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Ausgeraubt im Ausland
Botschaften sind keine Reisebüros

Reisepass und Geld im Ausland weg - dann wissen viele Urlauber nicht, was sie tun sollen. Botschaften stellen zwar Ersatzpapiere aus, helfen aber nicht in jedem Fall mit Geld aus. Und gibt es keine deutsche Botschaft, so kann man sich auch an eine Vertretung eines anderen EU-Mitgliedsstaates wenden.

Von Klaus Deuse | 19.07.2015
    Ein Mann hält am 16.10.2009 auf dem Flughafen in Frankfurt am Main seinen Reisepass in den Prototypen einer automatischen Passkontrolle, genannt "easy Pass".
    Botschaften stellen bei Verlust des Reisepasses Ersatzpapiere aus. (picture alliance / Marius Becker)
    Mitunter kann ein Traumurlaub im Ausland schon nach ein paar Tagen abrupt zu Ende gehen. Zum Beispiel wenn Diebe ihre Hände im Spiel haben. So wie im Fall des Italien-Urlaubs von Christel und Peter Berens.
    "Das war am Golf von Neapel. Meine Frau und ich hatten gerade eine Ausgrabung verlassen und waren wieder in unser Auto eingestiegen. Und in diesem Moment passierte dann der Klassiker. Es kam von hinten ein Moped mit einem jungen Mann angefahren, den wir natürlich zuvor nicht bemerkt hatten. Der schrie laut durch das offene Seitenfenster meine Frau an, die dann zurückwich. Ein zweiter junger Mann kam angelaufen, riss die Tür auf, riss meiner zurückgewichenen Frau die Tasche vom Schoß, schwang sich als Zweiter dann auf das Moped. Und schon waren die beiden weg."
    Mit allem, was man für einen Urlaub benötigt. Christel und Peter Berens standen unvermittelt mehr oder weniger mittellos da.
    "Dumm, wie wir waren, hatten wir in dieser Tasche natürlich alles drin. Das heißt, es waren unsere Personalausweise, unsere Führerscheine, meine Scheckkarten und Bargeld."
    Zum Glück reichte das Benzin im Leihfahrzeug noch für die Rückfahrt ins Hotel, um von dort mit einem Anruf Zuhause die Scheckkarten sperren zu lassen. Aber ohne Bargeld war nicht an eine vorzeitige Heimreise zu denken.
    "Das Hotel, in dem wir gewohnt haben, das war ja vorher nicht bezahlt. Und da wir ja kein Bargeld hatten, waren wir natürlich etwas in Not. Aber da hat uns dann unsere Hausbank ausgeholfen und hat das Geld telegrafisch angewiesen. Sonst hätte uns das Hotel nicht weggelassen."
    Außerdem blieb dann noch behördlich die Frage der Identität zu klären.
    "Und dann mussten wir natürlich zur Polizei, um dort dokumentieren zu lassen, dass uns unsere Papiere gestohlen worden waren, weil wir ansonsten weder hätten zurückfliegen können, da wir ja keine Ausweispapiere mehr besaßen und auch Zuhause keine neuen Ausweispapiere bekommen hätten."
    Kopien von Reisepapieren erstellen
    Christel und Peter Berens haben in diesem Urlaubs-Dilemma selbst die Initiative ergriffen. Aber nicht jeder weiß, sich in einer solchen Situation im Ausland zu helfen, und wendet sich an eine deutsche Botschaft oder an ein deutsches Konsulat. Etwa um Ersatzpapiere ausgestellt, zu bekommen. Nun muss man nicht unbedingt mit dem Schlimmsten rechnen, doch man kann auch Vorsorge treffen, rät der Völkerrechtler Prof. Knut Ipsen aus Erfahrung.
    "Man erleichtert die Situation übrigens sehr, wenn man Kopien seiner Reisepapiere, insbesondere Personalpapiere, Ausweis oder Reisepass an einer anderen Stelle lagert, als die Verlorengegangenen gelagert worden sind."
    Geld allerdings, in welcher Währung auch immer, lässt sich nicht so leicht kopieren. Botschaften stellen zwar Ersatzpapiere aus, aber sie stellen im Fall der Fälle keinesfalls automatisch Geld zur Verfügung, korrigiert Knut Ipsen eine weitverbreitete Annahme.
    "Man soll nicht glauben, dass eine Botschaft oder ein Konsulat verpflichtet ist, nun gleich mit Bargeld einzutreten. Das ist nicht der Fall."
    Botschaften helfen nicht zum Nulltarif
    Eine Botschaft, merkt der langjährige Berater der Bundesregierung an, sei schließlich kein Ersatz für eine Bank oder ein Reisebüro. Laut Paragraf 5 des Konsulargesetzes sollen Deutsche die erforderliche Hilfe erhalten, "wenn die Notlage nicht auf andere Weise behoben werden kann." In finanziellen Angelegenheiten heißt das: Die Botschaft hilft bei der Vermittlung von Kontakten zur Bank in der Heimat oder zu Verwandten. Nur wenn in Deutschland niemand zu erreichen ist oder die Überweisung des Geldes zu lange dauern würde, strecken die Botschaften eine Überbrückungshilfe vor. Doch die ist mit bis zu maximal 25 Euro pro Tag nicht gerade üppig bemessen. Ganz abgesehen davon, und darauf weist Völkerrechtler Ipsen nachdrücklich hin, helfen Botschaften nicht zum Nulltarif.
    "Vielleicht sollte man an dieser Stelle sagen, dass grundsätzlich die Hilfeleistungen einer Botschaft oder eines Konsulates gebührenpflichtig sind. Und das, was an Auslagen getätigt worden ist, auch ersetzt werden muss. Das ist gesetzlich vorgeschrieben."
    Bei Problemen mit Polizei oder Behörden Botschaft kontaktieren
    Nicht lange sollte ein deutscher Urlauber allerdings überlegen, wenn es Probleme mit der Polizei oder Behörden geben sollte.
    "Sei es, dass er in einen Unfall verwickelt war, sei es, dass er sonst wegen irgendeiner Tat nach dortigem Recht belangt worden ist von den dortigen Behörden, dann kann er sofort den Beistand eines deutschen Konsularbeamten verlangen. Und der Aufenthaltsstaat ist auch verpflichtet, diesem Verlangen stattzugeben."
    In der Regel vermitteln deutsche Auslandsvertretungen dann vertrauenswürdige Anwälte und Dolmetscher. Und falls der Traumurlaub in ein Land führen sollte, in dem es keine deutsche Botschaft gibt:
    "Dann kann sich jeder deutsche Staatsangehörige an die Botschaft oder das Konsulat eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union wenden. Sie wird seine Interessen dann wahrnehmen. Das heißt: Jeder Deutsche hat noch weitere 26 Möglichkeiten durch die anderen 26 Mitgliedsstaaten der EU, sich schützen zu lassen."
    So gesehen hat es zumindest im fernen Ausland etwas Beruhigendes, Bürger eines EU-Landes zu sein.