzogen wurden, hat das mpk seit März 2004 seine Pforten wieder geöffnet und präsentiert seine Sammlung auf über 1.000 qm. In den neu eingerichteten Abteilungen werden Malerei und Plastik des 19. bis 21. Jahrhunderts sowie Kunsthandwerk aus verschiedenen Epochen und Kulturkreisen gezeigt. Das Haus verfügt zudem über eine umfangreiche grafische Sammlung.
    Ein Schwerpunkt liegt auf der Kunst des 19. Jahrhunderts. Weitere Höhepunkte bilden der deutsche Impressionismus, der Expressionismus sowie die Kunst des Informel. International bedeutende Künstler wie Max Slevogt, Ernst Ludwig Kirchner und Willi Baumeister sind mit wichtigen Werken ebenso vertreten wie die Pfälzer Hans Purrmann und Otto Dill. Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern wie Erik Levine, Kiki Smith, Andreas Bee und anderen setzen ebenfalls wichtige Akzente und lassen die Gegenwartskunst zu einem weiteren attraktiven Schwerpunkt der Sammlung werden.
    www.mpk.de
    www.kulturland.rlp.de
    Die Unterrichtsmaterialien zum Download findet ihr HIER.