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Aus für bayerische Sektenschule

In Bayern wurde die Schule einer fundamentalistischen Religionsgemeinschaft geschlossen, weil dort keine ausgebildeten Lehrer arbeiten. Nun will das Bildungsministerium dafür sorgen, dass die Kinder an einer staatlichen Schule lernen.

Von Michael Watzke | 07.06.2013
    Die "Zwölf Stämme" sind eine fundamentalistische Religionsgemeinschaft, eine urchristliche Sekte, die im bayerischen Schwaben bei Deinigen lebt. Die Angehörigen dieser Sekte weigern sich seit Jahren beharrlich, ihre rund 20 Kinder in staatliche Schulen zu schicken. Stattdessen unterrichteten sie ihre Söhne und Töchter in einer eigens gegründeten Privatschule. Dort steht ein intensives Studium der Bibel im Vordergrund. Die Evolution ist nur Theorie, stattdessen soll die Welt in sieben Tagen entstanden sein. Und Sexualkunde gibt es schon gar nicht.

    Gab es nicht, muss man sagen. Denn die Schule muss nun geschlossen werden. Das bayerische Kultusministerium hat ihr die Lizenz entzogen. "Wir werden die Erlaubnis im Interesse der betroffenen Kinder nicht verlängern", sagt Bayerns Kultusministerium Ludwig Spaenle.

    Die zwölf Stämme hatten zuvor eine Frist verstreichen lassen. Bis Anfang Juni sollten sie belegen, dass an der Schule geeignete Lehrer arbeiten. Denn bei einer unangemeldeten Inspektion hatte das Kultusministerium keine ausgebildeten Lehrer angetroffen. Außerdem sollten die Zwölf Stämme zu Vorwürfen Stellung nehmen, dass die Kinder im Unterricht gezüchtigt würden. Mitglieder der Sekte hatten zugegeben, dass sie ihre Kinder zuhause durchaus züchtigen. Schließlich stünde das im Alten Testament geschrieben: Wer seine Kinder liebt, schlägt sie." Das sei elterliches Recht und keine Misshandlung. Aussteiger aus der Sekte berichteten im vergangenen Jahr, regelmäßige Schläge auf den nackten Hintern, Rücken, Arme und Beine seien die Regel. Wegen dieser Vorwürfe ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Augsburg, es läuft ein familienrechtliches Verfahren.

    Doch eine Stellungnahme gegenüber dem bayerischen Kultusministerium gab die Glaubensgemeinschaft nicht ab, sie ließ die Frist verstreichen. Auch gegenüber der Presse äußern sich die Mitglieder nicht.

    Nun droht ihnen Ärger. Denn das Kultusministerium will die Schulpflicht der Kinder durchsetzen. Schon einmal, im Jahr 2004, landeten sieben Väter in Beugehaft, weil sie mit aller Macht verhinderten, dass ihre Kinder in eine staatliche Schule gehen durften. Gerüchten zufolge denken die Zwölf Stämme nun über einen Umzug nach Tschechien nach – dort ist die Schulpflicht für Kinder weniger streng.